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Kunstpädagogin gibt MotivationstippsSo bleiben Kinder an Kunst interessiert

Lesezeit 4 Minuten

„Wenn ein Kind von sechs Jahren zu mir kommt und sagt, es könne nicht malen, fällt mir die Kinnlade runter“, meint Karen Bienhaus.

Frau Bienhaus, Sie werden am Wochenende Kinder durch die Art Cologne führen. Haben Kinder Lust auf Kunst?

Sagen wir so: Ich kenne kaum ein Kind, das nicht gerne Kunst macht und sich nicht kreativ auslebt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder eine natürliche Bereitschaft haben, sich künstlerisch auszudrücken. Es ist für sie häufig eine Gelegenheit, sich auszuprobieren.

Karen Bienhaus ist freie Kunstpädagogin

Was genau meinen Sie mit Kunst machen?

Gewisse Eindrücke aus dem Alltag können Kinder nicht reflektieren wie Erwachsene. Kunst machen, in diesem Fall basteln und malen, ist da ein Ventil und ein Kommunikationsmittel zugleich. Die Führung auf der Art Cologne soll eine Inspirationsreise sein. Wir zeigen am Wochenende vor allem Drucke und Collagen, sprechen über die Bilder, Künstler und ihre Biografien und Techniken, stellen dann Materialien und Farben zur Verfügung, mit denen die Kinder auf das Gesehene reagieren können. Die Kinder bekommen so ein Gespür dafür, wie Kunstwerke entstehen, und können es selbst praktisch nachempfinden. Wir geben da keine Vorgaben, sie sollen die Möglichkeit haben zu experimentieren.

Haben Kinder einen eigenen Kunstgeschmack?

Es ist mitunter ähnlich wie im Supermarkt: Kinder finden Glitzerüberaschungseier oder Kaugummi-Eis toll, sprich, alles, was irgendwie bunt, grell oder auffällig ist – eben aus dem Alltag heraussticht. Andersartigkeit fasziniert. Ich bin deshalb sehr gespannt, vor welchen Bildern die Kinder stehenbleiben.

Was haben Kinder vom durchinszenierten Kunstbetrieb verinnerlicht?

Vieles. Sie greifen häufig tatsächlich Sätze der Erwachsenen auf. So nach dem Motto: Der Kasten Wasser ist Kunst und ich verkaufe dir den jetzt für zehntausend Euro. Das ist für mich eine Steilvorlage und ich frage zum Beispiel bei den Kindern nach: Was kann der Kasten Wasser bedeuten? Was bedeutet er für dich? Was bedeutet für dich wirklich Kunst?

Und?

Wie die Antwort ausfällt, hängt häufig vom elterlichen und schulischen Umfeld ab. Meist wird Kunst immer noch mit klassischen Gemälden gleichgesetzt.

Dabei könnte es auch theoretisch der Wasserkasten sein?

Wenn es den individuellen Ansprüchen des Kindes entspricht, warum nicht? Wir möchten den Kindern in den Workshops einerseits Hintergrundwissen der Künstler und Galeristen vermitteln, sie aber andererseits auch dabei unterstützen, sich auf ihr eigenes künstlerisches Urteil verlassen zu können.

Warum hören viele Kinder irgendwann auf zu malen?

Im heranwachsenden Alter scheitern Kinder und Jugendliche häufig an ihrem hohen Selbstanspruch beziehungsweise beim realistischen Zeichnen. Es gibt ja ein breitgefächertes Spektrum an künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Ein zu restriktiver Rahmen kann schnell zu Frustration führen. Das ist sehr schade.

Welche Rolle spielt die Schule bei der Kunstabgewöhnung?

Ich persönlich halte es für fatal, dass schon in der Grundschule Kunst bewertet wird. Wenn ein Kind von sechs Jahren zu mir kommt und sagt, es könne nicht malen, fällt mir die Kinnlade runter. Das kann nicht sein. Das wird ihm von außen herangetragen. Dabei geht es doch im Kunstunterricht in erster Linie darum, Freude an Kreativität zu vermitteln. Wer dann später auch sonst nicht mehr in Berührung mit Kunst kommt, verliert die Lust und den Bezug.

Wie können Eltern ihre Kinder für die Kunst wieder motivieren?

Es reicht, wenn man Kindern Zeit und Raum gibt, Themen zu vertiefen. Viele Kinder fragen typischerweise: „Hab ich das schön gemalt?“ Ich frage dann zurück: „Wie gefällt es dir denn?“ Kinder fangen an, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Sie wollen vielleicht dies und das noch ändern. Am Ende können sie besser benennen, was sie wollen und nicht wollen. Das stärkt die Persönlichkeit und hilft, das eigene ästhetische Empfinden zu entwickeln.

BUCHTIPPS

Annette Roeder: „Kein Bock auf Kunst? So überlebst du jeden Museumsbesuch!, 80 Seiten, Prestel-Verlag, 12,99 Euro.

Jacky Bahbout: „Malen mit Händen und Füßen“, Knesebeck-Verlag, 64 Seiten, 12,95 Euro

René Barth: „ Mein Monsterkritzelbuch“, Knesebeck-Verlag, 104 Seiten, 14,95 Euro