Geschnitten Brot im Kölner SüdenStullen mit Aufschnitt aus der Eifel

Appetitlich: Das namensgebende Produkt
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Innenstadt – Nach anfänglichen Zweifeln schätzt Birgit Winterberg die Lotto-Annahmestelle, die sie von ihrem Vormieter übernommen hat. „Ich hatte ja nicht vor, einen Kiosk aufzumachen“, sagt sie. Und wirklich, mit einem Büdchen hat ihr Café mit dem programmatischen Namen Geschnitten Brot wenig gemein. Außer eben den Tresen im hinteren Eck mit Lotto-Schriftzug, Spielscheinen und einer Kasse für die Annahme der Wetten. Vorne verkauft Winterberg regionale Brote, belegt mit regionalen Erzeugnissen, die zum Teil aus ihrem eigenen Garten stammen, zum Teil von Eifeler Bauernhöfen. „Wurstlastig“ nennt sie ihr Angebot, wenngleich sich auch vegane Varianten auf der kleinen Karte finden. Sie serviert an der Alteburger Straße Latte Macchiatio, abends Szene-Biersorten und Wein.
Die Lotto-Annahme beschert ihr auch ältere Kunden, die schon mal einen Eierlikör trinken. „Manchen würde ich gerne raten, ihre sicher schmale Rente nicht für Glücksspiel auszugeben“, sagt sie. Macht sie aber nicht, eine gute Gastgeberin wahrt Distanz. Doch über die bunte Mischung, die sich bei ihr im Laden mitunter einfindet, freut sie sich. Typisch Südstadt eben: „Das ist mein Umfeld. Irgendwo anders hätte ich den Laden gar nicht aufgemacht“, schwört sie.

Johanna (l.) und Birgit Winterberg (M.) mit Helferin im Café mit angeschlossener Wettannahme.
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Viele Gäste kennt sie persönlich. 15 Jahre Filmbranche, 30 Jahre Südstadt – Winterberg ist gut vernetzt im kreativen Milieu. Der Neuanfang habe sie viel Mut gekostet. Veränderungen bei ihrem vorigen Arbeitgeber hatten ihn notwendig gemacht. „Und dann stehst du da, mit 50“, sagt sie.
Sie hatte ein wenig geerbt. Die Lotto-Bude entdeckte sie über eine Kleinanzeige. Der erste Eindruck war zwar wenig ermutigend. Doch sie wagt es. Zunächst entsorgt Winterberg zwei Container voll Schrott, baut komplett um, beantragt die Konzession für ein Café. Die Hauseigentümer, zwei Privatleute, sind kooperativ. Im Ämterdschungel kennt sie sich nun auch aus. Anfang August ist Geschnitten Brot fertig. Die Idee für den Namen hatte Winterbergs Tochter Johanna, die hin und wieder im Laden aushilft. Und er passt: Das Konzept ist wichtig. Keine Brötchen, keine Croissants – eine einzige Roggenbrotsorte aus der Eifel ist im Angebot. „Wir machen kein großes Küchenzauberwerk“, ergänzt sie. Belegt werden die Stullen mit Ziegenkäse und Wurst, ebenfalls aus der Eifel, verfeinert mit Kresse aus dem Garten, mit selbst gemachtem Tomaten- oder Apfel-Sellerie-Chutney. Salate, Suppen, Kalter Hund und andere, einfache Kuchen runden die Speisekarte ab.
Auch bei der Inneneinrichtung ihres Cafés setzt Winterberg auf Eifeler Erzeugnisse. Alle Tischplatten und sogar die Theke sind aus einer dort gefällten Birke geschreinert.
Die Arbeit macht ihr großen Spaß. „Das ist mehr als ein Laden“, sagt sie. Lesungen, Konzerte, private Feiern hat sie zwischen den Stullen schon ausgerichtet. Noch schließt sie das Café abends um 18.30 Uhr. Vielleicht werden die Zeiten im Sommer aber ausgeweitet. Zwölf Plätze auf dem Bürgersteig sind bereits genehmigt.
Die Einrichtung der Lotto-Annahme hat Winterberg ebenfalls an ihre Vorstellungen angepasst. Die wuchtigen Plexiglashalter für die Spielscheine stellt die Lotto-Gesellschaft zur Verfügung. Winterberg griff kurzerhand zur Säge und reduzierte ihren Platzbedarf drastisch, sonst hätte sie das Interieur wohl kaum übernehmen wollen. Besonders dankbar dürften ihr dafür zwei der älteren Lottospieler sein. Birgit Winterberg hat diskret beobachtet, wie sich die beiden Alleinstehenden beim Glücksspiel im Geschnitten Brot näher kamen.