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Restaurants-KritikenDas sind unsere Restaurants des Jahres in Köln

Lesezeit 8 Minuten

Im Ox & Klee gibt es die passenden Plätzchen zum Abschluss.

Köln – Kann ein Kartoffel-Gurken-Salat glücklich machen? Ja, und wie! Wenn er von Michael Scherz zubereitet wird, der zeigt, wie aus vermeintlich einfachen, aber hochwertigen Zutaten Gerichte entstehen, die glücklich machen. Scherz’ Können und Kreativität sind der Grund, warum wir sein Haus zum „Kölner Restaurant des Jahres“ ausrufen.

„Grande Milano“ schließt nach Tod des Inhabers

Für die Gastronomie der Stadt gab es 2015 aber auch Nachrichten, die kein Grund zur Freude gaben: „Grande Milano“-Chefkoch und Inhaber Alessandro Minotti, ein Pionier der feinen, norditalienischen Küche in Köln verstarb, nach 30 Jahren wurde das Restaurant geschlossen. Minottis Risotto mit Alba-Trüffeln zählte zu den absoluten Musst-Eats. Das „Grande Milano“ wird fehlen, ebenso wie „La Poêle d’Or“ und „Bistrot B“ von Sternekoch Jean-Claude Bado. Bedauerlich bei aktuellen Akteuren der Top-Gastronomie: Das hoffnungsvoll mit veganem Menü neu gestartete Restaurant des „Rotonda Business Clubs“ ist kulinarisch zurückgerudert; „Zur Tant“ hat die Chance zur eigenen Neuerfindung durch den Wechsel in der Küche bisher nicht genutzt.

Edles Streetfood boomt

Vom Teller auf die Hand – so könnte man den Wandel der kulinarischen Szene beschreiben. Edles Streetfood boomt. Kaum eine Woche, in der nicht irgendwo in Köln ein neuer Burgerladen aufmacht. Auch gegrillt wird mehr denn je. Das Leben als Restaurateur mit à la carte ist nicht einfacher geworden, ganz im Gegenteil: Bürokratische Hürden wie Dokumentationen und Arbeitszeitbeschränkungen treffen das Gewerbe hart, viele strichen den Mittagstisch. Selbst Deutschlands bestes Restaurant, das „Vendôme“ in Bensberg, hat mittags nur noch am Wochenende auf. Dazu kommt, dass in Küche wie Service gute Arbeitskräfte rar geworden sind.

„Ox & Klee“ erhält einen Michelin-Stern

Früher war es fraglos leichter, in Deutschland ein Restaurant zu führen – umso größer der Respekt vor denen, die es heutzutage erfolgreich schaffen. Mit dem „Ox & Klee“ wurde sogar einem weiteren Kölner Haus ein Michelin-Stern verliehen – für eine Großstadt sind es insgesamt aber immer noch zu wenige. Im Vergleich zu Berlin, Hamburg, ja sogar gegenüber dem eher verschnarchten München und Düsseldorf hängt Köln kulinarisch hinterher. Neugründungen und Innovationen sind selten, dabei isst der Kölner gerne und durchaus auch gut. Zwei spezielle Erwähnungen zum Schluss: Die merkwürdigste Dependance des Jahres unterhält das großartige „Pure White“, dessen „Pure White Food Club“ um die Ecke liegt und sehr Ähnliches bietet. Den schrulligsten Restaurantname des Jahres hat sich der ehemalige „Fette Kuh“-Macher Stuart Barlow ausgedacht: „Dicker Hund“. Als Nächstes folgt sicher die „Mopsige Maus“.

Mehr zum Restaurant des Jahres erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Restaurant des Jahres: „Scherz“

Aufgabe der Spitzenköche, auch der im Streetfood, wird immer mehr, gute, möglichst regionale Zutaten zu finden und deren Herkunft auf der Karte zu dokumentieren. Der Gast möchte heutzutage wissen, wo vor allem Fleisch und Fisch herkommen. Michael Scherz kocht in seinem Restaurant österreichisch, bezieht aber auch vieles regional, wie zum Beispiel „Weinbergschnecken von Frau Dickel aus Moers“. Scherz legt extremen Wert auf die Grundprodukte, da steht die Qualität über allem. Das überragende Backhendl stammt vom Label Rouge Freiland Huhn, das Kalb des idealtypischen Wiener Schnitzels von der Rinderrasse Blonde d’Aquitaine aus dem Baskenland. Den Titel „Restaurant des Jahres“ erhält das „Scherz“ aber nicht nur wegen den aus tiefster Überzeugung gekochten Klassikern, sondern wegen der Weiterentwicklung der österreichischen Küche. So gibt es gebratenes Herz vom Limousin Rind mit Madeirajus oder Onsenei mit Trüffelperlen.

