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Duftende WeihnachtsgeschenkeWas Sie beim Kauf eines Parfums beachten sollten

Lesezeit 4 Minuten

Viele Menschen verschenken gerne Parfum. Aber wie findet man den richtigen Duft für eine andere Person?

Köln – Für die alten Ägypter war Weihrauch der „Schweiß der Götter“: ein überirdisches Mittel, das den Kontakt zu den Unsterblichen herstellen sollte. Man opferte ihn am Morgen dem Sonnengott Ra, auch bei Mumifizierungen und Begräbnissen sollte der schwere Duft des Baumharzes den Schleier ins Jenseits lüpfen. Ein Zeichen göttlicher Präsenz ist Weihrauch auch für die Kirche. Sie führte ihn im 16. Jahrhundert verpflichtend für hohe Feiertage ein. Seither verbinden die meisten Menschen den Duft mit Festlichkeit und am Altar kollabierenden Messdienern.

Weihrauch-Parfums gehören zu den so genannten artistischen Düften, sind also das genaue Gegenteil von gefällig und gefallen auch nicht der großen Mehrheit . „Auch wenn arabische Düfte gerade eine große Welle der Begeisterung auslösen, ist Weihrauch der Duft für Individualisten, die das Besondere suchen und sich mit ihrem Parfum abgrenzen wollen“, sagt der Parfum-Experte und -Autor Frank Schnitzler. Sehr häufig stammen sie aus kleinen Manufakturen, kommen also ohne großen Marketingetat auf den Markt, was wiederum den häufig hohen Preis erklärt. Manchmal werden nur ein paar hundert Flakons abgefüllt und nicht Hunderttausende.Oft wird Weihrauch auch mit sehr kostbarem Oud (das Räucherholz vom Adlerholzbaum) kombiniert, um so das orientalisch, holzig anmutende und schwere Bouquet zu komplettieren. (eva)

„Sinnlich, mysteriös und opulent“

Vor Weihnachten rückt das sakrale Duftmittel wieder verstärkt von der Kirche ins Parfümerie-Regal: „Sinnlich, mysteriös und opulent“ soll zum Beispiel Donna Karans Duft „Black Cashmere“ sein. Seit neuestem will Issey Miyake mit „Nuit“ die „Kraft der Nacht“ einfangen und die „natürliche Anziehungskraft des Mannes“ verstärken. Giorgio Armani verkündet, er habe bei der Kreation seines „Bois D’Encens“ an lang vergangene Kirchgänge mit seiner Großmutter gedacht. Und die italienische Modemarke Etro nimmt die heilige Institution gleich mit in den Titel und nennt ihre Kreation „Mitternachtsmesse“.

Wertvoll wie Gold

Im Orient ist Weihrauch als Parfum seit Jahrhunderten so bekannt wie Eau de Cologne hierzulande. Und in den 1980er-Jahren entschied der Sultan von Oman, dass sein Land eine Parfummarke brauche, die es mit den westlichen aufnehmen könne. Es entstand: Amouage. Neben Myrrhe zählt Weihrauch zu den üblichen Ingredienzen der teils edelsteinbesetzten Flakons, die als „Geschenk der Könige“ für mehrere Hundert bis mehrere Tausend Euro über die Ladentheke gehenarticle.

Amouage hat im Oman zu Recht den Stand eines Staatsparfums. Denn lange Zeit war es nicht Öl, das der Region zu Reichtum verhalf. „Felix Arabia“, also „glückliches Arabien“, nannten schon die Römer die Herkunftsländer des Weihrauchs. Neben dem Oman ist das vor allem der Jemen. Aber auch im afrikanischen Somalia und in Indien wachsen die strauch-artigen Bäume, die unbedingt trockenen Boden brauchen.

Der Weihrauchbaum

Der Stamm des Weihrauchbaumes wird ab Ende März angeritzt, die austretende milchige Flüssigkeit aufgefangen und wochenlang gehärtet. Vor 3000 Jahren hielten Besitzer der kostbaren Pflanzen ihre Standorte streng geheim, die Furcht vor Harzdieben war zu groß. Sie transportierten ihre Güter über die Weihrauchstraße, eine der ältesten Handelsrouten der Welt, von Südarabien bis zum Mittelmeer – und ließen sich die Ware von Sultanen, römischen Statthaltern und indischen Maharadschas gleichermaßen in Gold aufwiegen.

Die Duftsucht der Römer führte so weit, dass Bürger schon zu Lebzeiten Stiftungen schufen, um sich die Essenzen für ihr Begräbnis leisten zu können. Plinius der Ältere kritisierte, wie andere Philosophen und Autoren, die ruinöse Verschwendung seiner Landsleute, die pro Jahr 100 Millionen Sesterzen nach Arabien fließen lasse.

„Duft des Himmels“

Historie hin, Historie her: Ist der „Duft des Himmels“ nun tatsächlich zur Verschönerung des Eigendufts geeignet? Und wenn ja, für wen? Christopher Chong, Kreativdirektor im arabischen Luxus-Haus Amouage, glaubt, dass es Zeit braucht, um sich in den Duft zu verlieben. „Man riecht Amouage nicht und denkt sich sofort: Ach, das ist aber nett! Man muss den Duft entdecken.“ Ein Grund, weswegen der Geruch auch nicht an jedem Durchschnittsbürger klebe: „Leute, die Amouage tragen, sind anders“, sagt Christopher Chong. „Und sie wollen nicht riechen wie andere auf der Straße.“

Ausdruck eines Gefühls

Der französische Duftpionier Serge Lutens kreiert seine Parfums schon seit Jahren mit Weihrauch. Inzwischen lebt er in Marrakesch. Auf seine opulenten Kreationen reagieren Menschen je nach Herkunft unterschiedlich. Japan, Norwegen oder Schweden seien „Länder der Sauberkeit“, wie Lutens im Interview mit der „Zeit“ erklärt – sie liebten das Wasser, das Bad, aber nicht das starke Parfum. Düfte wie sein „Encens et Lavande“ hätten dort kaum eine Chance.

Schließlich, so Serge Lutens, sei Schönheit aber nicht das Ergebnis von Chemie oder gutem Produktdesign. „Schönheit ist der Ausdruck eines Gefühls.“ Ihn erinnere Weihrauch an seinen Schulweg im französischen Lille, – eine duftende Straße, in der viele Algerier lebten und arbeiteten, sein erster, geheimnisvoller Kontakt zum Orient. Weihrauch bleibt also ganz einfach: Geschmackssache.