AusstellungLettland in der Baukunst Galerie

Gita und Marius, Riga, Latvia, 2011
Copyright: Galerie Lizenz
Seit drei Jahrzehnten porträtiert Inta Ruka mit ihrer 6-x-6-cm-Rolleiflex die Menschen in ihrer Heimat Lettland – immer in Schwarz-Weiß und immer bei natürlichem Licht. In der Kölner Baukunst Galerie zeigt die 54-Jährige nun einen Zwischenstand ihrer neuen Serie, an der sie seit 2009 arbeitet und mit der sie sich den Bewohnern Rigas „auf der anderen Seite des Flusse“ und somit fernab der repräsentativen Bauten nähert.
Ruka fotografiert die Armen und die Wohlhabenden, die Hoffnungsvollen und die Verzweifelten, die Alten und die Jungen – wobei der soziale Hintergrund ihrer Protagonisten zwar angedeutet wird, aber niemals ihre gesamte Aufmerksamkeit erhält. In erster Linie bleiben sie Menschen. In ihrer feinen Handschrift schreibt Ruka einige Informationen unter die Bilder – mal sind es nur die Namen der Abgebildeten, dann auch Zitate oder persönliche Erlebnisse und Beobachtungen, die sie während der Begegnungen und Shootings gemacht hat. Die verraten einiges über die Menschen, vor allem aber auch viel über das Wesen der Fotografie, das fast immer eine weitere Information benötigt, um das Gesehene einordnen zu können.
Da ist beispielsweise das Porträt der etwas sonnengeblendeten und vielleicht deshalb griesgrämig dreinschauenden Sandra Minconorca vor einem Bretterzaun. Gestalterisch ist sie eingeengt zwischen Senkrechten und Diagonalen, aus denen es keinen Ausweg zu geben scheint – selbst die Tür hinter ihr ist geschlossen. Lediglich ihre karierte Bluse, die sich über ihren Babybauch schmiegt, fokussiert den Blick des Betrachters und steht zugleich für die innere Zerrissenheit der Abgebildeten. Denn unter dem Foto steht der Satz „Ich will dieses Kind nicht“. Er lässt das Karomuster um den gewölbten Bauch wie ein Stigma erscheinen.
Respektloses Blitzlicht
Seit kurzem geht Ruka dazu über, in Innenräumen auch künstliches Licht einzusetzen. Das macht sie zum einen unabhängiger von den Lichtverhältnissen und dem Klima (bislang fotografierte Ruka beinahe ausschließlich im Sommer), zum anderen führt es dazu, dass ihre Bilder noch intimer und spontaner und zugleich rauer und schmuddeliger wirken.
Das respektlose Blitzlicht von vorne, das jede stimmungsvolle Samstagabendparty wie ein freudloses Schützenfest erscheinen lässt, erfüllt seinen Zweck. Das Paar-Porträt von Gita und Marius wirkt beispielsweise so verstörend-surreal wie von Roger Ballen und so chaotisch-zärtlich-familiär wie von Richard Billingham fotografiert.
Baukunst Galerie, Theodor-Heuss-Ring 7, Köln, Di.–Fr. 10–18.30 Uhr, Sa. 11–15 Uhr, bis 30. August