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Restaurant-KritikStörung im „Funkhaus“

Lesezeit 3 Minuten

Die Königsberger Klopse sind hauptsächlich geschmacklos. Die Konsistenz der Sauce erinnert an Kleister.

Köln – Der Empfang ist vielversprechend. Draußen die lebhafte Atmosphäre des Wallrafplatz. Auf einen Kaffee nach dem Einkaufsbummel, ein Glas vor dem Theaterbesuch: Das Funkhaus scheint dafür der ideale Ort zu sein. Auch drinnen herrscht einladende Gemütlichkeit: Die Fenster sind hoch, die Theke ist hinterleuchtet, historische Fotos schaffen Atmosphäre. Der 50er-Jahre-Retro-Chic ist angelehnt an die Teestube des WDR, die hier einmal war. Danach wurde die Lokalität zum "Campi im Funkhaus", 15 Jahre lang führte die Familie Campi die Institution.

Die Maus - Nudeln mit Tomatensauce // 5 Euro

Großer gemischter Salat mit Hühnchen-Yakitori-Spießen, Erdnüssen, Kroepoek, Orangen-Ingwer-Dressing und Baguette // 10,60 Euro

Rindergulasch mit Champignons, Perlzwiebeln und Sauerrahm auf Spätzle // 13,50 Euro

Königsberger Klopse in Kapernsauce, Gemüsebrunoise und Reis // 11,70 Euro

Erdbeersorbet mit weißem Schokoladeneis // 5,90 Euro

Schoko-Duo-Torte // 3,80 Euro

Seit Anfang Mai läuft das Restaurant nun unter neuer Regie: Pächter sind Rodney Ranz und Oliver Diaz, Geschäftsführer der Schokoladenmuseum Gastronomie GmbH. Im Funkhaus steht kostenloses W-Lan zur Verfügung. Auf der Karte in Deutsch und Englisch steht viel Tee, viel Vegetarisches, den Kaffee gibt es auf Wunsch mit Sojamilch. Schaut alles durchdacht und modern aus.

Wäre da nicht das Essen. Die geschmacklosen Königsberger Klopse liegen in einer Sauce, deren Konsistenz an Kleister erinnert. Zum Rindergulasch gibt es Champignons und Perlzwiebeln nur in winzigen Mengen und die Spätzle haben soviel Geschmack wie Pappmaché. Auch der Salat mit hartem Kroepoek und Hühnchen-Yakitori-Spießen aus undefinierbaren Geflügel-Stücken ist enttäuschend. Erinnert eher an Tiefkühlkost aus den 80ern, flach, ohne Spannung, ohne Tiefe, erschlafft. Es folgt der traurige Auftritt des Desserts: Das Erdbeersorbet schmeckt künstlich, das weiße Schokoladeneis nicht nach weißer Schokolade. Vier Torten gibt es auch. Die Schoko-Duo-Torte (mit Farbstoff) sieht zwar schick aus - wirkt aber geschmacklich wie aus dem Kühlregal, ist süß, aromatisch undifferenziert.

Maus-Gericht ohne Maus

Der junge Service ist bemüht, alle Gänge kommen flott. Eigentlich gibt es eine Wochenkarte mit Gerichten, doch die Bedienung sagte bei einem unserer Besuche schulterzuckend, die wäre heute wohl nicht da. Die Nachfrage, ob man für die Kinder etwas Ketchup zu den Rostbratwürsten haben könnte, wird verneint. Die extra ohne Sprudel bestellte Apfelschorle sprudelt. Und ich bekomme ein ernstes Kindergesicht zu sehen, als beim Gericht "Die Maus - Nudeln mit Tomatensauce" nirgends eine Maus zu sehen ist. Nicht einmal auf der Serviette.

Die Auswahl an Getränken ist groß, doch Waldhimbeerschorle sollte nur trinken, wer Bonbon-Geschmack mag, der Zitronen-Eistee mit frischer Minze erinnert an das Granulat-Gebräu meiner Kindheit. Besser sieht es da bei den Alkoholika aus. Sion und Bitburger laufen vom Fass, zehn offene Weine guter Qualität gibt es (unter anderem von Meyer-Näkel, Mosbacher und Bercher), dazu viele Cocktails. Café, Restaurant und Bar will das Funkhaus sein. Allein die Bar scheint empfehlenswert. Eine Enttäuschung an diesem schönen Platz.

Fazit: Gastronomie mit Retro-Chic in Spitzenlage - nur essen braucht man hier nicht.

Bewertung: einer von sechs Weltküche-Sternen

FunkhausWallrafplatz 5, 50667 Köln,02 21/9 55 64 54 24www.funkhaus-koeln.de