DunkelheitPorträt: Friederike Danebrock, 29

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In der Literatur war die Nacht schon immer Thema und Inspiration zugleich. Besonderen Stellenwert bekam das Dunkle in den englischen Schauerromanen des 18. und 19. Jahrhunderts, der Gothic Novel. Während im 18. Jahrhundert das Licht der Aufklärung immer stärker leuchtet, setzt die Gothic Novel einen Gegenakzent. Hier wird das Irrationale betont. Einer der ersten Schauerromane aus dem Jahr 1764 war „Das Schloss von Otranto“ von Horace Walpole. Darin und in allen folgenden Schauerromanen ist die Kulisse immens wichtig: Immer gibt es eine düstere Burg mit vielen geheimnisvollen Gängen, in denen sich die Protagonisten ein Katz-und-Maus-Spiel liefern. In Walpoles genre-bildendem Werk ist es Schlossherr Manfred, der der Verlobten seines verstorbenen Sohnes nachstellt, um die Erbfolge zu sichern. Hier kann man auch das wiederkehrende Motiv der „damsel in distress“, der um Leib und Leben fürchtenden Jungfrau, die bebenden Busens durch die düsteren Gänge hastet, finden. Es geht natürlich irgendwie immer auch um Sex. Der Schauerroman betont die Sinnlichkeit, deren Nährboden das Dunkle, die Nacht, ist. Das Licht der Vernunft erreicht hier seine Grenze.
Das kam bei den Zeitgenossen zum Teil nicht gut an. „Sturmhöhe“ etwa, die tragische Liebesgeschichte von Heathcliff und Catherine, geschrieben von Emily Bronte, stieß zur Zeit ihrer Veröffentlichung auf blanke Ablehnung, weil die Protagonisten für den damaligen Geschmack gar zu leidenschaftlich ans Werk gingen.
Eins meiner Lieblingswerke, in der die Nacht eine große Rolle spielt, ist Shakespeares „Sommernachtstraum“. In der Nacht passieren die seltsamsten Dinge, die tagsüber nicht denkbar sind: Die Feenkönigin Titania etwa verliebt sich in den Weber Bottom, der gerade in einen Esel verwandelt wurde. Schreckliche Ereignisse, aber auch wunderbare Verwandlungen sind möglich, die am Tage undenkbar erscheinen.