Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kleine FluchtenAuf schwankenden Planken

Lesezeit 4 Minuten

Seit Tagen Niedrigwasser im Rhein: Die neue alte Schiffsbrücke in der Leverkusener Wuppermündung liegt zur Zeit trocken.

Leverkusen – Kaffee trinken auf einem Schiff, das ist am Rhein nicht ungewöhnlich. Aber diese Schiffe – auf denen am Ostersonntag ein Verein ein Café mit Kiosk eröffnet – sind einzigartig am ganzen Strom. Sie tragen einen Steg, bilden eine Schiffsbrücke an der alten Wuppermündung bei Leverkusen. Streng genommen braucht sie heute kein Mensch mehr als Verkehrsweg, weil der offizielle Rheinradweg ein paar hundert Meter landeinwärts verläuft. Vielen Leverkusenern war die Restaurierung der historischen Anlage – früher aus drei, heute aus zwei historischen Rhein-Schiffen und einem modernen Schwimmponton bestehend – aber eine Herzensangelegenheit. Und das Ergebnis ihres Engagements ist in der ehemaligen Wuppermündung zu bewundern. Wer den Rheinradweg nutzt, sollte sich den idyllischen Abstecher gönnen.

Ein Ort fern jeder Hektik

Die historische Schiffsbrücke wurde 1992 bei einem Brand zerstört – und war bis dahin ein ebenso beliebtes wie drolliges Ausflugsziel. Die Wupperschiffe liegen zwar am Rheinufer der Industriestadt Leverkusen – dennoch sind sie ein Ort fern jeder Hektik. Hier kann man in Ruhe den großen Schiffen hinterhergucken oder zusehen, wie die Sonne am Rheinufer gegenüber hinter Köln .Rheinkassel untergeht. Das Panorama nach Süden beherrschen die Brücke mit der Autobahn 1 und dahinter die Silhouette Leverkusens.

Die Umgebung ist charmant und für ein (mitgebrachtes) Picknick wie gemacht: Die ehemalige Mündung des bergischen Flusses, die von der Schiffsbrücke überspannt wird, ist nach der Verlegung der Wupper zu einem Seitenarm des Rheins geworden. Mit Weiden und Pappeln. Dort sitzen oft Angler. Regelmäßig ziehen Schäfer mit ihrer Herde vorbei. Um zur historischen Schiffsbrücke in Leverkusen-Rheindorf zu gelangen, nimmt man am besten ein Fahrrad oder nutzt Rollschuhe, zu Fuß geht es auch. Autos dürfen nicht vorfahren.

„Einigkeit“ und „Recht“ und „Freiheit“

Einen 17 -jährigen Kampf gegen und mit Bau-, Wasser- und Schifffahrtsamt, Denkmalschutz- und anderen Behörden, mit Hoch- und Niedrigwässern, hat der 1995 gegründete Förderverein „Schiffsbrücke Wuppermündung“ gefochten, bis die denkmalgeschützten Schiffe 2012 wieder an ihrem alten Platz am Strom lagen. Zwei weitere Jahre sind vergangen bis letzte Genehmigungen vorlagen und die technische Einrichtung stand – mitten im Naturschutzgebiet, fern jeder Infrastruktur.

Die zwei fest vertäuten Schiffe sind Zeugnisse der Schifffahrtsgeschichte am Rhein. Ihre Namen: „Einigkeit“, „Recht“ und „Freiheit“. Die über 110 Jahre alte Tjalk „Freiheit“ und der 90 Jahre alte Aalschokker „Recht“ sind echte Arbeitsschiffe. Die Tjalk wurde in Süd-Holland als Küsten-Frachtsegler gebaut. Später rüstete man sie zu einem Aalfangschiff um. Die Tjalk ist ein für Holland typisches Plattbodenschiff. Das hat einen Vorteil, der als Bestandteil der Steganlage entscheidend ist: Plattbodenschiffe bleiben beim Trockenfallen im Wattenmeer oder bei Niedrigwasser im Rhein aufrecht stehen. Der Rumpf ist aus Stahl. Blechplanken, die von Hunderten Nieten zusammengehalten werden, machen den Körper der Tjalk stabil. Der Schiffsboden muss einiges aushalten: Fällt der Pegel unter 1,50 Meter, setzt sich das Schiff auf ein Bett aus Rollkies. Die „Freiheit“ ist das älteste der drei Schiffe. Der 1924 gebaute holländische Aalschokker „Recht“ wirkt schnittiger, obwohl er eigentlich gar nicht zum eigenständigen Fahren gebaut wurde. Als es noch viele Aale im Strom gab, zog man die Schokker an Ketten und mit Seilwinden in den Rhein, vertäute und verankerte dort die Kähne.

Ein drittes Schiff gehört zur historischen Flotte, aber auf den Segler „Einigkeit“ werden die Gäste wohl noch Jahre warten müssen. Der elegante Klipper – mit 20 Metern das längste des Trios – ist ein Niederländer. 1907 bei Rotterdam gebaut, hieß er „Mein Vergnügen“, und war als Freizeitschiff geplant. Später kam der Lustsegler aber richtig ans Arbeiten – als Aalfangschiff. Einstweilen fehlt das Geld für seine Restaurierung. Die „Einigkeit“ wartet in einer Werft in Duisburg auf ihre Restaurierung.

Müllberg statt Wupperbett

Dass sich die Wupper nicht mehr über ihre natürliche Mündung in den Rhein ergießt, hat einen Ur-Leverkusener Grund. Als die alte Bayer-Sondermülldeponie südlich der Wupper in den 70-er Jahren voll war, leitete man den Fluss einfach 500 Meter weiter nördlich in den Rhein und erklärte einige 100 Meter des Flussbetts zur Deponie. Aus dem tiefen Wupperbett ist inzwischen ein hoher Müllberg geworden. Man riecht's nicht. Rheinschiffer haben für ihn und eine weitere, inzwischen versiegelte Deponie einen netten Namen gefunden: Sie nennen sie „die Leverkusener Berge“.

Die Schiffsbrücke (GPS: 51.040922, 6.95252) liegt am Leverkusener Rheinufer bei Kilometer 702,5 zwischen Wiesdorf und Rheindorf, Adresse Rheinuferweg 100, 51371 Leverkusen. Öffnungszeiten Steg bis Oktober : täglich 10 bis 20 Uhr; Café Die. bis So. 12-20 Uhr. Mit dem Auto nicht zu erreichen, Parken an der Unterstraße in Leverkusen-Rheindorf.

www.schiffsbruecke.com

Tipp: 1,5 Kilometer Rheinaufwärts findet man das Restaurant „Wacht am Rhein“ (auf dem Gelände der Landesgartenschau Leverkusen; gute Parkmöglichkeit), drei Kilometer Rheinabwärts pendelt die Hitdorfer Fähre nach Köln-Langel.

Anfahrt: Mit dem Rad: Vom Bahnhof Leverkusen Mitte vier Kilometer bis zur Wuppermündung. Vom Bahnhof gelangt man über den Neulandpark zum Rheinufer.

Panorama-Radweg: Von der Schiffsbrücke acht Kilometer bis nach Opladen. Am Bahnhof beginnt der Bergische Panorama-Radweg. Man radelt bei moderater Steigung auf einer alten Bahntrasse ins Bergische Land hinauf.

www.panorama-radwege.bahntrassenradeln.de