Kölsch-BrauerDer Trend zur Mini-Retroflasche verändert den Kölner Biermarkt

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Gaffel Wiess Flasche I Foto Ben Hammer honorarfrei (002)

Wiess der Brauerei Gaffel in der neuen 0,33-Liter-Euroflasche

Köln – Kneipenbesuche sind für alle Menschen im Land seit mehreren Monaten ein Ding der Unmöglichkeit. Und damit auch der Genuss eines frisch gezapften Bieres vom Fass. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen im Lockdown kein Bier konsumieren würden. Im Gegenteil. Nur stellen sich Bierfreunde mit der einen erlaubten Kontaktperson aus einem fremden Haushalt kein Pittermännchen oder gar ein kleines Fass auf den Tisch.

Entsprechend ist die Glasflasche im Corona-Jahr 2020/2021 die erste Wahl. Doch Flasche ist nicht gleich Flasche. Der Anspruch an das meist braune Glasgefäß erlebt immer wieder langjährige Modetrends. Der Neueste: Mini-Fläschchen im Design der sogenannten „Euro-Flasche“.

Rückkehr der Nostalgie-Flasche im Mini-Format

Die Euro-Flasche löste im Nachkriegsdeutschland die damals weit verbreiteten Bügelflaschen ab. Die Euroflasche ist breiter als die meisten heute verwendeten Kölsch- oder Pilsflaschen, und verjüngt sich oben stärker. Eine Zeit lang wurde sie auch als Bauarbeiter-Pulle verschmäht. Von den 1960er Jahren bis Ende der 1980er Jahre war die Euro-Flasche Standard beim deutschen Bier – auch beim Kölsch. Danach wurde sie weitgehend von der sogenannten NRW-Flasche abgelöst. Sie hat einen schlankeren Hals und ist auch heute noch Standard.

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Vor allem kleinere Brauereien in Bayern verzichteten damals aus Kostengründen auf eine Umstellung und blieben bei der 0,5er Euro-Flasche. Besonders in den vergangenen Jahren mit dem Boom der bayrischen Biere im ganzen Land wurde diese Flaschenform zu deren Markenzeichen, zum Beispiel bei Tegernseer, Augustiner oder Schlenkerla. Auch Kölner Brauereien folgten dem Beispiel. Mühlenkölsch etwa gibt es üblicherweise in der 0,5er Euro-Flasche.

In den vergangenen Monaten schwappte wieder aus Bayern ein neuer Trend übers Land: Die Euro-Flasche in der handlichen Größe von nur 0,33 Litern. Die bayrische Brauerei Ayinger war eine der ersten, die diese Form in Nordrhein-Westfalen vertrieben. Schnell folgten die Ruhrgebietsbrauerei Stauder und die Brauerei Krombacher mit dem Radler „Limobier“.

Mini-Flaschen jetzt auch mit Bier aus Köln

Jetzt gibt es diese niedlichen Gebinde auch „Made in Köln“. In etwa zwei Wochen will die Brauerei Gaffel ihre Biersorte Wiess in der 0,33er Euro-Flasche auf den Markt bringen. „Die Nostalgiewelle der letzten Jahre hat Gebinde in Form der Euro-Flasche wieder zurückgebracht“, sagt Gaffel-Marketing-Chef Thomas Deloy. Gleichzeitig komme die kleinere Flaschen-Größe dem Bedürfnis der Kunden nach mehr Frische entgegen. Eigentlich habe man sie erst in der Gastronomie einsetzen wollen. Jetzt setze man aber darauf, dass die Menschen eben notgedrungen zuhause konsumieren. Der Inhalt, das Wiess, sei bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Köln weit verbreitet gewesen und ist praktisch der ungefilterte Vorläufer des heutigen Kölschs.

"Kleine Gebinde schlecht fürs Klima"

Branchenexperte Hermann Josef Walschebauer bestätigt den Trend. „Daheim und allein ist manchem Biertrinker ein halber Liter zu viel, da kommt die kleinere Flasche gut an“, sagt Walschebauer. Außerdem liege die Mini-Bierflasche gut in der Hand, was bei den Kunden zurzeit gut ankomme. Walschebauer sieht die neue Flaschenform aber auch kritisch. „Je kleiner die Flasche, desto mehr Glas wird als Leergut anschließend durchs Land gekarrt“, sagt Walschebauer. Das erhöhe unnötigerweise den CO2-Ausstoß, da die kleinen Pfandflaschen ja wieder zurück zur Brauerei gefahren werden müssten.

Außerdem fürchtet der Branchenkenner, dass die kleineren Gebinde für die Verbraucher zu einem höheren Literpreis führen würden. Dem widerspricht Deloy, der Preis für das kleine Wiess sei der gleiche wir für Gaffel-Kölsch. Neben Gaffel bietet auch Schreckenskammer Kölsch in der neuen kleinen Euroflasche an. Das Bier wird im Lohnauftrag bei Früh hergestellt.

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Erste NRW-Brauerei, die in großem Stil auf die Mini-Pulle setzte war Veltins unter dem Namen Pülleken. „Im April sind wir gestartet, zum Jahresende hatten wir schon 44.000 Hektoliter abgesetzt. Das entspricht schon der Gesamtmenge, die kleinere Kölschbrauereien im Jahr ausstoßen. Jetzt wird das Pülleken, in dem kein Pils, sondern Helles Bier mit fünf Prozent Alkohol steckt, auch zur Hauptsendezeit im Fernsehen beworben.

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