WürttembergSechs Weine aus der viertgrößten Weinregion Deutschlands

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Weinregion Württemberg Zimmerle

Württemberg ist die viertgrößte Weinregion Deutschlands.

Wer im Freundeskreis nach Württemberg fragt, hört wohl selten das Wort „Genussregion“. Da fallen höchstens Schlagworte wie Schwaben, Kehrwoche und Pfenningfuchserei, große Automarken werden genannt und dem ein oder anderen kommen Maultaschen und Trollinger in den Sinn. In der Menge der 13 deutschen Anbaugebieten ist Württemberg die große Unbekannte – obwohl die viertgrößte Weinregion. Das mag viele Gründe haben, an Qualität und Originalität der Weine liegt es sicher nicht.

Denn während in anderen Regionen schon der als Trendsetter gilt, wer tätowiert und mit Hipster-Bart durch die Gegend läuft,schaffen die Schwaben im Stillen und zwar mit den ihnen zugeschriebenen Eigenschaften: leidenschaftlich, unaufgeregt und mit handwerklicher Perfektion. Die Weinregion zwischen Heilbronn und Tübingen verdient eindeutig mehr Aufmerksamkeit.

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Winzer Jens Zimmerle mit seiner Frau.

Württemberg ist ein Kuriosum in der deutschen Konkurrenz. Hier sind Rebsorten Trumpf, die nirgendwo sonst eine große Rolle spielen. Einige davon sind für süffige Alltagsweine bekannt. Da wäre der hellrote und unkomplizierte Trollinger, der in den Besenwirtschaften und Gasthäusern zum „Viertele schlotzen“ einlädt. Aber auch Neuzüchtungen werden erfolgreich kultiviert. Dem schwäbischen Tüftlergeist sei es gedankt, dass an der staatlichen Versuchsanstalt für Weinbau in Weinsberg unzählige neue Rebsorten entstanden sind. Die Bekanntesten Württemberger Kreationen sind die roten Sorten Dornfelder und Acolon sowie der weiße Kerner, die einen größeren Teil der Rebflächen heute einnehmen.

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Lemberger als Aushängeschild

Ein anderes Qualitäts-Kaliber ist der rote Lemberger, der in Österreich als Blaufränkisch firmiert. Fast alle deutschen Lemberger Reben wachsen in den Tallagen entlang des Neckars, geschützt von Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Hier reifen sie zuverlässig aus. Es entstehen kräftige Rotweine, die die Winzer geschickt in besten Eichenholzfässern ausbauen. Mit dem kräftigen Tanningerüst gelten sie als Deutsche Cabernet Sauvignons. Eine Bereicherung zum sonst hierzulande verbreiteten Spätburgunder.

Lemberger ist das württembergische Aushängeschild und so überrascht es nicht, dass die Anbaufläche kontinuierlich wächst. Ebenso wie die Flächen der internationalen Rebsorte Sauvignon Blanc, die erst seit den 1980er Jahren angebaut wird und auf den Keuper- und Muschelkalkböden eine neue Heimat gefunden hat. Hier entwickeln die Weine daraus eine besonders vielschichtige Aromatik und Textur. Lemberger, Sauvignon Blanc und neuerdings auch Riesling aus dem Ländle haben mit ihrer Eigenständigkeit und Qualität das Zeug auch überregional für Furore zu sorgen.

Warum Württemberg trotzdem bei vielen Weinfreunden ein weißer Fleck auf der Landkarte ist, mag an der kleinteiligen Struktur der Winzerschaft liegen. Deshalb erzeugen auch Genossenschaften rund 80 Prozent der Weine. Zwar sind innovative Kooperativen wie Cleebronn-Güglingen für ihre guten Qualitäten bekannt. Den Marktanspruch im höheren Preissegment nach besonderer Individualität können Genossenschaften oft nicht bedienen. Doch hier tut sich einiges. Immer mehr junge Talente streben auf den Weinmarkt und haben den Anspruch auch außerhalb der Landesgrenzen auf sich aufmerksam zu machen. Wir stellen auf den nachfolgenden Seiten sechs Betriebe und ihre Weine vor, um Ihnen Lust auf diese zu machen und vielleicht auf noch mehr Entdeckungen.

