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Athleten als KapitalgeberWarum Mario Götze in das Kölner Start-up Xaver investiert

6 min
Mario Götze im weißen Pullover

Mario Götze ist nicht nur Profi-Fußballer, sondern auch Start-up-Investor. Unter anderem beteiligte er sich in der Fünf-Millionen-Seed-Runde des Kölner Unternehmens Xaver.

Profi-Sportlern begegnet man immer öfter auch in der Wirtschaft. Sie investieren in Start-ups – doch nicht für alle ist das Geschäft reizvoll.

Als WM-Torschütze und Profi-Fußballer ist Mario Götze wohl den meisten bekannt. Einen Namen hat sich der 33-Jährige aber auch abseits des Rasens gemacht. Seit rund sechs Jahren investiert er in frühphasige Unternehmen, in Deutschland gilt er damit als Pionier, für manche auch als Vorbild. Denn der gebürtige Schwabe, der aktuell bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag steht, ist mit seiner Firma Companion-M mittlerweile an mehr als 70 Start-ups beteiligt – unter anderem an einer Kölner Gründung, die mit einer Finanzierungsrunde von fünf Millionen Euro im Frühjahr 2024 erstmalig auf sich aufmerksam machte.

Xaver heißt das noch junge Finanztechnologieunternehmen (Fintech) mit Sitz in den Wallarkaden am Rudolfplatz. Die Wirtschaftsförderung Köln Business, die das Team mit einem Förderprogramm dabei unterstützte, ihre Wachstumsstrategie auszubauen, nennt sie aufgrund der Investitionssumme als eines der aktuell erfolgreichsten Scale-ups in der Region.

Kölner KI-Start-up Xaver legt Fokus auf Altersvorsorge

Mitgründer Max Bachem erklärt das Geschäftsmodell: „Wir bauen KI-Software für Banken und Versicherungen, mit dem Fokus darauf, die Finanzberatung und den Vertrieb effizienter zu machen.“ Das klingt noch sehr abstrakt. Schnell demonstriert Bachem, wie das Produkt – ein 24/7-erreichbarer virtueller Berater – in der Praxis funktioniert. Er klingelt die KI per Videoanruf an, erklärt sein Anliegen: „Ich bin gerade Vater geworden und würde gerne finanziell für meine Tochter vorsorgen. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, kannst du mir helfen?“ Ein menschenähnlicher Avatar liefert Antworten zu Kinderdepots und Frühstart-Rente. Aber auch zu anderen Themen, wie Immobilienfinanzierung oder Portfoliowerten. Bei Bedarf kann ein Termin mit einem echten Berater vereinbart werden. 

Einen Fokus legt das Fintech dabei auf den Bereich Altersvorsorge. „Es ist das Thema, das am meisten persönlicher Beratung bedarf“, so Bachem. „Spare ich genug für meinen Ruhestand? Gibt es eine Rentenlücke? Kann ich mir später den Lebensstil leisten, den ich mir vorstelle?“

Max Bachem ist Geschäftsführer von Xaver. Seine Büroräume hat das Kölner Start-up mit 24 Beschäftigten in den Wallarkaden am Rudolfplatz bezogen.

Max Bachem ist Geschäftsführer von Xaver. Seine Büroräume hat das Kölner Start-up mit 24 Beschäftigten in den Wallarkaden am Rudolfplatz bezogen.

Beim Stichwort Altersvorsorge kommt auch Mario Götze wieder ins Spiel.  Mit seinen Investments verfolgt er einen Plan für die Zeit nach der doch eher kurzen Fußballkarriere. Venture Investing sei „eine attraktive Möglichkeit für eine langfristige Geldanlage, die optimalerweise eine sehr gute Rendite einbringt“, sagt Götze. Doch Anlagemöglichkeiten gebe es viele. Einen zweiten Faktor hält er deshalb für entscheidender: „Bei einer Investition in Start-ups erlebt man Entstehungsprozess einer Idee mit. Hinter einer Gründung steckt zunächst nur eine Vision und es ist extrem spannend zu sehen, wie sich diese nach und nach materialisiert.“ 

Wie bei Xaver: Vor rund zwei Jahren haben Bachem und seine Kollegen das Start-up gegründet. Sieben große Kunden sind laut Unternehmen inzwischen an Bord, die Expansion etwa in die Niederlande laufe. Bei Versicherungen wie Die Bayerische und Liechtenstein Life sei die Software bereits nutzbar. 24 Beschäftigte arbeiten mittlerweile bei Xaver. Eine weitere Fundraising-Runde läuft. Wie hoch die Umsätze sind, will Bachem nicht verraten. Profitabel sei Xaver aufgrund seines Frühphasen-Status zumindest noch nicht.

Venture Investing ist eine attraktive Möglichkeit für eine langfristige Geldanlage, die optimalerweise eine sehr gute Rendite einbringt
Mario Götze, Fußball-Profi und Investor

Obwohl andere Fintechs mit ähnlichem Konzepts in der Vergangenheit scheiterten, ist der Gründer optimistisch: „Wir vier Geschäftsführer haben alle schon vorher gegründet, Start-ups aufgebaut oder betreut und teilweise selbst als Investoren agiert.“ Hinzu kommen berufliche Erfahrungen aus der Finanz- und Versicherungsbranche. „Wir kennen die Kunden, wissen, wo die Schwierigkeiten liegen und wo wir helfen können.“ Etablierte Finanzinstitute leiden ihm zufolge oft unter veralteten Systemen. Mit moderner Technologie könne man effizienter werden. 

