Wein aus GenossenschaftenGutes Preis-Genuss-Verhältnis

Aus Trauben, die hier wachsen, macht die Moselland eG bemerkenswerte Weine.
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Die Vereinten Nationen haben 2012 zum internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen. Wer die internationale Finanzkrise betrachtet, der erkennt, dass es kein Zufall sein kann, dass eine Organisationsform in den Vordergrund gerückt wird, die wirtschaftliches Handeln mit sozialer Verantwortung verbindet. Das Besondere an einer Genossenschaft ist, dass es eine Vereinigung von Personen ist, die zugleich Geschäftspartner, Kapitalgeber und Miteigentümer sind. Alle haben das Ziel, nachhaltig wirtschaftlich zu arbeiten. Weltweit profitieren etwa 800 Millionen Mitglieder – vom Kaffeebauern in Costa Rica bis zum Landwirt in Finnland.
Während in Deutschland vor allem im Energiesektor neue Genossenschaften entstehen, um sich der Macht von Großkonzernen zu entziehen, haben in anderen Bereichen Genossenschaften eine lange Tradition. Die älteste Winzergenossenschaft wurde 1868 in Mayschoß an der Ahr gegründet und war damit eine der ersten dieser Bewegung hierzulande. Dass bis heute etwa 30 Prozent aller deutschen Weine von Genossenschaften erzeugt werden, liegt am zersplitteten Weinberg-Besitz. Für die Vielzahl von Kleinstbetrieben wäre es nicht effizient, den eigenen Wein auszubauen und zu vermarkten. Gäbe es keine Genossenschaft, lägen viele Flächen brach und es sähe traurig aus in den heute touristisch so attraktiven Weinregionen Deutschlands. Der Beitrag, den Genossenschaften zur Entwicklung des ländlichen Raumes und der Erhaltung der Kulturlandschaften leisten, ist auch heute noch groß.
Mut, Witz und Leidenschaft
Dennoch haben viele Verbraucher ein negatives Bild im Kopf, das aus einer Zeit stammt, in der Genossenschaften für billigen Massenwein und verkrustete Strukturen bekannt waren. Doch die Globalisierung des Weinmarktes und der einhergehende Wettbewerbsdruck machten auch vor den Winzervereinen nicht halt. Denn während es in klimatisch begünstigten Ländern wie Chile einfach und günstig ist, gute Weine zu erzeugen, ist in Deutschland aufgrund des regnerischen Wetters Weinbau aufwendiger – und das bei höheren Lohnkosten.
Hinzu kommt eine neue Konsumentengeneration mit veränderten Genussgewohnheiten. Wer hier wirtschaftliche Preise erzielen will, muss Qualitätsweine erzeugen und ein klares Profil haben. Das sorgte für einen Wandel in der Genossenschaftsszene, der bis heute andauert. Das Jahr der Genossenschaften war Anlass für mich, zahlreiche Winzervereine zu besuchen und mir ein Bild zu machen. Dabei habe ich außergewöhnliche Menschen mit Mut, Witz und Leidenschaft getroffen, visionäre Ideen gesehen, familiäre Strukturen kennengelernt und gesehen, wie man erfolgreich Traditionen pflegt. Ganz zu schweigen von den großartigen Weinen, deren Preis-Genuss-Verhältnis seinesgleichen sucht. Sechs besondere Betriebe stelle ich hier vor.
Dass diese Genossenschaft, weltweit einer der größten Riesling-Erzeuger, wie keine andere im Export erfolgreich ist, liegt daran, dass Moselriesling traditionell der international bekannteste deutsche Wein ist. Eine Armada von Exportspezialisten weiß, dass man in Skandinavien in Getränkekartons verpackte Weine bevorzugt, Japaner nur Naturkork wollen und in Amerika besonders bunte Etiketten Kauflust wecken. Die Betriebsgröße ermöglicht es, nach Preissegment zu selektionieren und die besten Weine für die Premiumlinie wie diese trockene Spätlese auszusuchen. Sie besticht mit einer frischen Frucht von Weinbergspfirsich und Klarapfel, kombiniert mit feiner rauchiger Mineralität, am Gaumen angenehm trocken, mit langem Nachhall und gerade mal elf Prozent Alkohol. Zusatzbonus: Die Winzer bekommen eine Extravergütung für die mühevolle Arbeit. Damit trägt die Genossenschaft dazu bei, die einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten.
2011 Aus der Steillage, Riesling Spätlese trocken, Moselland eG, Mosel 5,49 Euro. Bezugsquellen über info@moselland.de
Die älteste Winzergenossenschaft Deutschlands ist mittlerweile fester Programmpunkt von Kurzurlaubern – dank hervorragender Weine und Vinothek. Geschäftsführer Rudolf Mies ist seit mehr als 30 Jahren in der Verantwortung und kennt noch die ernüchternden Qualitäten von früher. Er hat die Mitglieder überzeugt, dass qualitativ umgedacht werden muss. Er ist selber Traubenlieferant, ging mit gutem Beispiel voran und gewann Vertrauen. Nun ist man hier an der Spitze der deutschen Rotweinerzeuger angekommen und investiert in Feinheiten beim Ausbau. Besonders stolz ist das Kellerteam auf die neu angeschafften großen Eichenfässer, in denen der Spätburgunder „Nikolaus N.“ heranreifen kann. Ein typischer trockener Pinot Noir von der Ahr mit samtigem Tannin, frischer Säure und Aromen von frischen roten Beeren, Sauerkirsche, Liebstöckel und rauchiger Schieferwürze – ein großartiger Rotwein für jeden Tag.