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Der Ungewöhnliche

2016 Riesling Gundelsbach

2016 Riesling Gundelsbach

Rund 20 Kilometer östlich von Stuttgart hat sich Jungwinzer Leon Gold mit einem eigenen Weingut einen Traum erfüllt. Seit seinem ersten Jahrgang 2015 sorgt er für Aufsehen. In dem kleinen Seitental rund um Gundelsbach wachsen seine ungewöhnlichen Rieslinge. „Vom Wald her kommt nachts die kühle Luft. Das hält den Alkohol niedrig und die Säure frisch“, erklärt er. Penible Weinbergsarbeit und gekonnte Vinifizierung tun ihr übriges. So vergärt er den Riesling langsam mit weinbergseigenen Hefen und lässt eine kurze Zeit die Traubenschalen mazerieren, um den Weinen mehr Struktur zu geben.

So entsteht kein vordergründig, fruchtiger Weißwein sondern ein dichtgewobener, ungewöhnlicher Riesling mit komplexen Aromen von reifen Aprikosen, Quitte, Apfellaub und Wildkräutern. Am Gaumen zeigen sich viel Schmelz und Körper bei gerade einmal zwölf Prozent Alkohol, angenehm frische Säure und ein pikant-salzig wirkendes Finish.

2016 Riesling Gundelsbach

trocken / Weingut Leon Gold

12,90 Euro / www.weingut-gold.de

Top Einsteiger

2015 Lemberger Steinwiege

2015 Lemberger Steinwiege

Seit 20 Jahren gibt es Rainer Schnaitmanns Weingut. Er ist unbestritten einer der besten Winzer in Württemberg. Mit seinen Lembergern und Spätburgundern, die auf den Spitzenlagen rund um Fellbach wachsen, hat er sich international einen Namen gemacht. Einen großen Winzer erkennt man allerdings nicht an seinen extravaganten Spitzengewächsen sondern daran, wie die Einstiegsweine schmecken.

Schnaitmanns Lemberger Gutswein aus dem sehr guten Weinjahr 2015 wurde im großen Holzfass ausgebaut und überzeugt mit Aromen von Brombeeren, Sauerkirschen, Wachholder, schwarzem Pfeffer, Tabak und Toast. Das moderate wie fein-strukturierte Tanningerüst wird vom mittelkräftigen Fruchtextrakt mühelos getragen, und ein angenehmer Säurelift im Nachhall sorgt für den nötigen Trinkfluss. Der ideale Wein, um herzhafte Maultaschen mit Zwiebelschmelze oder deftige Rouladen zu begleiten.

2015 Lemberger Steinwiege

Gutswein trocken / Weingut Schnaitmann

11,50 Euro / www.kölner-weinkeller.de

Freudespender

2016 Korber Berg Viognier

2016 Trollinger Strümpfelbach

Der sympathische Jungwinzer Andreas Knauß aus Strümpfelbach ist ein weiterer Shootingstar in der schwäbischen Szene. Nicht nur die moderne Architektur seines Gutes fasziniert. Mit seinem 15 Hektar großen Betrieb setzt er auf Lemberger und Riesling, aber auch auf das schwäbische Urgestein Trollinger. Jeder der bisher über diesen nurmüde lächelte, sollte Knauß’ Version verkosten.

Mit seiner leuchtendhellroten Farbe geht dieser Trollinger zwar weniger als Rotwein, sondern vielmehr als etwas dunkel geratener Rosé durch. Leicht gekühlt serviert erfreut er den Weingenießer mit glasklaren Aromen von Sauerkirschen, Bittermandel, Lavendel und Kräutern. Am Gaumen zeigen sich eine angenehm frische Säure, saftige Fruchtaromen und ein zarter Biss vom kaum vorhandenen Tanningerüst. Dieser Trollinger ist kein großer Wein, aber ein überzeugender Alltagsheld der zu jeglicher Brotzeit, gegrilltem Fisch oder einfach mal nur so Freude bereitet.

