Gesundheitsschäden durch SmartphonesSo beeinflussen unsere Handys unsere Gesundheit

Smartphones können bei vielen Menschen gesundheitliche Probleme verursachen.
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80 Mal am Tag aktivieren Handy-Nutzer ihr Smartphone. Kein Wunder, dass immer häufiger die „Smartphone-Krankheiten“ auftauchen. Doch was ist wirklich dran an „Smartphone-Nacken“ und „SMS-Daumen“?
Handy-daumen, Handy-Ellbogen, IPhone-Schulter
Der Handy-Daumen von zu viel Tippen, der Handy-Ellbogen von zu viel telefonieren und die Iphone-Schulter von der schlechten Haltung beim Videos schauen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. Ulrich Appell sagt: „In meiner Praxis kann ich keinen Trend erkennen, der sich auf die Smartphone-Nutzung zurückführen lässt. Ich bin gespannt wie das in 30 Jahren aussieht.“ Kollegen berichten jedoch, dass gerade eine Entzündung der Daumen-Strecksehne (SMS-Daumen) mittlerweile häufiger auftritt.
Dr. Appell erkennt eher das Problem der Bewegungsarmut. Da immer mehr Kinder und Jugendliche kaum noch Zeit für Bewegung haben oder eben lieber vor dem Computer, Smartphone oder Fernseher sitzen, treten vermehrt Haltungsschäden auf. Die Smartphone-Krankheiten hält er jedoch für Mythen. Ein Übermaß an diesen Erkrankungen, wie derzeit dargestellt wird, kann er nicht bestätigen.
Smartphone-Akne, Smartphone-Falten
Die Smartphone-Akne: Bakterien vom Handydisplay berühren die Haut und lösen Irritationen aus. Wenn man mehrere Stunden am Tag das Handy an der Wange hat, klingt das doch ganz plausibel? Auch Dermatologin Dr. Julia Hölker hält das nicht für undenkbar: „In meiner Praxis hatte ich zwar noch keinen Fall der Smartphone-Akne, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass das möglich ist. Mit ungewaschenen Händen verteilt man viele Bakterien auf dem Display, die so an die Haut gelangen.“ Auch Bestandteile des Handys können Haut-Irritationen auslösen.
„Bei der Kontaktdermatitis reagiert die Haut allergisch auf Nickel, das sich in manchen Handys im Rahmen oder der Tastatur befindet“, sagt Hölker. Sie hat in den vergangenen Jahren aber kein vermehrtes Auftreten von Hautirritationen oder allergischen Reaktionen aufgrund von Handys erkennen können. Im Gegensatz zur „Smartphone-Akne“ hält Hölker die „Smartphone-Falten“ eher für eine unwahrscheinliche „Erkrankung“. „Natürlich entstehen Falten, wenn man den Kopf neigt oder sich konzentriert und das Gesicht verzieht. Das hängt aber zum einen von der individuellen Gesichtsmimik eines jeden ab und außerdem machen wir das auch ohne das Smartphone zu benutzen.“ Verzieht man das Gesicht, vertieft das die Faltenbildung. Das kann aber auch beim Zeitunglesen oder Autofahren passieren. Bewusst beeinflussen lässt sich die Gesichtsmimik nicht. Dass eine hohe Smartphone-Nutzung mit stärkerer Faltenbildung einhergeht, lässt sich so also nicht bestätigen.
Schlechte Augen
„Guck nicht so viel Fernsehen, sonst kriegst du quadratische Augen“ – gilt das auch für Smartphone-Bildschirme? „Gewagte These“, sagt Dr. med. Georg Eckert. Dass sich die Augen verschlechtern sollen, wenn man zu lange auf den Bildschirm des Handys starrt, hat jeder schon mal gehört. „Allenfalls könnte man unterstellen, dass stundenlanges Starren auf den Bildschirm, und das über viele Jahre, das Fortschreiten einer Myopie (Kurzsichtigkeit) begünstigen könnte“, erklärt Dr. Eckert. Vor allem die kleine Schrift auf den Bildschirmen ist oft ein Problem. Bei Menschen die schon Fehlsichtigkeiten haben, können diese auf Grund des angestrengten Lesens der kleinen Buchstaben deutlicher hervortreten.
Handy-Abhängigkeit, Einbildung des Vibrierens, Selbstzweifel
Das Handy nicht mehr aus der Hand legen können, sich die Vibration des Telefons einbilden und Panikgefühle, sobald es 20 Minuten stillsteht. Auch diese Phänomene sollen zu den „Smartphone-Krankheiten“ zählen und sind nicht unbegründet. Prof. Dr. Alfred Gebert: „Meine Studenten erzählen mir oft, dass sie einen richtigen Schreck kriegen, wenn sie merken, dass das Handy zu Hause liegt. Mittlerweile ist das Handy wie ein Körperteil für sie.“
So ein Verhalten sei ein deutliches Zeichen für Abhängigkeit. Auch die Tatsache, dass manche Nutzer sich einbilden, ihr Handy würde vibrieren oder klingeln, ist nicht unbekannt für Gebert. Das passiert, weil heutzutage niemand mehr damit rechnet, der Anruf oder die SMS könnte für jemand anderen sein. Ist dies doch so, kann das im Extremfall zu Angstgefühlen führen. „Das ist wie im Büro auf dem Flur. Man grüßt den Kollegen, der rauscht im Stress vorbei, da fühlt man sich auch komisch. Man will zurückgegrüßt werden“, sagt Gebert. Kriegt man eine gewisse Zeit lang keinen Anruf oder keine Nachricht, treten Selbstzweifel auf. Denkt niemand an mich? „In den vergangenen zehn Jahren treten solche Symptome vermehrt auf", so der Professor.
Schlafstörungen
SMS, E-Mails, Push-Nachrichten. Die ständige Erreichbarkeit am Smartphone ist ein hoher Stressfaktor, tagsüber wie nachts! Wer das Handy im Alltag pausenlos benutzt und ständig sämtliche Posteingänge checkt, schläft schlecht. Gebert stimmt diesem Smartphone-Phänomen zu: „Im Gehirn befinden sich 150 Milliarden Zellen, die auch nachts aktiv sind und unsere Träume zusammenbauen. Die sind mit so vielen Gedanken und Aufgaben einfach überfordert.“
So wie wir im Alltag mit vielen Aufgaben oft nicht zurechtkommen, fällt das auch den Zellen schwer. In unserem Kopf sind so viele Gedanken und das „Abschalten“ wird zum Problem. „Die ständige Erreichbarkeit stresst uns. Wir laufen immer nur auf Hochtouren und machen uns mit unseren Gedanken verrückt. Das hängt damit zusammen, dass das gsamte Leben immer schneller wird. Zur Ruhe kommen wird immer schwieriger, die Menschen machen kaum mehr Urlaub, einfach weil es auch nicht geht.“ Die modernen Kommunikationsgeräte sollen unser Leben eigentlich vereinfachen, stattdessen bereiten sie uns psychische Probleme.