Fernwanderwege in NRWAuf dem Jakobsweg kann man „zo Fooß noh Kölle jonn"

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Der Zieleinlauf der Wanderung von der Mülheimer Brücke bis zum Dom. 

Odenthal/Köln – Auf dem Jakobsweg wollte ich schon immer einmal wandern. Allerdings hatte ich da eher an Spanien als an das Rheinland gedacht. Jetzt weiß ich, dass es auch in Deutschland viele Jakobswege gibt, die es den Pilgerinnen und Pilgern ermöglichen sollen, möglichst vor der Tür einen gut gekennzeichneten Weg nach Santiago de Compostela in Nordspanien zu erreichen. Der Rheinische Jakobsweg führt auf insgesamt 160 Kilometern in acht Etappen von Wuppertal über Remscheid, Altenberg, Köln, Brauweiler und Düren bis zur belgischen Grenzen bei Aachen. Ich entscheide mich für die Etappe von Odenthal zum Kölner Dom, weil ich es praktisch finde, dass man nur einmal irgendwo hinfahren muss und dann zurück laufen kann.

An der Dhünn entlang in die Stille hinein

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Das Symbol des Jakobsweges ist eine sonnenartige, gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund. 

Von Köln aus geht es zunächst mit der S 11 nach Bergisch Gladbach und dann von der Rhein-Berg-Galerie aus (Endstation) mit dem Bus 434 zum Startpunkt nach Odenthal. Den erwische ich allerdings nur, weil ich den Busfahrer gerade noch rechtzeitig frage, wann denn die Haltestelle Odenthal Rathaus kommt. „Na jetzt sofort!“, sagt der mit einem leichten Kopfschütteln darüber, wie man sich hier so wenig auskennen kann. Weil er davon ausgeht, dass jeder Fahrgast die Strecke kennt, blendet er die Haltestellen nicht immer ein. Dafür steht man nach dem Ausstieg quasi direkt auf dem Weg, der rechts an der Dhünn beginnt und an einem Laternenpfahl mit dem Jakobsweg-Symbol - gelbe, sonnenartige Jakobsmuschel auf blauem Grund – gekennzeichnet ist. An der Dhünn entlang geht es nun in den Wald hinein. Am Anfang hört man noch die Autos und läuft in der Nähe der Häuser, aber das soll sich bald ändern. Die Dhünn ist größtenteils flach, das breite Kiesbett eignet sich wunderbar zum Abkühlen.

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Der Anfang der Strecke verläuft sehr idyllisch an der Dhünn entlang. 

Aufgepasst: An der ersten Brücke geht es nach links über den Fluss, dann aber an der nächsten Brücke direkt wieder auf die andere Seite und nicht geradeaus weiter. Hier erwartet einen auch der einzige etwas steile Anstieg, der festes Schuhwerk erfordert. Die restliche Strecke ist gut befestigt und größtenteils flach.

Nach der Mini-Bergetappe wird der Weg immer ruhiger, es sind bald nur noch der plätschernde Bach und die zwitschernden Vögel zu hören. An einer kleinen Straße wird die Idylle nur kurz unterbrochen – jedenfalls dann, wenn man rechtzeitig das richtige Schild sieht, und nicht wie ich der Straße um die Kurve folgt. Richtig ist: Einfach rüber und wieder rein in den Wald. „Uff, schon zweimal falsch abgebogen“, denke ich mir. Aber vielleicht muss ich einfach besser aufpassen. Immerhin sehe ich auf meinem kleinen Umweg einen Fischreiher im Feld herumstaksen.

Zurück auf dem richtigen Weg geht es eine ganze Weile durch den Wald, aber leider nicht mehr an der Dhünn entlang. Dafür fließt noch der Schwarzbroicher Bach neben einem. Am Ende des Waldweges dann der erste Kontakt mit der Zivilisation in Form der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen. Hier bitte links abbiegen und in den Ort hinein laufen. Auf dem Weg liegt zum Beispiel das Gut Hoverhof, wo man Eier und Kartoffeln kaufen kann (wenn man die denn unterwegs tragen möchte). Dann geht es in Schildgen eine Weile an der gar nicht mal so unbergigen Altenberger-Dom-Straße entlang durch den Ort. Für gläubige Pilger und Architekturinteressierte lohnt sich ein Zwischenstopp an der Herz-Jesu-Kirche (wieder Altenberger-Dom-Straße), die nach einem Entwurf des Architekten Gottfried Böhm erbaut wurde. Kurz nach der Kirche geht es rechts von der Hauptstraße runter in den Schlagbaumweg und ein ganzes Stück durch ein Wohngebiet hindurch über die Leuchter Gemark in das Naturschutzgebiet Nittum-Hoppersheider Bruch.

Alleine im Wald und plötzlich in der Zivilisation

Diesen Part genieße ich sehr. Die Markierungen sind die meiste Zeit frühzeitig und gut zu erkennen, so dass wenig Verlaufgefahr besteht. Endlich kann ich das Handy als Backup wegpacken und werde so ruhig, wie ich mir das für den Jakobsweg erhofft hatte.

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Nicht selten ist man auf dem Rheinischen Jakobsweg ganz allein im Wald. 

Mindestens eine Dreiviertelstunde lang sehe ich keinen anderen Menschen und bin ganz für mich allein mit den Bäumen und Wiesen. Herrlich! Umso größer die Überraschung, als der Wald irgendwann endet und ich plötzlich vor dem Vereinsheim des Dünnwalder Sportclubs Am Jungholz stehe. Leider wird die Strecke jetzt erstmal nicht mehr besser. Über den Dünnwalder Mauspfad geht es Richtung Berliner Straße und mitten ins Herz von Dünnwald hinein. „Stimmt. Ich wollte ja nach Köln zurück. War also klar, dass ich irgendwann wieder in der Stadt ankomme“, sage ich mir tapfer. Ich versuche mir vorzustellen, dass ich nicht in Köln lebe, sondern die Stadt ganz neu kennenlerne und deshalb offener bin, so als wäre ich im Ausland unterwegs.

