Whisky-Tasting in KölnWow-Effekt im Mund

Chocolatier Daniel Schumer kreiert für jede Whiskysorte passende Pralinenrezepte.
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Daniel Schumer nimmt es sehr genau. Mit viel Hingabe und Präzision platziert der Chocolatier seine Pralinenkreationen auf einem vorbereiteten Teller. Jede Praline, so scheint es, hat ihren ganz fixen Platz. „Den muss sie auch haben“, sagt Schumer. Denn jede einzelne seiner Schokokreationen passt genau nur zu einer einzigen der acht Whiskysorten, die er an diesem Abend gemeinsam mit Whisky-Connaisseur Marc Glissmann den Gästen in Cadenhead’s Tastingroom in Köln-Sülz anbieten wird.
„In der richtigen Kombination sind Whisky und Schokolade einfach ein ganz besonderes Geschmackserlebnis“, schwärmt Schumer und spricht von einer „wunderbaren Symbiose“. Denn über die Schokolade ließen sich im Whisky viel mehr Aromen wahrnehmen – und umgekehrt auch. Um diese Geschmackserlebnisse zu ermöglichen, komme es bei der Verkostung ganz besonders aufs Timing an. Eine goldene Regel sei es deshalb, dass seine Gäste immer zuerst die Pralinen probieren müssen und dann erst erfahren, welche Zutaten er für die unterschiedlichen Ganaches, die cremigen Füllungen, ausgewählt hat. „Nur so können sie sich wirklich auf das aktuelle Geschmackserlebnis konzentrieren – frei von Vorurteilen, die sie vielleicht aus der Erinnerung an ein bestimmtes Aroma haben“, sagt Schumer. Ein bisschen sei es so, als bringe man dem Geschmack so bei, sich neu zu entdecken.
Sich geschmacklich neu zu entdecken – das ist eine Erfahrung, die Schumer selbst machte, als er 2006 seine Arbeit beim Whisky-Spezialisten Cadenhead’s in Sülz antrat. Seine Stelle als Patissier und Chocolatier hatte er damals wegen starker Bandscheibenprobleme aufgeben müssen und war deshalb in den kaufmännischen Bereich gewechselt. „Mit Whisky kannte ich mich nicht wirklich aus“, gesteht er mit einem Schmunzeln. „Ich konnte immer nur sagen: Schmeckt mir oder schmeckt mir nicht. Aber was es genau war, das mir schmeckte, konnte ich nicht benennen.“
Das kam erst mit der Erfahrung nach vier bis fünf Jahren – und vor allem durch die hervorragende „Lehre“ , die er bei seinem Mentor Marc Glissmann durchlief. Erst von ihm habe er die vielfältigen Feinheiten eines guten Whiskys schätzen gelernt. „Whisky kann mit geschmacklichen Kombinationen aufwarten, die es in keinem anderen Lebensmittel gibt“, gerät Schumer fast ins Schwärmen. Er könne etwa rauchig und fruchtig sein und gleichzeitig eine Nougat-Note haben. Um diese Feinheiten aus einem Naturprodukt aus Hefe, Wasser und Braugerste herauszukitzeln, brauche es freilich bei der Herstellung viel Know-how – genau das aber mache einen guten Whisky aus, weiß Schumer nach acht Jahren bei Cadenhead’s .
Um diese Feinheiten besser herauszuschmecken, sei eben Schokolade ein wunderbares und schmackhaftes Vehikel. Den in London und Solingen ausgebildeten Chocolatier freut das. Denn so kann er bei der Herstellung der hausgemachten Pralinen für die Verkostungen doch wieder ein Stück seiner Kreativität ausleben. Ausgangspunkt für seine Rezeptkreationen ist immer eine Note, die bereits im Whisky vorkommt. Mit ihr beginnt Schumer dann zu experimentieren: Welche anderen Aromen, Gewürze, Blätter, Pflanzen – allesamt übrigens eigenhändig von Schumer in der Natur gepflückt – passen dazu? Wie lassen sie sich zu einer cremigen Ganache verarbeiten, die entweder eine perfekte Harmonie mit dem Whisky erzeugt oder aber einen geschmacklich interessanten Kontrast? „Ich muss gute Laune haben, glücklich sein und Hunger haben, um guten Geschmack zu produzieren“, erzählt Schumer und lacht.
Das alles muss wohl zusammengekommen sein, als er an dem Rezept für eine Praline arbeitete, die zum Yellowstripe-Whisky passen sollte. „Das ist ein 17 Jahre alter Blended-Whisky. Normalerweise gibt es bei Blended-Whiskys zwar keine Altersangabe, aber es handelt sich um eine spezielle Abfüllung, die eine leicht cremige, fruchtige Zitrus-Vanille-Note hat“, erklärt Schumer. Schnell war ihm klar, dass dies gut mit der Zitronenfrische einer Verbene (Eisenkraut) harmonieren würde, zumal diese die Süße der Schokolade abfange.Doch das reichte Schumer noch nicht. Er ergänzte einen Hauch von feinem Jasmin – extrahiert aus den Blüten des Nachtjasmin – und war begeistert. „Das war wie eine Geschmacksexplosion im Mund“, erinnert er sich. „Man konnte das Jasmin-Aroma nicht nur schmecken, sondern auch riechen, was das Geschmackserlebnis noch mal verstärkt hat.“ Weitere Rezepte aber will Schumer nicht preisgeben. Schließlich will er den Besuchern seiner Tastings nicht den geschmacklichen Wow-Effekt vorwegnehmen.