Essen hinter PlexiglasWie wird sich die Restaurant-Szene in Köln verändern?

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Gähnende Leere: Restaurants dürfen wegen der Corona-Pandemie nicht öffnen.

  • Noch sind Restaurants, Cafés und Kneipen geschlossen. Unter dem Hashtag #restartgastro fordern die Gastronomen die zügige Wiedereröffnung ihrer Betriebe.
  • Denn immer mehr Läden werden gar nicht mehr öffnen können, je länger wir warten, meint auch Sebastian Bordthäuser.
  • In seiner Kolumne „Köln kulinarisch” fragt er sich, wie es in der Szene weiter gehen kann und wie die Angebote der Betriebe sich verändern werden.

Köln – Unter dem Hashtag #restartgastro fordern die bundesweit rund 220.000 Gastronomen die zügige Wiedereröffnung ihrer Betriebe. Auch wenn ich der Erste bin, der sich an die Theke stellt, sobald die Kneipen geöffnet werden, bleiben zahlreiche Fragen unbeantwortet.

Da die Entscheidung Ländersache ist, stellt sich zuerst die Frage, wie die Wiedereröffnung denn aussehen soll. Eins ist sicher: Der größte Gewinner sind dabei die Plexiglas-Hersteller mit deren Produkten derzeit der gesamte öffentliche Raum vernagelt wird.

Sebastian Bordthäuser Köln Kulinarisch

Sebastian Bordthäuser

Doch fangen wir vorne an: Die Gastronomie, so wie Regierung und Länder sie sehen, gibt es als solche nicht. Sie ist ein extrem heterogenes Gebilde und umfasst vom Loch in der Wand, aus dem Kaffee verkauft wird bis zum Drei-Sterne-Restaurant eine Bandbreite, die nicht pauschal in einen Topf geworfen werden kann. Die Spitzen-Gastronomie hat in der Regel viel Raum und weit gestellte Tische. Doch es geht ja vornehmlich um ein Stück Alltagskultur, um die unzähligen Wirtshäuser, die kleinen Familienbetriebe, die zahlreichen Thai-Restaurants, und Dönerbuden sowie den einfachen Italiener um die Ecke. Es geht um das, was sie eigentlich sind: soziale Begegnungsstätten mit Speisen und Getränkeangebot. Orte, an denen sich Menschen treffen, gesellig sind und eine gute Zeit verbringen.

Die Betriebe werden sich ändern

Dass gewisse Auflagen und Mindestabstände gewahrt werden müssen, ist genau so klar, wie die Tatsache, dass immer mehr Läden für immer schließen werden, je länger wir warten. Das Thema Gastronomie und Tourismus wird immer weiter vertagt. Dadurch signalisiert man den Betroffenen: Ihr seid uns egal. Das sorgt zu Recht für Verzweiflung und kondensiert im obigen Hashtag #restartgastro - NOW!

Selbst wenn morgen wieder alle Gastronomien aufsperren sollten, bleiben abermals Fragen. Einfach so weitermachen wie vorher, wird keiner können. Zuerst werden weniger Plätze da sein, auf deren Vollumfänglichkeit sich aber die Kalkulation der Betreiber beläuft. Wenn ich 50 Plätze habe, aber nur 25 bewirtschafte, dann fehlt die Hälfte und es entstehen Unschärfen: Der Vermieter wird weiterhin auf die volle Miete bestehen. Doch wie viel Personal kann ich dann noch halten?

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Betreiber einer Sushi Bar in Köln stehen vor ihrem geschlossenen Restaurant. Viele Gastronomen haben Existenzängste wegen Corona.

Auch inhaltlich werden die Betriebe sich ändern, das Angebot wird sich reduzieren, die Karten verkleinern, denn wenn ich als Gastronom für das volle Angebot einkaufe, muss ich es auch los werden. Bei halber Belegung, wohlgemerkt. Die Preise werden sich perspektivisch erhöhen, denn ein ganzer Wirtschaftszweig kann nicht auf der Basis von Niedriglohn und Selbstausbeutung bestehen.

Sich solidarisch mit der Kölner Gastroszene zeigen

Und bei aller Sehnsucht nach dem nächsten Kneipen- oder Restaurantbesuch: Viele Gäste sind selbst in Kurzarbeit. Sie möchten zwar ausgehen, haben aber nicht die Mittel für Champagner und Kaviar. Das bedeutet, dass sich auch die Top-Gastronomie wieder mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientieren wird, statt in neungängigen Chef-Menüs zu eskalieren.

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Doch es bleiben auch für den alltäglichen Kneipenbesuch genügend Fragen unbeantwortet: Wie funktioniert das in der Kaschemm op d’r Eck? Werden dort in 1,5 Metern Abständen Plexiglasscheiben angebracht werden müssen? Möchten wir eigentlich ausgehen, wenn ein Restaurantbesuch atmosphärisch einem Knastbesuch ähnelt? Das alles sind Fragen, deren Lösungen derzeit allein den Betreibern der Gastronomien obliegen, denn von staatlicher Seite kommen keinerlei Signale, dass mit Hilfe zu rechnen ist. Es bleibt also alles anders und es liegt daher an uns, uns solidarisch mit unserer geliebten Kölner Gastroszene zu zeigen und sie ins Neuland zu begleiten. Denn: Gegessen und getrunken wird immer, zur Not auch hinter Plexiglas.

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