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Ausflugs-Tipps für die EifelUnterwelt aus Höhlen, Tunneln und Stollen

Lesezeit 5 Minuten

Die vielen Weinkeller unter der Stadt Traben-Trarbach können heute noch besichtigt werden.

  1. Der Kabarettist Achim Konejung hat die Unterwelt der Eifel akribisch erforscht.
  2. Um die unterirdischen Zeugnisse der Vergangenheit ranken sich viele Geschichten und Legenden.
  3. Wir haben sie uns erzählen lassen – und geben Tipps für spannende Ausflüge in die Region.

Die anthroposophische Veytalschule ist ein moderner, lichtdurchfluteter Bau in Satzvey. Nur ein kleiner Schandfleck mit rostigen Türen am Rande des Schulhofs stört das Gesamtbild. Was kaum einer weiß: Wer diese blaue Tür durchschreitet, gelangt in einen Atombunker.

„Ganz schön perfide“, sagt Kabarettist und Eifelhistoriker Achim Konejung. „Hier ist zur Tarnung in der Zeit des Kalten Krieges eine Schule über einem 2500 Quadratmeter großen Bunker errichtet worden. So hätten die Chefs der Landeszentralbank samt ihrer Geldsäcke einen Atomkrieg überleben können.“ Dass das Schulgebäude viel zu groß für die wenigen Kinder im Ort war, fiel offenbar keinem auf.

Der Bunker gehört zu einer Vielzahl von Höhlen, Tunneln, Bergwerken, Kellern und Stollen, die die Unterwelt der Eifel wie ein Netz durchziehen. Kabarettist und Eifelhistoriker Achim Konejung (62) hat sie über Jahre hinweg allesamt aufgesucht, die öffentlich zugänglichen Zeugnisse vergangener Zeiten, die den Eifelern Unterschlupf und Rohstoffe geliefert haben. „Wohl kaum ein Landstrich in Deutschland bietet unter Tage so eine vielfältige Parallelwelt wie die Eifel“, sagt er. Das Ergebnis ist sein großer Bildband „Eifeler Unterwelten“. Wir gehen mit ihm auf eine kurzweilige Spurensuche.

Im ehemaligen Luftschutzkeller unter der Genovevaburg in Mayen soll auch Schauspieler Mario Adorf als Kind Schutz gesucht haben.

Erste Station: Die Kakus-Höhle in Mechernich. Hier soll der Teufel die Bauern am Karfreitag zum Kartenspiel verführt haben. Dem Eifelhistoriker bricht in einer Felsenenge der Schweiß aus. „Weiter geh’ ich nicht“, stöhnt er. Der Kabarettist, der früher sogar selbst schon mal unter Tage gearbeitet hat, leidet seit seinen Recherchen zu seinem Bildband unter Höhen- und Platzangst. Und nachdem er einige Höhlen besichtigt hatte, befiel ihn plötzlich eine schwere Gürtelrose.

„Vielleicht ist an den Sagen der Eifel ja doch etwas dran und ich bin einer Fee auf die Schleppe getreten“, lacht er heute. Die meisten Geschichten seien allerdings reine Erfindungen, belegen Konejungs Recherchen: „Es gab keine Fluchttunnel, Verbindungsstollen von Bunkern oder Folterverließe.“

Neben den etwa 70 natürlichen Höhlen wie in Kordel oder Birresborn gibt es noch viele weitere künstliche Höhlen. Sie entstanden, um wertvolles Material zu gewinnen. Konejung: „Der Eifeler Mühlstein aus dem Raum Mayen-Meding wurde schon in früher Neuzeit in alle Welt transportiert – sogar bis nach Amerika. Und schon die Römer benutzten den Brohltaler Tuffstein. 40 Prozent der Bausteine für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg stammten aus dem Bims- und Tuffabbaugebiet des Neuwieder Beckens.“

Schon früh sei in der Eifel Erz gewonnen worden, weiß er. Ein Blick in die Grube Wohlfahrt mit ihren niedrigen Stollen genügt, um dem Historiker zu glauben: „Die Arbeiter erhielten pro Tag eine Flasche Schnaps, auch die Kinder mussten trinken, um Temperaturen von neun Grad zu ertragen.“ Kein Wunder, dass die Menschheit damals weder groß noch alt wurde.

