Der geständige Attentäter von Solingen hat den späteren Tatort wenige Stunden vor dem Anschlag ausgekundschaftet, fotografiert und gefilmt. Außerdem vermuten Ermittler ein zweites Handy.
Anschlag auf StadtfestIssa al H. kundschaftete späteren Tatort aus

Der Angeklagte verfolgt den Prozess gegen ihn mit gesenktem Kopf.
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Der geständige Messer-Attentäter von Solingen ist fünf Stunden vor der Tat von einer Überwachungskamera beim Kauf der Tatwaffe gefilmt worden. Die Verpackung des Messerblocks, in dem sich auch die Tatwaffe befand, war später in seinem Zimmer gefunden worden und die Tatwaffe mit schwarzer Klinge nach dem Anschlag in einem Mülleimer. Zuerst hatte der Syrer vergeblich versucht, das Messer einzeln zu kaufen. Die Tatwaffe wurde vom Vorsitzenden Richter am zweiten Verhandlungstag gezeigt.
Die Ermittler konnten anhand von Überwachungskameras und der Auswertung seiner Handys das Verhalten des geständigen Angeklagten am Tag vor der Tat über weite Strecken rekonstruieren.
So hatte der geständige Issa al H. den späteren Tatort, den Fronhof in Solingen, schon Stunden vor seiner Attacke ausgekundschaftet. Er habe die Bühne, an der er später die Tat beging, vor Beginn des Festes fotografiert, sagte ein 32-jähriger Ermittler als erster Zeuge. Die sichergestellten Fotos wurden im Oberlandesgericht Düsseldorf gezeigt.
„Es wird viele Tote geben“
Gegen 18.00 Uhr kehrte er zum späteren Tatort zurück, nahm dort kurze Videosequenzen auf und schickte sie via Telegram an einen Kontaktmann. Als der nachfragt, ob er die darauf zu sehende Person umbringen werde, antwortet der inzwischen 27-Jährige: „Ich warte bis es dunkel wird und es wird viele Tote geben.“
Der Messer-Anschlag wurde von Besuchern des Festivals unabsichtlich gefilmt. Die Besucher, die den Auftritt einer Band filmten, hielten dabei Teile des Anschlags fest, der sich in den vorderen Zuschauerreihen abspielte. Die Sequenzen wurden im Prozess um den mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlag ebenfalls gezeigt.
„Euer Sohn wird heute, so Gott will, ein Märtyrer werden“
In einem Video an seine Eltern, aufgenommen vor der Tat an der Flüchtlingsunterkunft, in der er wohnte, heißt es: „Euer Sohn wird heute, so Gott will, ein Märtyrer werden.“ Er sei gekommen als „Rächer der Muslime“.
Ein weiteres Video, bei dem er die Tat vermummt ankündigt, sei im Keller eines Kebaphauses aufgenommen worden, wenige Meter vom späteren Tatort entfernt. Dabei hält er ein langes Döner-Messer in der Hand.
Zweites Handy vermutet
Die Ermittler haben bisher erfolglos nach einem zweiten Handy gesucht. Bei der Datenauswertung sei festgestellt worden, dass es noch ein zweites Handy geben müsse, das sehr wahrscheinlich dem Angeklagten zuzuordnen sei, sagte ein 43 Jahre alter BKA-Beamter. Daten eines zerstörten Handys habe man auslesen können.
Im gefundenen Handy seien Verbindungsdaten via Bluetooth zu einem zweiten Mobiltelefon entdeckt worden. Außerdem sei festgestellt worden, dass sich auf einem Account noch ein zweites Gerät eingeloggt habe, also Zugriff auf den Account gehabt habe, so dass die Vermutung sehr nahe lag, dass dieses zweite Gerät existieren müsse. Es habe umfangreiche Suchmaßnahmen danach gegeben, es sei aber bisher nicht gefunden worden.
Geständnis am ersten Prozesstag
Der BKA-Ermittler berichtete zur Datenauswertung außerdem, dass ab dem Jahr 2023 viele Sachen festgestellt worden seien, die einen IS-Bezug hätten. Es seien auch Bilder vorhanden von islamistischen Gruppierungen. Die Ermittler hätten zudem Bilder gefunden von Kriegs- oder Kampfszenen, auf denen Menschen verletzt oder Waffen eingesetzt worden seien.
Am ersten Prozesstag hatte der angeklagte Syrer Issa al H. (27) in einer von seinen Anwälten verlesenen Erklärung den Messerangriff gestanden, bei dem drei Menschen starben und etliche verletzt wurden. Zum Tatvorwurf der IS-Mitgliedschaft schweige ihr Mandant, erklärten die Verteidiger am ersten Tag.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor. Außerdem soll er IS-Terrorist sein und wenige Stunden vor der Tat am Abend des 23. August 2024 dem sogenannten Islamischen Staat in Videos die Treue geschworen haben. (dpa)