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Interview

Ökonom Haucap
„Um Verlängerung der Lebensarbeitszeit kommen wir nicht herum“

2 min
Justus Haucap ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler, der seit 2009 Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist und dort das Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) leitet.

Justus Haucap ist Wirtschaftswissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist und dort das Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) leitet. 

22 Ökonomen und Wissenschaftlerinnen aus anderen Fachrichtungen appellieren  an die Bundesregierung, das geplante Rentenpaket zu stoppen. Justus Haucap, Wirtschaftswissenschaftler aus Düsseldorf, ist einer von ihnen und geht im Gespräch ins Detail.

Herr Haucap, Sie haben mit 21 anderen Ökonomen an die Bundesregierung appelliert, das Rentenpaket zurückzunehmen. Die Grünen wollen dem Vorschlag der schwarz-roten Koalition nicht zustimmen und präsentieren einen Gegenvorschlag. Wie beurteilen sie den?

Justus Haucap: Der Vorschlag der Grünen enthält viele richtige Punkte, wie etwa die Abkehr von Frühverrentungsprogrammen wie der „Rente mit 63“ und die bessere Nutzung von Möglichkeiten des Kapitalmarktes. Ich finde es prinzipiell auch richtig, dass neue Beamte und Abgeordnete in die gesetzliche Rente mit einbezogen werden. Bei Selbstständigen wäre ich allerdings zunächst zurückhaltend, wir haben ohnehin zu wenig Gründungen und Unternehmertum in Deutschland. Das Reformkonzept dürfte vermutlich jedoch noch nicht ausreichen, um die Rente wirklich zukunftssicher zu machen. Um eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit - natürlich auch für Beamte - werden wir wohl letztlich nicht herumkommen.


Justus Haucap ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Seit 2009 ist er Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und leitet dort das Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE). Er war von 2006 bis 2014 Mitglied und von 2008 bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission. Seine Forschungsbereiche umfassen Wettbewerbsökonomie, digitale Ökonomie und die Regulierung von Infrastrukturindustrien.


Was muss der Arbeitsauftrag an die Rentenkommission sein, die Union und SPD einberufen wollen?

Kern muss es sein, das Rentensystem auch inklusive der Pensionen  langfristig finanziell nachhaltig auszugestalten, auch bei einer weiter rückläufigen Anzahl von Erwerbspersonen und steigender Lebenserwartung.

Kern des Streits ist zwar das Rentenniveau, aber ich frage Sie was ganz anderes: Wie beurteilen Sie den Plan der Mütterrente?

Natürlich gönne ich jeder Mutter mehr Rente, aber momentan haben wir einfach nicht das Geld dafür. An den Unis werden aktuell die Mittel gekürzt, die Schulen sehen nach wie vor vielerorts übel aus – wir sollten eher in die Zukunft unserer Kinder investieren.

Und was bringt Ihrer Einschätzung nach die Aktivrente?

Das werden wir sehen. Prinzipiell ist es sinnvoll, auch ältere Arbeitnehmer noch stärker zur weiteren Teilnahme am Arbeitsmarkt zu motivieren. Das DIW geht in einer aktuellen Studie davon aus, dass 25.000 bis 33.000 zusätzliche Vollzeitstellen entstehen. Allerdings hängt auch viel von der Kommunikation ab. Vielen ist anscheinend die Möglichkeit des steuerfreien Hinzuverdienstes ab 2026 noch zu wenig bekannt. Das muss sich offenbar erst noch herumsprechen.

Was wäre der bessere Weg als der von der Union geplante?

Am besten wäre es, die Abstimmung über das Rentenpaket zu verschieben und die Ergebnisse der Rentenkommission abzuwarten.