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KlageverfahrenBetroffenenorganisation zeigt Kardinal Woelki an

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Eine Betroffenenorganisation hat den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen Prozessbetrugs angezeigt. (Archivbild)

Eine Betroffenenorganisation hat den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen Prozessbetrugs angezeigt. (Archivbild)

In Köln klagt die vielfach missbrauchte Pflegetochter eines Priesters gegen das Erzbistum. Kurz vor der angekündigten Entscheidung des Gerichts schaltet sich nun eine Betroffenenorganisation ein.

Matthias Katsch von der Betroffenenorganisation Eckiger Tisch und mehrere Anwälte haben den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen versuchten Prozessbetrugs angezeigt. Sie werfen ihm vor, in einem Klageverfahren einer Missbrauchs-Betroffenen gegen das Erzbistum Köln wichtige Informationen aus Akten ignoriert zu haben. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der WDR hatten berichtet. 

„Kardinal Woelki weist die Verdächtigung eines Prozessbetrugs zurück“, teilte sein Sprecher am Abend der Deutschen Presse-Agentur mit. „Er war mit der Prozessführung und der Entscheidung, welche Unterlagen vorgelegt werden, nicht betraut. Er hat somit keine Entscheidung getroffen, ob Unterlagen vorgelegt werden müssen oder nicht. Daher ist eine strafrechtliche Verdächtigung seiner Person völlig haltlos.“

In dem Verfahren klagt eine 58-jährige Frau auf 830.000 Euro Schmerzensgeld. Sie ist die frühere Pflegetochter eines Priesters, der 2022 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Der Mann hatte nach Feststellung des Kölner Landgerichts von 1993 bis 2018 neun Mädchen teils schwer sexuell missbraucht. Die Pflegetochter war in den 70er- und 80er Jahren Opfer geworden. 

Das Erzbistum Köln bestreitet in dem Verfahren, dass es für die Taten des Priesters in Mithaftung genommen werden kann. Das Gericht tendiert bisher auch zu dieser Meinung. Nächste Woche Dienstag (1. Juli) soll eine Entscheidung verkündet werden.

Hat das Erzbistum damals nicht richtig hingeschaut?

Matthias Katsch vom Eckigen Tisch sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Erzbistum wolle sich hier aus der Verantwortung stehlen. „Es ist völlig eindeutig, dass das Erzbistum damals in der Aufsicht über den Priester versagt hat, dass es die Warnzeichen nicht wahrgenommen hat, dass es weggeguckt oder nicht richtig hingeschaut hat.“ In einem Klageverfahren sei es immer so, dass das Opfer den Nachteil habe, alles beweisen zu müssen, während sich das Bistum nur hinstellen und sagen müsse: „Wissen wir nicht.“

In diesem Fall aber hätten die Anwälte der Klägerin nun die Strafakte des verurteilten Täters einsehen können, und daraus ergebe sich eindeutig, wie stark das Erzbistum seinerzeit in die Entscheidung eingebunden gewesen sei, dem Priester das Sorgerecht für die heutige Klägerin und ihren Bruder zu übertragen. Das Erzbistum könne sich deshalb nicht hinstellen und vor Gericht das Gegenteil dessen behaupten, was sich aus den Dokumenten ergebe, so Katsch. 

Das Erzbistum Köln teilte dazu mit, der Klägerin liege die Personalakte nach eigenen Angaben aus dem Gerichtsverfahren vor. „Insoweit kann der Vertuschungsvorwurf nicht nachvollzogen werden. Zu laufenden Gerichtsverfahren äußern wir uns ansonsten grundsätzlich nicht.“ 

Ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft sagte, er könne den Eingang der Strafanzeige bisher nicht bestätigen. (dpa)