Geheime Bunker

Bunker Landeszentralbank in Satzvey: Regelmäßige Führungen durch den Ausweichsitz der Landeszentralbank finden jeden ersten Sonntag im Monat um 10.30 Uhr statt (Dauer: 2 Stunden). Am Tag der offenen Tür (24.11.) kann man die Anlage auch ohne Anmeldung zwischen 10 und 15 Uhr besichtigen.

www.lzb-bunkersatzvey.de

Landesbunker NRW in Urft: Führungen finden samstags um 16 Uhr und mittwochs um 10 Uhr statt. Anmelden unter:

info@ausweichsitz-nrw.de

Regierungsbunker Ahrtal: Von dem Bauwerk mit 936 Schlaf- und 897 Büroräumen gibt es heute noch 200 Meter als Dokumentationsstelle.

www.regbu.de

Der Wahleifler gerät ins Schwärmen, wenn er in Urft-Dalbenden durch den Wald geht. Er zeigt auf eine Röhre in Massivbauweise: „Unvorstellbar, dass die Römer vor mehr als 2000 Jahren so etwas konstruieren konnten“, erklärt er. „Das hier ist Teil einer 95 Kilometer langen Wasserleitung von Nettersheim bis zum Kölner Rudolfplatz. Sie hat ein stetiges Gefälle von 0,5 Prozent.“ Noch heute könne man den Weg oberirdisch abwandern.

Achim Konejung

In Urft steuert er natürlich auch den NRW-Landesbunker an. Hinter zwei harmlos wirkenden Garagen verbirgt sich der Eingang zu einem betonierten Alptraum, der im Kalten Krieg 200 Beamten Platz bieten sollte. Besucher können heute noch eingeschweißte Zahnbürsten neben Gasmasken besichtigen. Konejung schaudert es beim Anblick des Tonstudios besonders: „Wollte man da Schlager wie »Ein knallrotes Gummiboot« an umherirrende, verstrahlte Menschen verschicken?“

Der Prototyp einer von Steinzeitmenschen genutzten Behausung: die Kakushöhle bei Mechernich.

Ob Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg oder der Kalte Krieg – die Eifel war immer mittendrin. Und Konejung hat „Kriegs-Geschichten“ ausgegraben, die man in keinem Reiseführer findet. Zum Beispiel die des Felsennestes in Rodert: Die Bunkeranlage sollte als Hitlers provisorisches Hauptquartier aufgebaut werden, weil der „Führer“ näher an der Front sein wollte. Dumm nur, dass die ursprüngliche Flurbezeichnung „Eselsberg“ lautete – und weil keiner Hitler zum „Esel“ machen wollte, wurde der Hügel 1940 in „Felsennest“ unbenannt.

Weitere Adressen

Das Museum im Schieferbergwerk Meyen informiert über Arbeit und Alltag der Bergleute.www.gavmayen.de/eifelmuseum/schieferwelten/html

Die Gruben Günnersdorf und Wohlfahrt (bei Hillesheim) können ebenfallsbesichtigt werden.www.bergbaumuseum-mechernich.de

grubewohlfahrt.de

Im Deutschen Vulkanmuseum Mendig kann man ins Land der Vulkane eintauchen.www.lava-dome.de

Der Schieferstollen in Recht (Belgien) ist komplett befahrbar.www.schieferstollen-recht.be

Über den Heinrich-Böll-Wanderweg gelangt der Geschichtsfan im Hürtgenwald bei Bergstein auf dem „Hill 400“ zu einem Bunker, an dem sich Sprayer verausgabt haben. Er dürfte 30 Soldaten Platz geboten haben. Größer waren die meisten Bunkeranlagen im Zweiten Weltkrieg übrigens meist nicht. Aber das hätte Hitler nie zugegeben. Konejung schmunzelt: „Wer den Film »Der Westwall« von Fritz Hippler sieht, denkt, dass die Mannschaftsbunker viel größer gewesen sein müssen.“ In Wahrheit seien die Aufnahmen auf einem Artilleriegelände bei Magdeburg gedreht worden.

Der Weinliebhaber lenkt aber auch den Blick auf Keller, in denen er sich gerne aufhält: In einem alten Gewölbe in Traben-Trarbach findet ein Weihnachtsmarkt statt, in anderen – wie dem Brückenkeller – kann mittlerweile sogar geheiratet werden. Ganz schön pragmatisch, der Eifeler.

Achim Konejung: Eifeler Unterwelten. Eifelbildverlag, 288 Seiten, 39,90 Euro.