Beste Zutaten und günstige Weine

Aromatisch zupackend ist diese Küche, kraftvoll, und niemals gekünstelt. Sie hat es auch gar nicht nötig auf Show-Effekte zu setzen – weil sie im Konzept großartig und eigenständig ist. Der mit Strohrum in der Küche flambierte Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster ist ein kleines Stückchen Himmel auf dem Teller. Einfach schlemmen und glücklich sein! Zugegeben – man sitzt beengt, es gibt nur wenige Plätze, die Wände sind kahl, die Atmosphäre ist ausbaufähig. Doch Essen und (österreichische) Weine, die sehr niedrig kalkuliert sind, machen alles mehr als wett. Beste Zutaten, Zubereitung aus Leidenschaft, glanzvolle Kombinationen. Besser kann man kaum österreichisch kochen!

Wo: Scherz Restaurant, Berrenrather Str. 242, 50939 Köln-Sülz, 0221/16929440Wann: Di-Fr 12-15 Uhr und 18-22.30 Uhr, Sa 17- 23 Uhr, So 11.30-17 Uhrwww.scherzrestaurant.de

Wem die Restaurant-Neueröffnung des Jahres glückte, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Restaurant-Eröffnung des Jahres: „Bunte Burger“

Regionale Zutaten aus ökologischem Landbau, keinerlei Zusatzstoffe (z.B. Aromastoffe, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe), Ökostrom, kinderfreundlich, als Geldinstitut wählte man die Ethik Bank, alles ist vegan. Das Konzept der „Bunte Burger Food Bar“ ist so konsequent, dass die Speisen eigentlich unmöglich schmecken können. Tun sie aber! Und Köln (viel zu selten an der Spitze kulinarischer Trends) kann sich rühmen, das erste vegane Bio-Burger-Restaurant Deutschlands zu haben. Und ein Restaurant ist es wirklich, keine Burger-Bude. Tische sollte man (in Stoßzeiten) vorsorglich reservieren, die Getränkekarte ist durchdacht (viele Spirituosen, Weine unter anderem vom Spitzenweingut Leiner), und es gibt sogar einen Gruß aus der Küche.

Saisionale Gerichte ergänzen die Karte

Jahreszeitlich kommen Gerichte wie Maronen-Creme-Suppe, Lebkuchen-Tiramisu oder der Frau-Holle-Winter-Burger zur normalen Karte. Der hier servierte teuerste vegane Burger der Welt für 159 Euro (mit Blattgold) ist natürlich nur ein PR-Gag – bestellt hat den „Esst-Ethik Gourmet Burger“, dessen Gewinn komplett gespendet würde, nämlich noch keiner. Das müsste auch zwei Tage vorher geschehen. Natürlich schmeckt ein Burger mit einem Bratling aus Polenta, Seitan, Kichererbsen oder Basmatireis anders als einer aus Rindfleisch – aber eben herzhaft und gut. Es gibt auch Salate, handgeschnittene Pommes mit Dips (Zitronengras-Aioli ist fein abgeschmeckt) und Desserts. Der Service ist sehr nett, natürlich wird man geduzt und beim Rausgehen denkt man: Ein gutes Gewissen kann wirklich lecker sein.

Wo: Bunte Burger, Hospeltstraße 1, 50825 Köln-Ehrenfeld, 0221/595 560 88, Wann: Di-Do 17-22.30 Uhr, Fr/Sa 12-23 Uhr, So 12-22 Uhrwww.bunteburger.de

Wer den Titel Fine Dining des Jahres holte, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Fine Dining des Jahres: „Le Gourmet“

