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InterviewEmpfänglich für den emotionalen Ausdruck

Lesezeit 2 Minuten

Nachbereitung: Im Anschluss an die Führung wird selbst gemalt.

Herr Ganß, ist es nicht egal, ob man Demenzkranken nun Kultur oder eine andere Beschäftigung bietet – wenn diese kognitiv ohnehin nicht erfasst werden kann?

MICHAEL GANSS: Grundsätzlich ja – das gilt aber für uns alle. Kunst hat eine besondere Qualität, die löst sich nicht auf, weil jemand Träger einer Krankheit ist. Die Künste sind Träger von tieferliegenden Botschaften und gerade Menschen mit kognitiven Einschränkungen sind empfänglich für emotionale Ausdrucksweisen.

Wird das auch so gesehen, von Museen und vergleichbaren kulturellen Einrichtungen?

GANSS: Ja, Menschen mit Demenz werden von Museen durchaus zunehmend als Zielgruppe erkannt – vielleicht auch, weil viele Kunstvereine einen hohen Altersdurchschnitt haben.

Die Studie, die Sie am Duisburger Lehmbruck-Museum durchführen, soll letztlich noch mehr Kultureinrichtungen ins Boot holen. Was genau wollen Sie dabei herausfinden?

GANSS: Am Ende soll ein Schulungskonzept, ein Leitfaden für Kunstvermittler stehen. Wir wollen Aspekte aufzeigen, die Vermittlung und Kunstwerk aufweisen sollten, damit Menschen mit Demenz Zugang dazu finden. Die Erfahrungen aus der Praxis sollen durch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse ergänzt werden. Dabei geht es auch darum, was Menschen mit Demenz selbst als Wert empfinden – das ist nämlich oft etwas ganz anderes, als ihre Begleiter meinen.

Hat sich Ihre persönliche Perspektive auf Demenz durch Ihre Arbeit verändert?

GANSS: Ja. Menschen mit Demenz haben eine eigene, im Grunde sehr künstlerische Art, an Kunst heranzugehen. In der künstlerischen Begleitung sind ihre Potenziale erlebbar. Meist wird nur auf den Verlust der Fähigkeiten geschaut. Das ist einseitig und falsch. Die gemeinsame Auseinandersetzung mit den einzelnen betroffenen Personen hat meine Perspektive geprägt.