50.000 Bestellungen liefern Lieferando-Kuriere monatlich in Köln aus – seit Mittwoch sind sie zum 48-Stunden-Streik aufgerufen.
Standort in Leverkusen schließtLieferando-Kuriere demonstrieren in Köln gegen Stellenabbau

Kölner Lieferando-Beschäftigte fordern einen Tarifvertrag von ihrem Arbeitgeber. Auch in anderen deutschen Großstädten fanden in den vergangenen Wochen Streiks statt.
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Die ganz große Signalwirkung ist beim Auftakt des 48-Stunden-Streiks der Lieferando-Beschäftigten am Mittwochmittag ausgeblieben. Angekündigt hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) 350 Fahrerinnen und Fahrer, die in Köln für faire Arbeitsbedingungen kämpfen. Zur Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug gekommen waren laut NGG 100 Beschäftigte. Lieferando selbst sprach von 20 Fahrern, „die sich heute aktiv von ihrer Schicht abgemeldet haben, um am Streik teilzunehmen.“
Dem Lieferdienst zufolge hatte der Streik keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb. Die durchschnittliche Lieferzeit habe auch am Mittwoch 35 Minuten betragen – wohl auch, weil die Mehrheit der Partner-Restaurants die Bestellungen in Köln mit eigenen Kurieren bewerkstellige, so das Unternehmen.

Laut NGG nahmen 100 Menschen an der Demonstration am Mittwoch teil, Lieferando berichtete von 20 Fahrern, die sich von ihrer Schicht abmeldeten, um zu streiken.
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„Es wären sicher noch mehr gekommen, aber weil viele Teilzeitkräfte noch in anderen Jobs arbeiten, hätten sie sich dort Urlaub nehmen müssen“, mutmaßte Marc Kissinger, Kölner NGG-Geschäftsführer, der sich dennoch zufrieden zeigte. „Wir nehmen den Rückenwind mit, Köln wird nicht die letzte Stadt gewesen sein, in der gestreikt wird.“
Bundesweit gehen Festangestellte des größten deutschen Lieferdienstes seit einigen Wochen auf die Straße. Die Forderung: 15 Euro Grund-Stundenlohn, sechs Wochen Urlaub, Zuschläge für Wochenend- und Feiertagsarbeit. Hinzu kommt der Kampf für einen Sozialtarifvertrag für Kollegen, die von Personalabbau betroffen sind. Lieferando kündigte Mitte Juli die Entlassung von 2000 Beschäftigten zugunsten einer Auftragsverlagerung an Subunternehmer an. Das Signal der Streikenden richtet sich deshalb auch an die Politik. Sie fordern ein Gesetz, das Direktanstellungen in der Lieferbranche vorschreibt.
Lieferando-Standort Leverkusen schließt – Subunternehmen übernehmen
Während die NGG im Vorfeld des Streiks die Vermutung aufstellte, dass Bonner und Leverkusener Beschäftigte von der Umstrukturierung und resultierenden Kündigungen betroffen sein werden, widersprach Lieferando in Teilen: Es handele sich lediglich um den Standort Leverkusen, so ein Pressesprecher. „Die Standorte Köln und Bonn werden jedoch nicht vom Stellenabbau betroffen sein.“ Laut Betriebsrat arbeiten in Leverkusen derzeit noch 20 Angestellte fest bei Lieferando. In Köln sind es demnach 370, in Bonn weitere 125.
Lieferando gehört seit 2014 zur niederländischen Mutterfirma „Just Eat Takeaway“. Vor einigen Monaten kündigte der Technologie-Investor Prosus an, das Unternehmen für 4,1 Milliarden Euro übernehmen zu wollen. Bis jetzt gilt Lieferando als eine der wenigen Bestellplattformen, die Direktanstellungen für ihre Kuriere anbietet. Bei der Konkurrenz von Wolt und Uber arbeiten die Fahrer auf selbstständiger Basis, wie NGG-Geschäftsführer Kissinger berichtete. Ein Insel-Tarifvertrag würde die „ohnehin schon grundlegenden Wettbewerbsunterschiede weiter verschärfen“, sagte ein Lieferando-Sprecher daher. Die Beschäftigten befürchten währenddessen, in „unsichere, schlecht bezahlte Jobs ohne Mitbestimmung“ zu rutschen.