„Wartesaal im Zollhafen“Die Gräten des Zanders

Schön sitzt man im „Wartesaal im Zollhafen“ mit Blick aufs Wasser, im Sommer auch auf der Terrasse.
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Köln – Der Zollhafen ist eine Killer-Location. Die Leichenteile der hier verendeten Restaurant- und Clubkonzepte sind noch zu sehen. In der Tiefgarage wird auf den King Kamehameha Club hingewiesen, auf den Toiletten hängen Tapeten mit Umrissen nackter Frauen – der Playboy-Club grüßt aus dem Grab. Nun also der „Wartesaal im Zollhafen“. Geschäftsführer Elias Khamassi nahm den Namen einfach mit aus dem „Alten Wartesaal“, der nun mit „Wartesaal am Dom“ unter neuer Leitung firmiert. Köln kann jetzt also doppelt warten.
Um im Bild zu bleiben: Das Essen kommt schnell. Der Service ist ohnehin auf Zack und freundlich. Umso unverständlicher, dass er den Fauxpas eines Abends verdoppelte. Im Zanderfilet fanden sich mehr als zehn große Gräten, was ich dem Kellner beim Abräumen sagte – sie waren auf dem Teller außerdem nicht zu übersehen. Keine Entschuldigung, kein „Ich sag’ es dem Koch“, kein Rabatt bei der Rechnung. Ein Filet hat per Definition keine Gräten. Anders ausgedrückt: Ich habe kein Filet bekommen. Aber 18 Euro dafür bezahlt.
Kürbis-Kokossüppchen // 5,50 Euro
Rote Bete-Essenz mit Rauchforellen-Klößchen // 6 Euro
Thunfischsteak mit Wasabi-Spitzkohl, Süßkartoffel-Püree // 24 Euro
Gebratenes Zanderfilet auf Olivenpolenta mit süß-saurem Paprikagemüse und Zitronen-Thymianschaum // 18 Euro
Rosa Lammkarree mit Kräuterkruste, Kartoffel-Kürbisstampf und Rosmarinjus // 24,50 Euro
Vanillegrieß-Knödel mit Zimtkirschen und Schokoladen-Sorbet 8 Euro
Vieles andere war dagegen ordentlich gekocht, wie das Kürbis-Kokossüppchen, welches beide Hauptdarsteller zum Zuge kommen ließ oder die fluffigen Vanillegrieß-Knödel mit Zimtkirschen und Schokoladen-Sorbet – wobei Schokoladen-Sorbet ein Irrweg der Kulinarik ist. Beeindruckt war ich vom Thunfisch, der innen nicht nur roh, sondern noch kühl war, und dem wirklich dunkelroten Lammkarree. Beides mutig kurz gegart. Ansonsten setzt die Küche aber auf Nummer sicher, und das heißt hier: Süße. Egal ob Paprika-Gemüse, Süßkartoffel-Püree, Kartoffel-Kürbisstampf oder Rote-Beete-Essenz – alles ist deutlich auf der süßen Seite.
Das „Scharfe Linsensüppchen“ fiel nur moderat scharf aus – war aber angenehm exotisch gewürzt. Die Karte ist überschaubar und bietet die vielerorts gekochte mediterran-asiatisch-deutsche Bistroküche. Würde man pointierter zubereiten, die Oliven in der Olivenpolenta schmeckbar machen oder den Wasabi im Wasabi-Spitzkohl, wie auch die Kräuterkruste auf dem Lammkarree, würde die Küche gleich einen Sprung machen. Wenn Zutaten allerdings im Gesamtbild verschwinden, muss man sie auf der Karte auch nicht zeilenschinderisch extra nennen.
Man sitzt im „Wartesaal“ am schönsten, wenn der Blick auf den Rheinauhafen fällt. Aus den Boxen dringt Lounge-Musik. Ist es voll, hallt es leider so sehr, dass man kaum sein eigenes Wort versteht. Für ein lauschiges Tête-à-tête sollte man eher woanders hin. Trotzdem sei dem Haus ein längeres Leben beschieden als seinen Vorgängern.
Fazit: Für Business-Lunch und After-Work-Dinner völlig okay, aber kein Muss für Besseresser.
Wartesaal im Zollhafen, Im Zollhafen 2, 50678 Köln, 0221/9128850, geöffnet Di-Fr 12-15 Uhr und 18-23 Uhr, Sa/So 18-23 Uhr, sowie Brunch So 10.30-15 Uhrwww.wartesaal.de