Die SPD hält an Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin fürs Verfassungsgericht fest. Dabei hätte sie die Abtreibungsbefürworterin gar nicht erst nominieren dürfen.
Brosius-GersdorfDie SPD setzt mehr als den Koalitionsfrieden aufs Spiel

Frauke Brosius-Gersdorf, Juristin, stellt den Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin vor.
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Die Bundestagswahl vom Februar hatte ein eindeutiges Ergebnis: SPD und Grüne haben verloren, die Union ist stärker als beide zusammen. Dennoch tun sie im Bundestag immer noch so, als könnten sie gemeinsam mit der Linkspartei den Ton angeben. Das hat sich jetzt auch bei der gescheiterten Wahl von drei Verfassungsrichtern gezeigt. Obwohl die SPD wissen musste, dass Frauke Brosius-Gersdorf vor allem wegen ihrer Haltung in der Abtreibungsfrage Widerstand in der Union provozierte, machte sie die Juraprofessorin zur Kandidatin und setzte auf den Rückhalt der Grünen.
Die SPD wäre deshalb gut beraten, eine andere Person zu benennen
Der Fehler von Friedrich Merz und Jens Spahn (beide CDU) war nicht, dass sie die umstrittene SPD-Bewerberin am Ende in den eigenen Reihen nicht durchsetzen konnten, weshalb die Wahl abgesetzt werden musste. Sondern, dass sie sie überhaupt akzeptiert hatten. Denn auch ihnen hätte klar sein müssen, dass der Schutz des ungeborenen Lebens eines der wenigen verbliebenen Kernthemen der Union ist.
Brosius mit ihrem Plädoyer für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts war daher für viele in Partei und Fraktion als Verfassungsrichterin nicht vermittelbar. Dennoch riefen Kanzler und Fraktionschef aus Koalitionsräson zu ihrer Wahl auf. Und haben nun den Schaden.
Der Vorschlag, dass Brosius-Gersdorf sich den Unionsabgeordneten vorstellt, wird an dem Konflikt nichts ändern. Die SPD, die in den Koalitionsverhandlungen vieles durchsetzen konnte, wäre deshalb gut beraten, eine andere Person zu benennen. Mit ihrem Festhalten an Brosius-Gersdorf nimmt sie in Kauf, dass der Unmut in der Union über den Juniorpartner wächst und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der gesamten Koalition. Nach dem Zerbrechen der Ampel am ständigen inneren Streit sollte sie das nicht riskieren. Profitieren würden von einem erneuten Scheitern nur die Extremisten. (Ludwig Greven)