Während ich an der befahrenen Berliner Straße durch Dünnwald laufe, gelingt mir das noch. In Höhenhaus aber kann ich nicht mehr. Es fühlt sich für mich jetzt so an, als hätte ich den Bus verpasst oder müsste wie in der Jugend nachts zehn Kilometer nach Hause laufen, weil es sonst keine andere Möglichkeit mehr gibt. Widerwillig setze ich einen Fuß vor den anderen, heiß ist es auch. „Nein. Ich werde nicht an der Berliner Straße entlang bis in die Kölner Innenstadt laufen“, beschließe ich und wechsle in Höhe der Bahnhaltestelle „Am Emberg“ in den Bus (hier werden gerade die Gleise der Linie 4 erneuert). An der Keupstraße steige ich wieder aus und schlage mich durch das wuselige Mülheim via Wander-App Komoot zurück auf den Jakobsweg Richtung Rheinufer. Die Schilder sind in der Innenstadt nicht mehr so leicht zu entdecken. Für diejenigen, die nicht so ungeduldig sind wie ich, geht es statt in den Bus immer weiter an der Berliner Straße entlang zum Clevischen Ring in Mülheim und durch den Böcking Park zum Stammheimer Ufer an den Rhein.

Der Dom als Ziel ist schon in Sichtweite

Hier beginnt das letzte Stück der Wanderung. Der Dom als Ziel ist schon in Sichtweite, für Gläubige ist das sicher eine starke Motivation. Auch die weiße Sankt-Clemens-Kirche ist sehenswert. Danach sollte man unbedingt eine kleine Pause im Lokal „Rheinspaziert“ mit Blick aufs Wasser einlegen. Weiter geht es dann Richtung Mülheimer Hafen und über die Katzenbuckelbrücke auf die Halbinsel am Rhein.

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Die sogenannte Katzenbuckelbrücke spannt sich über den Mülheimer Hafen. 

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Mitten in der Stadt findet man in Mülheim Idylle am Rheinstrand. 

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Das letzte Stück führt durch den Rheinpark in Deutz. 

Ab hier wird es wieder so richtig idyllisch, denn der Weg verläuft die ganze Zeit am Wasser entlang durch das Grüne. Ganz langsam wird es immer urbaner, vor allem im Rheinpark mit seinem herrlichen Durcheinander an Jugendlichen auf der Skatebahn, Kindern auf dem Spielplatz und Erwachsenen auf der Wiese. Wer möchte, kann einen allerletzten Stopp im „Cologne Beach Club km 689“ am Tanzbrunnen in Deutz einlegen. Aber bitte nicht zu lange die müden Füße in den Sand stecken, denn die Wanderung ist noch nicht zu Ende. Weiter am Rhein entlang geht es hoch auf die Hohenzollernbrücke und rüber zum Dom. Für Menschen, die nicht in Köln leben, ist das mit Sicherheit ein sehr besonderer Moment. Für alle anderen endet hier eine Wanderung, bei der man sein Zuhause noch einmal auf eine ganz andere Art kennengelernt hat.

Infos zur Wanderung

Start: Altenberger-Dom-Straße in 51519 Odenthal, an der Brücke über der Dhünn Ziel: Kölner Dom Länge: 18 Kilometer Dauer: etwa 4,5 Stunden Profil: größtenteils flach Anfahrt ÖPNV aus Köln: S 11 bis Bergisch Gladbach, dann den Bus 434 (direkt am Bahnsteig) Richtung Odenthal/Köln-Mülheim, Ausstieg: Odenthal-Rathaus. Achtung: Am besten dem Fahrer Bescheid sagen, es ist nicht selbstverständlich, dass der Bus überall hält. Anfahrt Auto: Altenberger-Dom-Str. 23, 51519 Odenthal (Höhe Hotel Restaurant zur Post) Für wen geeignet: Wanderer mit guter Grundkondition Highlights: Definitiv der Start der Wanderung im Wald entlang der Dhünn und später die Strecke in Köln am Rheinufer entlang. Für echte Pilger sind sicher auch die Herz-Jesu-Kirche in Schildgen, die markante weiße St.-Clemens-Kirche in Köln-Mülheim und natürlich der Kölner Dom wichtige Etappenziele. Übersicht deutsche Jakobswege: www.deutsche-jakobswege.de

Einkehrmöglichkeiten unterwegs

Da der Weg durch mehrere Orte führt, ist die Auswahl ziemlich groß. Für eine erste Pause empfiehlt sich Schildgen, zum Beispiel im Eiscafé Sandro Pol (Altenberger-Dom-Str. 154 A, 51467 Bergisch Gladbach) oder direkt nebenan im Restaurant Olivenhof (Altenberger-Dom-Str. 152, 51464 Bergisch Gladbach). Die nächsten Gelegenheiten gibt es dann in Dünnwald und Höhenhaus. Empfehlenswert als letzte Pause vor dem Zieleinlauf ist auf jeden Fall in Köln-Mülheim das sehr schöne Restaurant und Café Rheinspaziert (Hafenstraße 16, 51063 Köln) Hier gibt es Kaffee, kalte Getränke, Eis, Crêpes und kleine Gerichte mit Blick auf den Rhein. 

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