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Ernährung„Snacks ersetzen heute das Essen“

Lesezeit 8 Minuten

Frau Iwan, Sie sind sehr schlank. Man könnte annehmen, dass Essen nicht gerade Mittelpunkt Ihrer Genüsse ist. Macht Ihnen Essen überhaupt Spaß?

Alexa Iwan: Ich esse sehr gerne, denn ich bin davon überzeugt, dass das Gute, das wir uns einverleiben, auch Gutes im Körper bewirken kann. Ich war schon immer so wie ich heute bin. Es gibt eben Menschen, die haben einen Genpool geerbt, mit dem es sich relativ leicht schlank bleibt. Ich gehöre dazu. Glück gehabt. Aber alles rund ums Essen fasziniert mich. Wenn ich beobachte, wie Köche mit Lebensmitteln umgehen, ist das einfach wunderbar. Viele Menschen finden es ja eklig, einen Fisch auszunehmen oder zu säubern. Köche nicht. Wenn die einen Lachs fertig machen, dann streichen sie mit der Hand immer wieder über den Fisch. Das hat was Haptisches. Das ist eben nicht nur den Lachs säubern, das ist das Entstehen einer Mahlzeit aus einer sehr wertvollen Zutat.

Sündigen Sie schon mal?

Iwan: Ich mag das Wort „Sünde“ in Bezug auf Essen nicht. Ich bin jemand, der ganz normal isst. Also esse ich auch Süßes. Wenn da eine Schüssel mit Keksen steht, dann nehme ich welche. Vielleicht drei oder vier, aber nicht gleich 27, und ich tue es auch nicht siebenmal am Tag. Ich kenne kein Heißhungergefühl – auch nicht auf Süßes. Ich koche jeden Tag, oft sogar zwei Mal, esse absolut regelmäßig und lasse keine Mahlzeit aus.

Ihr Tagesablauf und das Einhalten der Mahlzeiten klingt nach großer Disziplin.

Iwan: Stimmt, ich bin ein sehr disziplinierter Mensch, obwohl ich sehr freigeistig erzogen wurde. Ich bin sehr strukturiert in allem, was ich tue. Möglicherweise übertrage ich das teilweise auch aufs Essen. Ich bin davon überzeugt, dass geregelte Mahlzeiten wichtig und gesund sind.

Experten analysieren Essverhalten und Lebensstil:

Prof. Dr. Arno Dormann, Ernährungsmediziner und Gastroenterologe, gelistet auf der Focus-Ärzteliste

Alexa Iwan, Ernährungswissenschaftlerin, Fernseh- und Rundfunk-Moderatorin und Buchautorin

Dr. Manfred Lütz, Psychiater, Arzt und Bestseller-Autor

Moderation: Marie-Anne Schlolaut Im Foyer des Gürzenich werden den Gästen vor der Veranstaltung und in der Pause Informationen und kulinarische Snacks angeboten. Kunden der Pronova BKK erhalten am Stand der Pronova einen Gutschein für ein Fingerfood ihrer Wahl.

Im Foyer mit dabei sind:Gewürzladen „Safran“Genuss-Manufaktur „Weckzeit“Teeladen „Liquid Health“Bio-Gourmetladen Herr Riester – Laden für Genießer, Marzipanstudio Rieger und andere sowie Literatur zu den diversen Themen

Karten: 15,85 Euro inkl. VVK, 13,25 Euro inkl. VVK für Abocard-Inhaber und Kunden der Pronova BKK. Ab sofort erhältlich im Servicecenter des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Breite Straße 72, Köln, Kölnticket: 0221/ 2801

www.koelnticket.de

Was macht für Sie qualitativ gutes Essen aus und wo kaufen Sie ein?

Iwan: Ich möchte den Weg zurückverfolgen können, woher die Nahrung kommt. Ich kaufe einiges im Bioladen, aber längst nicht alles. Obst, Gemüse, Milch, Eier, Öl dürfen bei mir gerne bio sein. Süßigkeiten nicht. Ich kaufe kein Fleisch aus Massentierhaltung. Das finde ich furchtbar. Jeder sollte sich fragen, was ihm persönlich wichtig ist und eben danach handeln. Mir sind nun mal gute Lebensmittel sehr wichtig, deshalb gehe ich dorthin, wo ich gute Qualität bekomme. Diese Entscheidung ist ein bewusster Prozess gewesen.

Das sagt sich leicht, wenn man Zeit und Geld hat.

Iwan: Also, viel Zeit habe ich wirklich nicht! Und ich käme nie auf die Idee, jemanden, der Alleinverdiener ist und eine Familie ernähren muss, vorzuschreiben, wo er einzukaufen hat. Jeder muss rechnen. Was ich erreichen möchte ist, dass sich die Menschen bewusst für oder gegen etwas entscheiden. Doch egal, welche Empfehlungen ich gebe, sie müssen praktikabel und alltagstauglich sein. Deshalb tue ich mich auch schwer mit Trends wie der veganen Küche. Vegan ist ja prima, wenn ich nur für mich sorgen muss. Aber um eine ganze Familie vegan zu ernähren, braucht man schon einiges an Zeit, Willen, Überlegung, Wissen und Kochverständnis. Im Alltag mit Beruf, Kindern und Haushalt finde ich das eher schwierig.

Greifen Sie schon mal zu Billigprodukten?

Iwan: Ja, ich gehe auch schon mal zu den Discountern, die führen ja mittlerweile Bio-Produkte. Aber das tue ich eher selten. Ich trau’ dem Braten nicht. Für viele Menschen sind Bioprodukte bei Discountern aber vielleicht der Einstieg zu bewusstem Konsum. Deshalb ermutige ich durchaus, so anzufangen. Bei Discountern würde ich aber nie abgepackte Wurst oder Eier kaufen – nie!

