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Meistgelesen 2022Wieso die Kaufpreise in Köln nun sinken – Mieten aber stark steigen dürften

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Wohnhäuser aus der Gründerzeit in Köln.

Wohnhäuser aus der Gründerzeit in Köln (Symbolbild)

Trendwende nach langen Zeiten des Booms - Die veränderte Situation auf dem Immobilienmarkt zeigt auch in Köln und den umliegenden Landkreisen Folgen. 

  • Dieser Text ist zuerst am 16. November 2022 erschienen.

Die Nachfrage nach Wohneigentum ist in der Region Maklern zufolge zuletzt stark zurückgegangen. Der Kölner Immobilienmakler Roland Kampmeyer beziffert den Nachfragerückgang nach Wohneigentum im laufenden Jahr auf 30 Prozent. KSK-Immobilien, Makler der Kölner Kreissparkasse, beobachtete dagegen im zweiten Quartal 2022 ganze 66 Prozent weniger Nachfrage nach Eigenheimen und 58 Prozent weniger Nachfrage nach Eigentumswohnungen als im ersten Quartal 2021.

Immobilien in Köln: Weniger Häuser verkauft

Auch die Zahl der Transaktionen sei spürbar gesunken: Im Rhein-Erft-Kreis, Rheinisch-Bergischen Kreis, Rhein-Sieg-Kreis und dem Oberbergischen Kreis seien im ersten Halbjahr 2022 laut Gutachterausschüssen insgesamt 6,2 Prozent weniger Ein- und Zweifamilienhäuser und 19 Prozent weniger Eigentumswohnungen als im Vorjahreszeitraum beurkundet worden.

„Der massive Zinsanstieg im Frühjahr, gestiegene Baukosten und die unsichere Gesamtlage haben dazu geführt, dass die Zahl der Hauskäufe stark zurückgegangen ist“, sagt Matthias Wirtz, Leiter Research und Unternehmenskommunikation bei KSK Immobilien. „Der Markt hat sozusagen eine Vollbremsung hingelegt.“

„Viele, die sich die hohen Preise im Eigentum bislang noch leisten konnten, können das aufgrund der gestiegenen Zinsen nun nicht mehr“, sagt auch Roland Kampmeyer im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Immobilien: Bauzinsen extrem stark gestiegen

Lagen die Bauzinsen vor einem Jahr noch knapp unter einem Prozent, sind sie mittlerweile auf gut vier Prozent gestiegen. Zuzüglich Tilgungsrate ergibt das für viele Haushalte eine nicht mehr zu stemmende monatliche Belastung. Das führt zu einem Folgeeffekt am Wohnungsmarkt in der Region. „Nachfrager, die nicht mehr am Kaufmarkt teilnehmen können, aber einen konkreten Bedarf haben, müssen auf den Mietmarkt abbiegen“, so Kampmeyer. Seinen Zahlen zufolge ist die Nachfrage am Mietmarkt im laufenden Jahr um ganze 35 Prozent gestiegen. Dort wird das ohnehin knappe Angebot also noch knapper. „Die Mieten werden unseren Beobachtungen zufolge im laufenden Jahr stärker steigen.“

Stark gestiegene Bauzinsen, Kaufkraftverluste infolge der Inflation, Energiepreise, Lieferprobleme, Materialknappheit und Fachkräftemangel: Die Liste der Herausforderungen, die derzeit auf den Wohnungsmarkt prasseln, ist lang. Und das Aufeinandertreffen der vielen unterschiedlichen Faktoren führt dazu, dass sich ein Problem auch nicht einfach durch ein anderes kompensieren lässt.

Am Kölner Mietmarkt drohen weiterhin Engpässe

Denn auch wenn beispielsweise Wohnungen am Mietmarkt dringend benötigt würden: Viele Bauprojekte kommen durch den Mangel an Baustoffen, fehlendes Personal und hohe Zinsen ebenfalls nur schleppend voran. Er gehe davon aus, dass es dadurch noch weniger Wohnungsneubau geben werde, so Kampmeyer. „Ich glaube, 2023 werden wir am Mietmarkt etwas erleben, was man wirklich als Wohnraummangel bezeichnen kann.“

Gleichzeitig gibt es am Kaufmarkt angesichts der gesunkenen Transaktionen eine neue, für Immobilieninteressierte der vergangenen Jahre eher ungewohnte Entwicklung. Sie haben wieder mehr Angebot. Für Kaufinteressierte hat das den Vorteil, dass sich dadurch Verhandlungsspielraum nach unten auftut. Nachdem Bewerber in den vergangenen Jahren regelmäßig die inserierten Preise in einem Bieterverfahren übertrafen, um sich eine Immobilie zu sichern, können sie sie nun gegebenenfalls drücken.

Preise für Eigentumswohnungen in Köln gesunken

Zuletzt sind die Preise in einigen Segmenten im Eigentum auch tatsächlich leicht gesunken. „Die Preisspirale ist gestoppt“, sagt Matthias Wirtz. „Aber die Verlangsamung der Dynamik hat schon im vergangenen Jahr begonnen. Krisen sind in der Regel Trendverstärker und keine Trendumkehrer.“

Während Immobilien in besonders guten Wohngegenden weiter gefragt blieben, hätten es gerade solche in zweiter, dritter Reihe und schlechtem Sanierungszustand zunehmend schwer. Hierbei spielt auch die Energiekrise eine entscheidende Rolle, die Interessierte vor Immobilien mit Ölheizungen zurückschrecken lässt. Nach Zahlen von KSK-Immobilien sind die Preise für Eigentumswohnungen in der Region im dritten Quartal im Schnitt um 1,8 Prozent gesunken, liegen aber noch immer 4,1 Prozent über den Preisen des Vorjahresquartals. Die Preise für Neubauten sind dagegen um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gestiegen – und um ganze 18,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Einen ähnlichen Trend spiegeln auch die Zahlen des Beratungsinstituts Empirica Regio, das für Köln im dritten Quartal bei Eigentumswohnungen einen Preisrückgang von 1,2 Prozent misst, aber im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus.

Experten sehen keine Immobilien-Blase

Empirica-Regio-Geschäftsführer Jan Grade geht davon aus, dass die steigenden Zinsen „kurzfristig zu einer Atempause am Markt führen“ werden. Mittelfristig erwartet er jedoch weitere Preissteigerungen. „Die Nachfrage in Köln ist weiter groß und die Baufertigstellungen reichen bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken.“ Vor allem große Wohnungen für Familien seien knapp und würden immer seltener gebaut.

Auch Matthias Wirtz sieht, bedingt durch den Zuzug in die Region, weiter einen hohen Bedarf an Wohnraum. „Wir hoffen, dass sich die Situation im Frühjahr wieder stabilisieren wird.“ Viele der Unsicherheitsfaktoren – die Energieproblematik und ausstehende Gesetzgebungen – könnten sich bis dahin beruhigen. Für diesen Fall erwartet Wirtz eine Seitwärtsbewegung der Preise im Eigentum und steigende Mieten.

Von einer Immobilienblase könne aber keine Rede sein. „Denn wir haben insgesamt zu wenig Angebot, aber die Preisspirale in einigen Immobilienbereichen ist erst einmal gestoppt.“ Er erwartet auch keinen Markteinbruch.

„Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass wir in eine Krise stürzen“, zeigt sich auch Kampmeyer optimistisch.

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