Das klassische Gourmet-Restaurant mit gestärkten Tischdecken, Silberbesteck, teuren Gläsern, einer großen Weinkarte, einem Käsewagen, und natürlich großen Menüs plus Amuse-bouches und Petits fours ist eine bedrohte Art. Was eine Schande ist, denn diese Art der Küche ist eine ganz besondere kulturelle Errungenschaft, im Idealfall wird Kochen hier wirklich zur Kunst. Und gemessen an den Personal- und Warenkosten die solch eine Küche fordert, sind die Preise in Deutschland geradezu günstig. Das im November 2014 neu eröffnete „Le Gourmet“ in Niederkassel ist dafür exemplarisch. Der junge Benedikt Frechen kocht hier souverän und kreativ auf – und das zu Preisen, die nur geringfügig über denen eines gehobenen Restaurants liegen. Auch die Weinkarte ist äußerst fair kalkuliert, viele Flaschen liegen unter 30 Euro. Die Fahrt nach Niederkassel sollte man deshalb mal auf sich nehmen und einen besonderen Abend hier verbringen.

Essbare Steine und Sonnenblumeneis

Frechens Küche ist optisch anregend, modern ohne anstrengend zu sein, und in den besten Momenten sogar augenzwinkernd, etwa bei seinen Essbaren Steinen, Sonnenblumeneis oder Pastinaken im Dessert. Lassen Sie sich nicht abschrecken von den Beschreibungen der Gänge. „Tatar vom Kalbsfilet / Eigelbcreme / Kaviar / Umeshu-Schalottengel / Brotchips / Feldsalatemulsion / Steckrübenperlen / Rote Beete Perlen / Pastinakenperlen“ klingt wie eine Versuchsanordnung, ist am Gaumen aber ebenso überraschend wie schlüssig. Cremige, salzige und vegetale Elemente finden zu einer wunderbaren Einheit. Auch Gänsestopfleber, Schokolade und Fichtennadeln passen in Niederkassel bestens zusammen.

Wo: Le Gourmet im Hotel Clostermanns Hof, Heerstraße, 53859 Niederkassel-Uckendorf, 02208/94800Wann: Mittwoch bis Sonntag von 18-22.30 Uhrwww.clostermannshof.de

Wo es das Streetfood des Jahres gibt, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Streetfood des Jahres: „Pigbull Barbecue“

Vor einiger Zeit wusste das kulinarische Deutschland noch nicht, was Pulled Pork überhaupt ist – nun ist es wortwörtlich in aller Munde. Selbst Spitzenköche setzen Smoker ein und präsentieren das saftige, gezupfte Fleisch. Auch im „Pigbull Barbecue“ steht mit Sebastian Franke ein Spitzenkoch hinter dem Tresen (Ex-„Werkshase“) und mit Maximilian Lorenz ein anderer in seinem Restaurant „L’Escalier“ (und bereitet die Saucen zu). Deshalb hat hier alles solch unglaubliche Qualität. Das „Spicy Louisiana Pulled Pork“ ist 24 Stunden lang marinierter Schweinenacken, der dann 16 Stunden über Kirsch-, Apfel- und Hickoryholz gesmoked wird (im Smoker aus Oklahoma). Fast Food ist das also keineswegs, ganz im Gegenteil, viel langsamer geht eine Zubereitung nicht. Serviert wird es mit salzig-saurem Coleslaw in einem wunderbar soften und süßen Brioche-Bun. Noch besser das „Sweet 'n' Salty Beef Brisket“ von der Limousin-Rinderbrust aus der Eifel! Auch deutschlandweit ist beides Spitze.

Pastrami im Pigbull BBQ

Seine Dynamik hat das Duo Franke/Lorenz bewiesen, als es auch noch Pastrami nach Köln holte – in den USA ist diese Spezialität seit Ewigkeiten Kult. Und das erst 2015 gegründete „Pigbull BBQ“ entwickelt sich stetig weiter, bietet neuerdings auch geschmortes Ochsenbäckchen mit Preiselbeermayonnaise und Rotkrautsalat, weihnachtlich gewürzt. Viel mehr steht nicht auf der Karte. Reicht aber auch. All das wird in einem Rock’n’Roll-Ambiente serviert, in das Sebastian Franke wie die Faust aufs Auge passt: tätowierte Unterarme, Bart, Rockabilly-Frisur – und laute Musik, die er selbst zusammengestellt hat. Rock on!

Wo: Pigbull BBQ, Aachener Straße 51, Köln-Belgisches ViertelWann: So-Do 11.30-22.30 Uhr, Fr/Sa und vor Feiertagen 11.30-1 Uhrwww.pig-bull-bbq.de