2016 Trollinger Strümpfelbach

trocken / Weingut Knauß

7,90 Euro / www.weingut-knauss.de

Ein Verführer

2016 Korber Berg Viognier

2016 Korber Berg Viognier

Jens Zimmerle war Techno-DJ, bevor er in die Weinbranche wechselte. Seine Frau stammt aus einem Weingut und so tauschte er Nachtgegen Landleben. Nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn bis nach Bordeaux führten, kümmert er sich nun um die Weinberge rund um den Weinort Korb. Hier wachsen die Reben auf Steilhängen bis auf 445 Metern Höhe. Die Höhenlage entscheidet, ob Rote wie Merlot, Lemberger, Burgunder oder Riesling gepflanzt werden.

Eine Spezialität auf dem Weingut sind die roten Cuvées und der Viognier. Eine weiße Rebsorte die an der südlichen Rhône beheimatet ist und nur selten außerhalb Frankreichs zur Hochform aufläuft. Anders hier. Der Wein verführt mit Aromen von Orangenblüten, weißem Pfirsich, Moschus und Maiglöckchen. Für Viognier typisch ist die sahnige Textur. Während andere Vertreter ölig-fett und alkoholisch ausfallen, hält dieser mit 12,5 Prozent Alkohol und frischer Säure die Form. Eine richtige Entdeckung.

2016 Korber Berg Viognier

trocken / Weingut Zimmerle

16,50 Euro / www.zimmerle-weingut.de

Sauvignon-Treffer

2015 Sauvignon Blanc „Drei Tauben“

2015 Sauvignon Blanc „Drei Tauben“

Das Weingut Drautz-Able mit Sitz in Heilbronn kann sich auf eine über 500-jährige Geschichte berufen. Aber man steht seit den 1980er Jahren auch für Qualität und Innovation. Drautz-Able zählte zu den ersten, die Barriques, französische Eichenholzfässer nutzten. 1987 hat man als Pionier die Rebsorte Sauvignon Blanc angepflanzt. „Das war eigentlich verboten. Mein Vater musste die Reben noch schmuggeln.“ Markus Drautz lacht über die Anfänge.

Heute zählen seine Sauvignons zu den Besten des Landes. Besonders komplex und lagerfähig ist die im Barrique ausgebaute Variante, die an große weiße Bordeaux erinnert. Leichter, aber nicht weniger spannend ist unser Favorit. Aromen von Stachelbeeren, Maracuja und Buchsbaum bestimmen das Bukett. Er überzeugt mit vollem Körper, der Aromen und frische Säure wunderbar abpuffert. „Ein Wein mit Hand und Fuß“, sagt Markus Drautz – und wir können nur zustimmen.

2015 Sauvignon Blanc „Drei Tauben“

trocken / Weingut Drautz-Able

13,99 Euro / bei Rewe Rahmati / Hohenstaufenring 29, 50674 Köln

Der Würzige

2016 Rotling aus Pinot Noir und Chardonnay

2016 Rotling aus Pinot Noir und Chardonnay

Die Genossenschaft Cleebronn-Güglingen zählt zu den besten des Landes. Unter Geschäftsführer Axel Gerst setzt man mit großem Erfolg ein rigides Qualitätsmanagement um. Besonders zu empfehlen ist der mittlerweile selten gewordene Rotling. Es ist in Deutschland nämlich verboten, Rosé durch Mischen von Weiß- und Rotwein zu erzeugen. Erlaubt ist aber das gemeinsame Keltern. Für diesen zwiebelschalen-farbenen Rosé wurden Chardonnayund Spätburgunder-Trauben gemeinsam gepresst und verarbeitet.

So entstand ein trockener Wein, der mit Aromen von roten Beeren, Melone, gerösteten Nüssen und Pfefferwürze überzeugt. Er ist mit 12,5 Prozent Alkohol und einem feinen Gerbstoffbiss ausgestattet, der für einen spannenden und trockenen Kontrast zum saftig-fruchtigen Auftakt sorgt. Ein würziger Wein, der zu Zwiebelkuchen oder paniertem Schnitzel mit Kartoffel-Gurkensalat passt.

2016 Rotling aus Pinot Noir und Chardonnay

trocken / Weingärtner Cleebronn-Güglingen eG

6,00 Euro / www.cg-winzer.de

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