2011 Nikolaus N., Spätburgunder trocken, Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, Ahr, 6,95 Euro
www.winzergenossenschaft-mayschoss.de
Kappelrodeck ist ein pittoresker Ort in der badischen Ortenau. Dass die hiesige Genossenschaft wie ein erfolgreicher Familienbetrieb wirkt, liegt am dynamischen Führungsteam um Marco Köninger. Sein Vater war zuvor Kellermeister und führte ein Qualitätssystem ein, das stetig verbessert wird. Und dass sich hier alle von Kindesbeinen an kennen, ist von großem Vorteil, denn jeder ist stolz und keiner will derjenige sein, dessen Weinberge nicht bestens gepflegt sind. Die hervorragenden Weine wie dieser Spätburgunder beweisen mit Aromen von dunkler Schokolade, reifer Süßkirsche und samtig wohliger Tanninstruktur, dass exzellent gearbeitet wird, die Trauben auf besten Lagen reifen und reichlich Sonne bekommen. Nicht nur der saftig moderne Weinstil gefällt, sondern auch die neuen Etiketten. Sie zeigen die „Hexe vom Dasenstein“, die der Legende nach in Kappelrodeck ihr Unwesen trieb. Früher eine blutrünstige warzige Gestalt, schwingt heute eine attraktive junge Frau den Besen und macht deutlich: Hier weht ein frischer Wind.
2010 Spätburgunder trocken „Edition Unique“, Hex vom Dasenstein, Baden, 6,95 Eurowww.dasenstein.de
Der „Gault Millau Deutschland“ feiert die Weingärtner als „Entdeckung des Jahres 2012“ und Thomas Beyl atmet tief durch. Die Anstrengungen der vergangenen vier Jahre haben sich gelohnt. Beyl ist selber Traubenlieferant in Cleebronn, doch in der Ausbildung bei einem deutschen Top-Winzer wurde ihm klar, dass er auf das, was zu Hause produziert wurde, nicht stolz sein konnte. Er übernahm die Betriebsleitung in der örtlichen Winzergenossenschaft, und mit dem talentierten Kellermeister Andreas Reichert und Axel Gerst hat sich ein Team gefunden, das den Wandel einläutete. Der Anbau wurde stark verbessert, und Reichert konnte ein klares Geschmacksprofil im Keller herausarbeiten. Ein Beispiel ist der tiefdunkle Lemberger, der mit Aromen von Brombeeren, dunklen Kirschen und Minze überzeugt. Die tiefgründige Frucht wird vom balancierten Säurespiel und dem typischen saftig, markanten Tanninkern getragen. Heute können alle Mitglieder auf ihre Genossenschaft stolz sein.
2010 St. Michael, Lemberger QbA trocken, Weingärtner Cleebronn-Güglingen, Württemberg, 4,99 Eurowww.cleebronner-winzer.de
„Wenn wir vor 20 Jahren Wein nach Frankfurt lieferten, haben wir schon von Export gesprochen“, erzählt Geschäftsführer Karl Seiter und muss schmunzeln. Seither hat sich in Württemberg viel verändert. Der klassische „Viertele-Schlotzer“ stirbt aus und machte eine Orientierung außerhalb des Ländles nötig. Die Genossenschaftskellerei fusionierte mit sechs Winzervereinen, um auch an Großabnehmer liefern zu können. Menge, Qualität und Tradition sind den Heilbronnern wichtig. Hier wird bewusst ein unverfälschter, sauberer und günstiger Trollinger produziert. Das zeigt, dass sich die Güte eines Weingutes auch immer an der Qualität seines günstigsten Weines messen lässt. Großartig ist die rote Cuvée C aus der Serie Villa Sulmana. Ein komplexer Wein mit Aromen von Cassis, Schwarzkirsche, Pfeffer, Wacholderbeeren und Vanille, mit zupackendem Tanningerüst. Wer hier probiert, sieht: Auch große Betriebe können sehr gute Weine erzeugen.
2010 Villa Sulmana Cuvée C, Genossenschaftskellerei Heilbronn, Württemberg, 6,90 Euro www.wg-heilbronn.de
Die Genossenschaft hat wohl das beste Traubenbewertungssystem in Deutschland entwickelt. Für die Winzerlohnermittlung wird nicht nur der Zuckergehalt der Trauben gemessen, der durch die Klimaerwärmung längst kein zuverlässiger Qualitätsindikator mehr ist. Jeder Weinberg wird einzeln bewertet. Die so entstehenden Topweine erzielen höhere Preise – gut für die Winzer. Auch beim Sortiment wurde hier visionär gehandelt. Der Kunde wählt zwischen jugendlichen Trinkweinen, modernen Prestigetropfen und traditionellen Frankengewächsen. Aus letzter Serie ist dieser Riesling besonders zu empfehlen. In der Nase eröffnet sich ein Füllhorn an Aromen von Aprikosen, kandiertem Ingwer, Zitrone und Steinobst. Am Gaumen zeigt sich der für die renommierte Lage „Escherndorfer Lumpp“ so typische Schmelz und enorme Mineralität gepaart mit knackiger Säure. Ein brillanter Riesling, der sich mit den besten aus Franken messen lassen kann.
2011 Escherndorfer Lumpp, Riesling Spätlese trocken, Winzerg. Divino Nordheim, Franken, 10,50 Eurowww.divino-nordheim.de