„Umbau des Konzerns zahlt sich aus“Stimmung bei Lanxess trotz Krise positiv

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Der Unternehmenssitz des Spezialchemiekonzerns Lanxess in Köln

Der Unternehmenssitz des Spezialchemiekonzerns Lanxess in Köln

Köln – Fast 17 Prozent weniger Umsatz, minus ein Fünftel beim operativen Gewinn – schaut man bloß auf die nackten Zahlen, könnte man meinen, Lanxess gehe es mies. Doch so recht passt diese Interpretation nicht zur Stimmung, die Vorstandschef Matthias Zachert bei der Vorlage der Quartalszahlen des Kölner Spezialchemiekonzerns am Donnerstag verbreitete. „Wir haben hervorragende Voraussetzungen, mit einer starken Bilanz durch die Krise zu segeln“, sagte der Manager bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Zachert weiter: „Der Umbau des Konzerns in den vergangenen Jahren zahlt sich aus“, und: „Wir werden Wachstumsmöglichkeiten, die sich in der Krise auftun, auch wahrnehmen“.

Abhängigkeit von Automobilbranche verringert

Dass der Lanxess-Chef so gut gelaunt war, hatte mehrere Gründe: Erstens profitiert das Unternehmen davon, dass es die Abhängigkeit von der mit Wucht von der Corona-Krise getroffenen Automobilindustrie in der jüngeren Vergangenheit deutlich verringert hat. Machte die einstige deutsche Vorzeigebranche 2008 noch 40 Prozent am Umsatz der Kölner aus, sind es in diesem Jahr nur noch 20 Prozent.

Zacherts Einschätzung zufolge werde die Autobranche „einige Jahre brauchen, um wieder ein akzeptables Niveau zu haben“. Es kommt ihm also bei aller lautstark betonten Zuneigung für die deutschen Autohersteller entgegen, dass die Abhängigkeit von ihr auch weiter abnimmt: Am Donnerstagmorgen verkündete Lanxess, seine Einheit für organische Lederchemikalien, die vor allem Fahrzeugherstellern Produkte zuliefert, an den Konkurrenten TFL Ledertechnik aus Rheinfelden zu verkaufen. Der Kaufpreis beträgt fixe 80 Millionen Euro zuzüglich einer erfolgsabhängigen Komponente von bis zu 115 Millionen Euro.

Zweitens steht Lanxess deutlich besser da als viele andere Chemieunternehmen. Nach einer Aufstellung der Kölner schrumpften deren operative Gewinne von April bis Juni mit durchschnittlich 35 Prozent deutlich stärker als bei Lanxess. So verbuchte beispielsweise BASF ein Minus von 31, Covestro gar minus 73 Prozent. Der Grund dafür liegt auch in hervorragenden Geschäften des Segments Consumer Protection (Verbraucherschutz). Besonders Desinfektionsmittel wie das gegen das Coronavirus wirkende Produkt Relyon-Virkon und Technologien zur Wasseraufbereitung waren gefragt. So war Consumer Protection das einzige Lanxess-Segment mit wachsenden Umsätzen im zweiten Quartal – plus knapp 22 Prozent auf 301 Millionen Euro.

Lanxess hat Schulden fast halbiert

Die negative Entwicklung in den von der Corona-Krise stärker getroffenen Segmenten Advanced Intermediates (Basis- und Feinchemikalien), Specialty Additives (Zusatzstoffe) und Engineering Materials (Kunststoffe) konnte das zwar nicht ausgleichen, half aber dabei, die negativen Effekte abzumildern. Wenig überraschend war dann auch, dass Lanxess-Chef Zachert mehrmals erklärte, den profitablen Geschäftsbereich weiter ausbauen zu wollen: „Das ist ein starkes Segment, das uns in den nächsten Jahren viel Freude bereiten wird“, sagte Zachert.

Drittens sinken zwar die Gewinne aus der Betriebstätigkeit, netto verzeichnet Lanxess aber ein dickes Plus von 736 Prozent: Nach Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Einbezug von Sondereinflüssen steht ein Gewinn von 803 Millionen Euro zu Buche. Der Rekordwert resultiert vor allem aus dem Verkauf des 40-Prozent-Anteils am Chemiepark-Betreiber Currenta, der den Kölnern vor Steuern rund 930 Millionen einbrachte.

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Lanxess hat mit dem Geld seine Schulden fast halbiert und nun jede Menge Mittel zur Hand, um auch in diesen turbulenten Zeiten noch zu wachsen. Dass das eines seiner primären Ziele ist, verheimlichte Zachert dann auch nicht: „Wir wollen organisch und anorganisch Wachstum erzielen und Innovationen erbringen“, so der Vorstandschef. Nicht nur im Millionen-Bereich seien Zukäufe denkbar, sondern auch darüber hinaus.

600 Mitarbeiter in Kurzarbeit

Unterdessen befinden sich etwa 600 der weltweit knapp 15 600 Mitarbeiter weiter in Kurzarbeit. Auch hier sind vor allem jene Betriebe mit engen Bezügen zur Autoindustrie betroffen, darunter der Leverkusener Lederbetrieb mit rund 140 Mitarbeitern.

Noch keine Entscheidung hat Lanxess über den Standort einer neuen Produktionsanlage für Ionenaustauscher getroffen. Im Rahmen des Baus werden Jobs in noch unbekannter Anzahl entstehen. Auch dass Leverkusen das Rennen mache sei nicht ausgeschlossen, so Zachert, aktuell spreche jedoch viel für Amerika oder Asien. In Leverkusen und Bitterfeld gebe es bereits zwei solcher Werke.

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