Lauschige Plätze in KölnEin Stück eigener Garten im Süden der Stadt

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Bunte Stühle im begrünten Innenhof

Bunte Stühle im begrünten Innenhof

  • Bewirtete Hinterhöfe, Restaurant-Tische inmitten einer Blütenpracht und idyllische Gärtchen zum Speisen und Verweilen gibt es in Köln viel mehr als man denkt.
  • In dieser Folge: Die „L’Imprimerie“ in Bayenthal wird nach dem Tod des Patron von seiner Frau weitergeführt.

Köln – Die üppigen Hortensien auf der wild bewachsenen Terrasse des sehen ein bisschen traurig aus, was der Trockenheit der letzten Wochen geschuldet ist. Sylvia Jutrin hingegen lächelt, als wäre nichts geschehen. Genau so soll es sich für die Gäste des L’Imprimerie auch anfühlen. „Es ist im Sinn von Gilles, dass das hier am Leben erhalten wird“, sagt die Witwe von Gilles Berthier.

Der Franzose war am 16. August im Alter von 72 Jahren verstorben. 23 Jahre lang hat der gebürtige Pariser in seinem Restaurant in Bayenthal in der Küche gestanden und den Gästen unter anderem seine Coquilles Saint Jacques in Curry (20,50 Euro) oder in Champagner (35 Euro) zubereitet. Diese beiden Muschelgerichte sowie die übrigen Klassiker wird es auch weiterhin geben. Massimo Toplicar, der seit Anfang an zum Betrieb gehört und längst Familienmitglied geworden ist, wird die Brasserie gemeinsam mit Sylvia Jutrin weiterführen.

Die 64-jährige Belgierin hat bereits Jahre bevor der zeitlebens als eigenwillig geltende Gilles Berthier sein „Champbrune“ in Braunsfeld eröffnete, im Restaurant von Franz Keller auf der Aachener Straße im Service gearbeitet. Dass ihr Mann etwas Brummiges an sich hatte, streitet sie nicht ab. „Es gibt Leute, die uns lieben, und andere, die uns weniger mögen“, sagt sie lächelnd. „Aber so ist das, wenn man authentisch ist“, und das sei Gilles zeitlebens gewesen.

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„Der hat Prinzipien gehabt. Die hat er voll durchgezogen. Wenn man das akzeptierte, war alles wunderbar. Aber wenn er im Unrecht war, was auch schon mal passierte, konnte er das auch zugeben.“

Als das Ehepaar die seit Jahren leerstehenden Räumlichkeiten einer Druckerei im Kölner Süden übernahm, „haben uns alle für verrückt gehalten“. Ein Restaurant – oder besser gesagt: eine Brasserie in der Größenordnung habe man bis dato bei Brauhäusern gekannt. Den bekanntermaßen ruppigen Ton eines Köbes konnte Gilles Berthier allerdings noch toppen; etwa wenn Gäste an einem Tisch mehrere Rechnungen ausgestellt haben wollten.

Gleichwohl standen sich die Leute in den 90er Jahren die Beine in den Bauch, um in der L’Imprimerie einen Platz zu bekommen. Man liebte die besondere Atmosphäre, sagt Jutrin, und sie liebte die Mischung von Menschen, die es heute nicht mehr so gibt.

Wildfang und Pershühner

Vor der Euro-Umstellung seien „die Preise noch ziviler“ gewesen, weil die Ware noch nicht so teuer war, wie heute. Bei der Qualität mag man dennoch keine Abstriche machen. „Wir haben nur Wildfang“, sagt die Patronin, „und unsere französischen Perlhühner haben eine Qualität wie in Sterne-Restaurants“.

Wenn die L’Imprimerie eines wäre, sähe freilich auch der Innenhof anders aus. Aufeinander getürmte Holzpaletten mit leeren Blumentöpfen, Säcke mit Blumenerde und andere Gartenutensilien würden dann nicht herumliegen und manchem Gast suggerieren, er säße im eigenen Garten. Aber dort bekäme er nicht die Austern „spezial“ (sechs Stück um die 30 Euro) oder die Muscheln von dem Lieferanten, den Gilles monatelang umgarnen musste.

Dass Gilles Berthier kein „Pinzettenkoch“ war, wie seine Witwe die junge Generation am Herd nennt, muss man nicht extra betonen. „Er liebte alles, was gut war“, Foie gras mit Brioche und Schalottenkonfitüre (23 Euro) oder Kalbszunge mit Kapern-Vinaigrette (14,50 Euro) inklusive.

Brasserie L’Imprimerie, Cäsarstraße 58. Telefon: 0221/3481301 Öffnungszeiten: Dienstags bis freitags von 12 bis 14.30 Uhr, dienstags bis samstags ab 18.30 Uhr

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