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Gärtnern in der StadtMobiles Gemüse bei „Neuland“

Lesezeit 3 Minuten

Neuland in Köln

Die Kartoffeln sind schon gekeimt, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sie in die Erde zu pflanzen. Judith Levold holt den Korb mit den Knollen und eine kleine Grabgabel aus dem Treibhaus. Ein Pflanzcontainer ist bereits vorbereitet für das Gemüse. Fein und krümelig ist die Erde, schnell sind die Bamberger Hörnchen darin verschwunden. Im Sommer wird dann geerntet, und das ganz ohne Grabgabel und Rückenschmerzen: die Kartoffeln können ganz einfach aus dem Pflanzcontainer ausgebuddelt werden.

Anja Klein, Andreas Lauermann: „Urban Gardening – Gärtnern in der Stadt“, Christian Verlag, 192 S., 24,99 Euro.

Karen Meyer-Rebentisch: „Das ist Urban Gardening!“, BLV Buchverlag, 175 S., 19,99 Euro.

Andrea Heistinger: „Handbuch Bio-Balkongarten. Gemüse, Obst und Kräuter auf kleiner Fläche ernten“, Löwenzahn Verlag, 304 S., 29,90 Euro.

Judith Levold gärtnert bei „Neuland“, dem mobilen Gemeinschaftsgarten an der Koblenzer Straße/Schönhauser Straße, zwischen Südstadt und Bayenthal. „Ich liebe Kartoffeln“, sagt Levold. Die Journalistin hat keinen eigenen Garten, stattdessen pflanzt und erntet sie bei dem Gemeinschaftsprojekt, das sie 2011 mitgegründet hat. Levold lebt in der Südstadt und ärgerte sich über die ungenutzte Fläche, auf der einst die Dombrauerei angesiedelt war. „Wir wollten einen Ort der Begegnung schaffen, an dem jeder willkommen ist“, sagt sie. Ziel ist aber auch, etwas zu erreichen in der Stadt-Entwicklung, etwa, eine dauerhaft grüne Fläche zu sichern: „Unsere Vision ist es, einen essbaren Grüngürtel zu schaffen“, sagt Levold – ähnlich wie bei einem Projekt der Stadt Andernach könne beim Stadtgrün der Schwerpunkt auf essbare Pflanzen gelegt werden. Das Gärtnern bei „Neuland“ ist durchaus politische Arbeit für sie: „In der Gemeinschaft kann man etwas bewegen, was man alleine nie könnte.“

Noch ist unklar, was auf der Brache entstehen wird. In der Zwischenzeit hat „Neuland“ mit dem Eigentümer der Fläche, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW, einen Zwischennutzungsvertrag abgeschlossen. Aus Fördergeldern bezahlt der Verein einen hauptamtlichen Gärtner und Koordinator, Dirk Kerstan, der auf dem 9200 Quadratmeter großen Areal alles im Blick behält. 30 bis 40 Mitglieder sind in diversen Arbeitsgruppen – von Botanik bis zu Kräutern – aktiv, wöchentlich gibt es Planungstreffen. „Du willst es, dann mach es“, ist der Leitspruch. Alles gehört allen, jeder darf mitmachen. Viele Menschen aus der Nachbarschaft kommen auf das Gelände, darüber hinaus gibt es eine enge Vernetzung mit sozialen Projekten in Köln. Levold ist es wichtig, dass sich jeder auf die Weise einbringen kann, die ihm liegt – sei es Kisten bauen, Tomaten ziehen oder Unkraut jäten. Auch Grundschulkinder kommen zu „Neuland“, um Beete anzulegen, etwa vor dem Treibhaus, wo später im Jahr Zucchini und Auberginen wachsen sollen.

Eines von Judith Levolds Projekten ist der Kompost: „Das ist oft mit Frust verbunden“, sagt sie. Denn damit aus Pflanzenabfällen gute, direkt verwendbare Erde entsteht, müssen sich alle an Regeln halten, grobes Material etwa muss gehäckselt werden. Nicht einfach bei so vielen Menschen, die mitmachen. Schon jetzt freut sich Levold auf den Sommer, wenn sie gemeinsam mit den Kindern bei „Neuland“ Kartoffeln ernten kann. „Es ist schön zu sehen, wie stolz die sind, wenn sie zählen, wie viele sie ausgebuddelt haben.“

www.neuland-koeln.de