ArtclubDie Kunst der bunten Vielfalt

Künstlerin Anna Többen zeigt realistische malerische Studien zum Menschen in der Menge.
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Köln – Parzival – der Künstler, Organisator und die gute Seele des Kölner Artclubs – hält nicht viel von Sommerpause. Denn, so seine Überzeugung, warum sollte man ausgerechnet in der schönsten Zeit des Jahres, wenn die Lust zum absichtslosen Umherschweifen am größten ist, das Kunstschauen aussetzen. Wirkliche Künstler kennen in ihrem Schaffensprozess ohnehin keine gezielte Unterbrechung. Die Kreativität fließt unaufhörlich weiter, so wie das Leben selbst unaufhörlich weiterfließt.
Petersburger Hängung
Daher hat sich der unnachahmliche Kölner Kunstvermittler auch in diesem Monat wieder ins Zeug gelegt, um drei schöne Einzelausstellungen auf die Wände des vielräumigen Kunstclubs zu bringen. Darüber hinaus ist unter dem Titel „Zwischenraum“ wie stets eine spannungsreiche Präsentation von mehr als 100 Kunstwerken in Petersburger Hängung – also einer besonders engen Reihung – zu sehen, mit einem oder mehreren Werken von jedem der 100 Mitgliedskünstler des Artclubs.
Diese Hängung ist für Parzival jedes Mal eine ganz besondere Herausforderung und Freude. Jeder der Maler, Collageure, Foto- und Objektkünstler soll schließlich gleichberechtigt und angemessen von den Ausstellungsbesuchern wahrgenommen werden. Und dabei soll die Mengenhängung zugleich mehr sein als die bloße Addition von 100 ganz verschiedenen Teilen.
Fingerspitzengefühl ist dabei erforderlich. Und Parzival hat in den vergangenen fünf Jahren ein ausgesprochen gutes Händchen für das Zu- und Miteinander von Formen und Farben, figürlichen und abstrakten Bildkompositionen entwickelt. Das zeigt sich etwa in der radikalen Gegenüberstellung zart-rätselhafter Fadenzeichnungen von Petra Deus, Tusche-Kalligrafien von Ra Ran Utz und schwarz-weißen Foto-Spiegelungen von Harald Schwertfeger.
Organisator Parzival kombiniert mit Fingerspitzengefühl
Sichtbar werden drei bildnerische Formen von Strukturerfahrungen. Mit einem Eichhörnchen-Traum-Bild von Ulla Philipp, seltsam sexualisierten Zeichnungen von Jose Luis Sevillano, einem Laufrad mit Menschenfiguren von Tony Strand und einem erotischen Trennungsbild von Edith Buchhalter werden dicht beieinander vier Varianten einer psychologischen Kunst präsentiert. Und verschiedene Möglichkeiten, ein Gesicht zu zeigen, bringen Peter Mück, Elisabeth Kaiser Arentz, Ruth Jäger, Anja Götz und Thomas Zydek zum Ausdruck.
Harmonische Übergänge und harte Gegensätze, gewitzte Spielereien, romantische Töne und ernüchternder Ernst, plakative Rotzigkeit und verhaltene Sehnsucht wechseln in unerwarteten Bildfolgen ab. Der Ausstellungsbesucher wird zu einer assoziativen Betrachtung verführt, bei der er ebenso leicht visuell gefangen wie abgelenkt werden kann.
Schwerpunkte und Festlegungen bieten vor allem die drei Einzelausstellungen in der Passage, im Basement und Kabinett des Artclubs. So präsentiert Oliver Lehmann in dunklen digitalen Fotocollagen fantastische Bildwelten im Spannungsfeld von Landschaft und Erotik. Jens Emde konfrontiert mit seiner höchst persönlichen Variante einer surrealistischen Malerei mit Endzeitstimmung. Menschen und Maschinenwelt, Historie und Zukunftsfantasie prallen darin schonungslos aufeinander. Versöhnlich erscheint demgegenüber Anna Többens liebevoller malerischer und zeichnerischer Blick auf den Menschen in der Menge. Mit Motiven aus der Straßenbahn, dem Fußballstadion und der Einkaufsstraße positioniert sie die realistische Malerei zwischen sachlich-kritischer Beobachtung und Menschenliebe.
Den Trends getrotzt
Die Schau bietet wie alle Ausstellungen im Artclub viele künstlerische Perspektiven auf engstem Raum. Und so wie Parzivals Ausstellungskonzept gegen den immer mehr sich durchsetzenden künstlerischen Saisonbetrieb gerichtet ist, trotzt der Artclub einer ganzen Reihe von Trends. So stellt er sich sowohl einer Tendenz zur thematischen Spezialisierung als auch einem allerorten favorisierten nüchternen Präsentationsprinzip entgegen. Vor allem aber sorgt der Artclub in Zeiten einer fortschreitenden Individual-Professionalisierung von Künstlern trotz oder gerade wegen des nicht gerade geringen Mitgliedsbeitrags für eine kollektive Organisierung und Solidarisierung unter Künstlern.
Artclub, Melchiorstraße 14, täglich 15-20 Uhr, bis 12. August