Und was würden Sie nie essen?

Iwan: Ich probiere fast alles, schon von Berufs wegen, damit ich mitreden kann. Aber grundsätzlich esse ich weniger Dinge, die mir nichts nützen. Ich war vor kurzem in den USA und musste schwer schlucken, als ich das unfassbare Sortiment an Fertigessen gesehen habe, diese Endlos-Angebote an Tiefkühlkost, Torten und Kuchen in den künstlichsten Farben. Das meiste davon würde ich nicht kaufen oder essen, denn da sind keine guten Nährstoffe drin. Das Zeug macht vielleicht satt, aber mehr auch nicht.

Inwiefern?

Iwan: Wer sich die Mühe macht und auf den Packungen nachliest, der sieht, dass eine Fertig-Lasagne in der Regel nicht ohne Zusatzstoffe auskommt. Das sind zum großen Teil Stoffe, die man selbst niemals in sein Essen geben würde. Mir verdirbt sowas direkt den Appetit. Und ich finde auch nicht, dass diese Produkte wirklich gut schmecken. Grundsätzlich habe ich ja gar nichts gegen ein bisschen Convenience – man muss es nur clever anstellen. Ich kaufe durchaus mal einen fertigen Pizzateig aus dem Kühlregal, aber ich belege die Pizza immer noch selbst. Das kostet relativ wenig Zeit und ist ein gesundes Mittagessen. Wieso sollte ich mir stattdessen eine tiefgefrorene Pizza kaufen und das Risiko eingehen Analogkäse zu essen?

Um Fastfood-Restaurants machen Sie natürlich einen großen Bogen?

Iwan: Mein Sohn ist 16 und meine Tochter zwölf. Natürlich ist bei denen Fastfood ein Thema. Ich verbiete es nicht, gehe mitunter mit und esse dort etwas. Wenn ein Burger gut gemacht ist – das gibt es durchaus – dann esse ich auch mal einen Burger. Warum nicht? Immer noch besser als Asiasuppe aus der Tüte. Aber ich frage mich, was es mit Genuss zu tun haben soll, wenn ich mit einer Plastikgabel aus einer Plastikschüssel esse und nach jeder Mahlzeit einen Haufen Müll hinterlasse.

In Restaurants gehen Sie lieber?

Iwan: Ich gehe gern in Restaurants, allerdings ich weiß auch ganz genau, wie in Restaurants gekocht wird. In vielen kann man getrost auf den Salat verzichten, den kann man sich zu Hause besser selbst machen. Aber ein Wiener Schnitzel oder eine Scholle bestelle ich mir gerne im Restaurant.

Was machen Sie denn, wenn die Speisekarte nicht Ihren Vorstellungen entspricht?

Iwan: Ich versuche schon mal, in einzelnen Gerichten etwas umzustellen oder Beilagen zu tauschen, aber ich möchte nicht unangenehm auffallen. Man kann sich mit seinen Sonderwünschen auch schnell ins Abseits schießen. Grundsätzlich sehe ich es so: wenn ich mich zu 80 Prozent gesund ernähre, dann machen mich die letzten 20 Prozent auch nicht krank. Also kann man schon mal ein Auge zudrücken. Wenn allerdings ein Essen im Restaurant handwerklich schlecht gekocht ist, dann lasse ich es zurückgehen und sage das auch ganz deutlich.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Verführungen auf dem Lebensmittelmarkt?

Iwan: Dass wir ständig und überall etwas essen können. Viele Menschen haben gar kein Gefühl mehr für geregelte Mahlzeiten, weil sie keine Essenspausen mehr machen. Der Klassiker ist: Ohne Frühstück aus dem Haus, im Auto das erste Bonbon und im Büro stehen dann die Schüsseln mit den Plätzchen und Gummibärchen. Da wird natürlich ordentlich zugriffen. Und wenn man diese Menschen dann mittags fragt, sagen viele: Nee, heute habe ich eigentlich noch gar nichts gegessen. Snacken ersetzt heute das Essen und das ist gefährlich, weil es unbewusst geschieht. Man merkt gar nicht mehr, was und wie viel man sich in den Mund steckt. Zweite Falle: Fertigprodukte. Packung aufreißen, Mikrowelle an, fertig. Auch das hat nichts mit bewusster Ernährung zu tun, abgesehen davon, dass man keinen Einfluss auf die Zutaten hat.

Was empfehlen Sie denen, die sich auch so eine gute Figur wünschen wie Sie sie haben?

Iwan: Langsam anfangen. Abnehmen ist ein langer und nicht ganz einfacher Prozess. Es gehören ein starker Wille und viel Disziplin dazu. Erst, wenn man sich wirklich entschlossen hat, diesen Weg zu gehen, dann können wir anfangen, darüber zu reden. Ich empfehle immer nur eine Sache pro Woche im Essverhalten zu ändern. So haben Körper und Geist genug Zeit sich an die Veränderung zu gewöhnen. Klar geht es dadurch nur langsam voran, aber alles andere halte ich für unrealistisch. Und eins sollte man von vorne herein akzeptieren: Jeder Mensch hat einen anderen Körperbau und andere Gene. Es bringt nichts, irgendwelchen Idealen hinterher zu rennen. Wir sollten stattdessen lernen mit dem, was wir selber mitbringen und was uns persönlich ausmacht, sorgsam umzugehen und irgendwann auch zufrieden zu sein.

Das Gespräch führte Marie-Anne Schlolaut

Alexa Iwan: „Jede Frau kann schlanker werden – Das Anti-Diät-Buch“

www.alexaiwan.de

www.youtube.com/user/alexaiwan