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US-SoftwarerieseMicrosoft streicht weltweit Tausende Stellen – auch am Standort Köln?

Lesezeit 4 Minuten
25.02.2025, Köln: Die Niederlassung von Microsoft in Köln.

Foto: Michael Bause

Die Niederlassung von Microsoft im Rheinauhaufen in Köln

Microsoft-Vize Brad Smith wendet sich an europäische Kunden und stellt sich gegen die Trump-Regierung.

Der Software-Riese Microsoft streicht mehrere Tausend Arbeitsplätze. Die Kürzungen sollen weniger als drei Prozent der Belegschaft treffen, wie das Unternehmen mitteilte. Eine genaue Zahl wurde nicht genannt. Zum letzten verfügbaren Stand Ende Juni 2024 hatte Microsoft rund 228.000 Beschäftigte. Drei Prozent davon wären etwa 6800 Jobs.

Im Kölner Rheinauhafen arbeiten aktuell 650 Menschen, deutschlandweit sind es 3000. Ob hiesige Niederlassungen von Stellenstreichungen betroffen sind oder verschont werden, ist nicht bekannt. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schickt ein Unternehmenssprecher ein generisches Statement: „Wir setzen die organisatorischen Veränderungen fort, die notwendig sind, um das Unternehmen optimal für den Erfolg in einem dynamischen Markt zu positionieren.“

3,2 Milliarden Euro fließen ins Rheinische Revier

Microsoft investiert gerade in großem Stil in Rechenzentren für Künstliche Intelligenz. Allein in dem noch bis Ende Juni laufenden Geschäftsjahr sind dafür Ausgaben von rund 80 Milliarden Dollar geplant. In Bergheim und Bedburg im Rhein-Erft-Kreis baut Microsoft zwei Rechenzentren. Das Unternehmen investiert in den kommenden Jahren im Rheinischen Revier insgesamt 3,2 Milliarden Euro.

In Köln sitzt in direkter Nähe zum Rheinischen Revier ein Großteil des deutschen Daten- und KI-Teams von Microsoft. Es scheint daher möglich, dass Kölner Jobs nicht abgebaut werden.

Microsoft-Vizechef Brad Smith (rechts) bei einem Besuch von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in Redmond im April 2022.

Derweil hat sich Microsoft Vize-Chef Brad Smith in einem Blogbeitrag auf der Unternehmenswebsite an Kundinnen und Kunden in Europa gewandt. Der Tenor des Textes, grob zusammengefasst: Keine Panik, wir hören euch. Und: Unsere Dienste in Europa sind sicher.

Man werde „Europas digitale Resilienz aufrechterhalten, auch in Zeiten geopolitischer Volatilität“, betont Smith in einem Absatz. Dafür wolle man eine europäische Cloud aufbauen und als eine „Stimme der Vernunft“ agieren. Und sollte all das nicht gelingen, lasse man sich im Zweifel sogar auf einen Konflikt mit der US-Regierung ein. Zudem verpflichte sich Microsoft laut Smith weiterhin zum Einhalt europäischer Datenschutzvorschriften und zum Schutz europäischer Cybersicherheit.

Das Schreiben an die europäische Kundschaft kommt nicht von ungefähr: Seit dem Amtsantritt Donald Trumps treibt die Abhängigkeit von amerikanischen Tech-Konzernen viele Europäer um. Nahezu alle großen Tech-Konzerne hatten die Amtseinführungsfeier des neuen Präsidenten im Januar mit Millionenbeiträgen unterstützt. Einige beugten sich kurz darauf offensiv seiner Politik. Auch Microsoft spendete Geld.

Seither hat Trump allerdings nicht nur den Staatsumbau im eigenen Land rasant vorangetrieben, sondern auch gegenüber Europa viel Vertrauen zerstört. Unternehmen, Behörden und Privatpersonen fragen sich, wie sehr man US-amerikanischen Unternehmen noch vertrauen kann. Unberechtigt ist die Sorge nicht: Ein Großteil deutscher Infrastruktur läuft mit Diensten von US-Unternehmen, darunter oftmals leistungsstarke Clouddienste von Amazon, Google und eben Microsoft. Würden diese von einem Tag auf den anderen abgeschaltet, hätte das enorme Folgen. Gleichzeitig mehren sich die Datenschutzbedenken: Gesetze in den USA erlauben US-Behörden schon jetzt Einblick in Daten – selbst dann, wenn das Unternehmen seine Server in Europa betreibt. Ist es da wirklich noch eine gute Idee, sensible Informationen über US-Dienste laufen zu lassen?

Brad Smith will Befürchtungen entkräften

Smith versucht, solche Befürchtungen in seinem Beitrag zu entkräften. Zum Datenschutz kündigt Microsoft zusätzliche Optionen für mehr Sicherheit und Verschlüsselung an.

Dass Microsoft und andere US-Konzerne durchaus Grund zur Sorge haben, zeigt die Entwicklung bei direkten deutschen Konkurrenten. Denn: Sie alle erklären, dass sich das Interesse an ihren europäischen Lösungen seit dem Amtsantritt Trumps deutlich erhöht habe.

Das Unternehmen Ionos aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur, das zum United-Internet-Konzern des deutschen Web-Pioniers Ralph Dommermuth gehört, bietet Cloud-Lösungen für Unternehmen an, die mit Microsoft-Produkten vergleichbar sind. CEO Achim Weiß berichtet von einem gestiegenen Interesse. „In Gesprächen wird dabei regelmäßig die politische Entwicklung in den USA als Grund genannt.“

Das Unternehmen Nextcloud mit Sitz in Stuttgart bietet Clouddienste und Office-Programme an, die auf Open-Source-Infrastruktur basieren. Sie richten sich an mittelständische Unternehmen, Vereine, Behörden oder Bildungseinrichtungen. Geschäftsführer Frank Karlitschek sagt: „Das Interesse an unseren Produkten hat sich seit dem Amtsantritt Donald Trumps verdreifacht.“

Inwiefern Microsoft unter dem Trump-Effekt leidet, war nicht zu erfahren. Eine Anfrage zu möglichen Kundenrückgängen aus Europa wollte das Unternehmen nicht beantworten.