Mario Götze überzeugte das Konzept. Neben harten Kriterien wie dem Businessplan und dem Potenzial im Marktsegment orientiert sich der Fußball-Profi auch an soften Faktoren: „Wie viel Herzblut in dem Projekt steckt, wie das Team zusammenarbeitet“ und ob es einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leiste. 

Deutsche Sportler als Business Angels: Vorbilder in den USA

Auch, wenn Götze neben Ex-Formel-1-Fahrer Nico Rosberg zu den aktivsten sportlichen Start-up-Investoren in Deutschland zählt, ist er doch nicht allein. Die Entwicklung, geprägt durch US-amerikanische Sportstars wie Michael Jordan (Basketball) oder Serena Williams (Tennis), findet auch hierzulande immer mehr Nachahmer – selbsterklärend nur in solchen Sportarten, in denen auch Geld fließt: neben Fußball unter anderem im hochklassigen Basketball, Handball oder Eishockey. 

„Einige, die nicht nur auf Anlageklassen wie Aktien oder Immobilien setzen wollen, bauen sich mit Start-up-Invests eine Karriere nach der Karriere auf“, erklärt Tim Zwiener. Resultierend aus einem Projekt an der Deutschen Sporthochschule in Köln hat der 25-Jährige gemeinsam mit Mattis Hecht das Start-up Athlete Capital gegründet und aus genau dieser Thematik ein Geschäft aufgebaut. Mit einer Art Agentur unterstützen die beiden rund 200 Profi-Athleten in Sachen Zukunftsperspektive „Nicht jeder will Trainer oder Spielerberater werden“, so Zwiener. Manchmal müssen sich Sportler neu erfinden, „denn 30 Jahre Berufsleben stehen eigentlich noch vor ihnen“. Athlete Capital biete daher Möglichkeiten zum Netzwerken, Kontakte zur Industrie, Job-Angebote oder auch Seminare, erklärt Zwiener. „Es geht darum, zu lernen, wie die Welt außerhalb des Sports funktioniert. Was interessiert mich? Finde ich eine zweite Leidenschaft?“

Breites Portfolio, um Risiko zu minimieren

Die hat wohl Handballer Niklas Weller in der Start-up-Branche gefunden. Der Kapitän des Erstligisten HSV Hamburg ist einer der Sportler im Netzwerk von Athlete Capital, die sich bewusst dazu entschieden haben, zu investieren, genauso wie einige FC-Profis. „Es ist eine gute Möglichkeit, nah an Unternehmen heranzukommen und in Sachen Unternehmensentwicklung etwas zu lernen – in einem Maße, das selbst während der Karriere möglich ist“, sagt der Handballer.

Niklas Weller in einer Abwehr-Aktion beim Spiel gegen Göppingen

In Start-up-Investments sieht Handballer Niklas Weller (HSV Hamburg) auch die Möglichkeit, sich außerhalb der Sport-Bubble ein berufliches Netzwerk aufzubauen.

Weller, der auch Jura studiert hat, ist mit einem kleinen Teil seines Vermögens an vier Start-ups beteiligt, darunter ein Sportkleidungs-Unternehmen. Insbesondere bei den ersten Investments sei es typisch, dass sich Sportler in bekannten Gefilden einbringen. Das sei nicht nur für die Athleten angenehm, sondern biete auch für die Start-ups selbst einen strategischen Mehrwert. Dabei gehe es nicht unbedingt darum, ein Werbegesicht zu gewinnen. Neben medialer Reichweite „suchen die Start-ups Kapitalgeber, die auch inhaltlich weiterhelfen können. Oder sie profitieren vom Netzwerk der Sportler.“ Häufig agieren Athleten deshalb im sportnahen Umfeld als Business Angels, in der Ernährungs- oder Gesundheitsbranche. Gerade erst wurde bekannt, dass Serge Gnabry beim Porridge-Hersteller 3 Bears einsteigt. Bei Jonathan Tah sind es Schokoriegel, bei DFB-Kollege David Raum die in Köln gegründete Amateur-Fußball App Prematch.

Selten bleibt es bei einem Investment und manchmal breiten sich die Fühler auch Richtung anderer Märkte aus. Niklas Weller zum Beispiel könne sich vorstellen, sein Portfolio langfristig zu erweitern, „auch, um das Risiko zu streuen“. Der Wert seiner Tickets starte meist bei 25.000 Euro. Doch selbst, wenn solch ein Kapital dank hohem Einkommen übrig ist, sollte man sich den Schritt genau überlegen, das betont Weller. Viele seiner Handball-Kollegen setzen eher auf den Kauf von Immobilien oder ETF-Sparpläne – „vollkommen richtig und verständlich“, so der 32-Jährige. Bei Venture Capital (Wagniskapital) gehe es um mehr als ein potenzielles finanzielles Plus. Neun von zehn Start-ups scheitern in den ersten Jahren, so eine gängige Schätzung. In frühphasige Unternehmen zu investieren, sei ein Wagnis. „Da muss man schon Lust drauf haben.“