Lebenslanges Wohnrecht auch in KölnSo werden Sie Mitglied einer Genossenschaft

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Wohnungen der Genossenschaft „Fortschritt“ in der Krückelstraße

Köln – Wer in Köln und dem Umland Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft werden möchte, braucht ein wenig Glück. 30 Genossenschaften mit etwa 45.000 Wohnungen gibt es hier – und die Nachfrage nach ihnen ist so groß, dass es sich für sie kaum lohnt, eine Warteliste zu führen.

„Allein bei uns gehen etwa zehn Anfragen am Tag ein“, sagt Markus Schubert, Geschäftsführer der Genossenschaft „Fortschritt“. Schubert ist gleichzeitig Sprecher des Verbunds der Wohnungsbaugenossenschaften in Köln und Umgebung. Er schätzt, dass in der Region jährlich 2500 der Wohnungen den Besitzer wechseln. Das entspricht fünf Prozent des Bestandes. „Manche der Bewerbungen für eine Mitgliedschaft sind aufwendiger als die für einen Arbeitsplatz. Wir versuchen unser bestes; schauen, ob etwas Passendes frei ist – aber gerade bei großen Familienwohnungen ist kaum etwas zu machen.“

Begehrtes Modell

Es sind vielfältige Gründe, die Wohnbaugenossenschaften so begehrt machen. Ihre Mitglieder sind nicht nur Mieter, sondern auch Teil-Eigentümer all ihrer Immobilien – woraus sich verschiedene Rechte ergeben. Zum Einen erhalten sie ein Dauerwohnrecht: Ihre Nutzungsverträge können nur gekündigt werden, wenn sie sich Verfehlungen leisten und zum Beispiel nicht rechtzeitig ihre Nutzungsgebühr bezahlen, wie die Miete bei Genossenschaften genannt wird. Zum Anderen haben die Mitglieder Mitsprache- und Mitwirkungsmöglichkeiten in der Genossenschaft.

„Es gibt hier ganz unterschiedliche Angebote, die einen zusätzlichen Mehrwert für die Mitglieder generieren sollen“, sagt Eric Meyer, Geschäftsführer des Instituts für Genossenschaftswesen der Uni Münster. Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder Senioren, zum Beispiel, oder die gemeinsame Gestaltung des Umfelds, um Biodiversität zu stärken. „Genossenschaften probieren immer mal wieder Neues aus. Einige kooperieren auch mit Mietfahrzeug-Anbietern oder testen Elektromobilität.“

Nicht nur billig

Ein häufiges Missverständnis sei, dass das Ziel die Bereitstellung von möglichst günstigem Wohnraum sei. „Es geht weder den Genossenschaften noch den Mitgliedern darum, primär billig zu wohnen – sondern preisgerecht“, sagt Meyer. Die Nutzungsgebühr für die jeweilige Wohnung solle die Leistungen und gebotene Sicherheit angemessen wiederspiegeln. „Es ist aber statistisch belegt, dass die Quadratmeterpreise in Wohnbaugenossenschaften im Schnitt günstiger sind als anderswo.“

Das liegt auch an der Struktur der Genossenschaften, sagt Schubert. „Ein Immobilienkonzern wie Vonovia verspricht seinen Anlegern hohe Renditen – wir dagegen müssen unsere Gewinne nicht in die Höhe schrauben. Bei uns geht es darum, kostendeckend zu arbeiten.“

Anteile erwerben

Neumitglieder müssen zunächst Genossenschaftsanteile erwerben, bevor sie in eine Wohnung einziehen können. Bei „Fortschritt“ sind es zehn Pflichtanteile à 52 Euro, also 520 Euro. Bei neueren Genossenschaften können laut Meyer aber auch vier bis fünfstellige Beträge anfallen. Die Anteile werden dabei meist verzinst, eine regelmäßige Dividende ausgeschüttet. Einige Genossenschaften verzichten aber auch auf die Auszahlung, um Kapital für weitere Bauprojekte zu sammeln.

In Köln sei das nicht üblich, sagt Schubert – auch, weil Bauprojekte rar geworden sind. „Genossenschaften sind finanzwirtschaftlich außerordentlich solide Konstrukte“, sagt er. „Wir haben hohe Eigenkapitalquoten und eine hohe Investitionsbereitschaft. Aber wir finden keine Grundstücke.“

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Die wenigen, die verfügbar seien, würden in der Regel an den Meistbietenden verkauft – was dann auch die Mieten in die Höhe treibe. „Da muss die Politik reagieren: Bauland ausweisen, Vorgänge beschleunigen. Dann könnten wir Wohnungen bauen, die in einem vernünftigen Preisbereich liegen. Und das ganz ohne öffentliche Mittel.“ Er sei „absolut überzeugt“ davon, dass das den Wohnungsmarkt entspannen könne. „Gerade in Ballungsgebieten sind Genossenschaften eine attraktive Rechtsform“, sagt auch Meyer. „Aber sie können auch keine Wunder vollbringen – sie müssen wirtschaftlich agieren können.“

Denn auch Genossenschaften können insolvent werden. „Dann haften sie mit ihrem Eigenkapital, also dem eingezahlten Geld“, sagt Meyer. Genossenschaften seien allerdings die Rechtsform mit der geringsten Insolvenzwahrscheinlichkeit. Sie sind zur Mitgliedschaft in einem Prüfungsverbandverband verpflichtet, der jährlich einen Blick auf ihre Finanzen wirft, was die Sicherheit für die Mitglieder erhöht.

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