In Deutschland ist ein Bar-Snack ein dubioser Nussmix und wenn’s gut läuft noch ‘ne Frikadelle. Beim Kölner Spanier „Carmen und Rosa“ gibt's dafür Pinchos. Die sind vergleichsweise eine Offenbarung.
Kölner GastronomieDas „Carmen & Rosa 2“ serviert die Königsklasse im Aperitivo-Snack

Chef Manuel Quintairos in seinem Restaurant „Carmen & Rosa 2“.
Copyright: Alexander Schwaiger
Der Aperitivo ist eine meiner allerliebsten italienischen Traditionen - auch wenn er nicht ganz greifbar ist. Es geht irgendwie um die Zeit zwischen Feierabend und Abendessen. Man läutet den Abend ein. Eigentlich hat man noch Pläne, eine Reservierung im Restaurant oder eine weitere Verabredung und der Aperitivo ist der Startpunkt. Man trifft sich mit Freunden oder Kollegen, trinkt ein erstes Glas Wein oder Spritz und snackt dabei. Das Schälchen gesalzene Kartoffelchips kommt mit den Getränken und ist das absolute Minimum im Snack-Bereich. Je nach Region wird der Tisch voll geladen mit eingelegten Oliven, salzigen Gebäckkringeln, saftigen Focaccia-Stücken und allerlei Nüsschen. Die Königsklasse im Aperitivo-Snack-Bereich sind kunstvoll und üppig belegte Brotscheiben, die mal Crostini und mal Bruschette genannt werden. In Venedig heißen sie Cicchetti und werden unter anderem mit süß-sauer eingelegten Sardinen serviert. Wie da anschließend noch ein Abendessen reinpassen soll, ist mir ein absolutes Rätsel.

Spanische Weine gibt es etliche zur Auswahl.
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Die Nation, die diese Snack-Kultur perfektioniert hat, sind allerdings nicht die Italiener*innen, sondern Spanien und das Baskenland. Pinchos oder Pintxos meint die Holzspießchen, die die getürmten Kunstwerke aus Brot und Belag zusammen halten. Feister luftgetrockneter Schinken, gegrillter Oktopus, mariniertes Gemüse, knusprig frittierte Kroketten - es werden köstliche Dinge auf fluffige Brotscheibe gespießt und anschließend mit diversen Saucen gewürzt und verfeinert. Das Wort Bar-Snack trifft es nicht mal im Ansatz. In Deutschland ist ein Bar-Snack ein dubioser Nussmix und wenn’s gut läuft noch ‘ne Frikadelle. In Spanien steht auf der Theke erstmal die mehrstöckige Vitrine mit Pinchos und direkt daneben die Aufschnittmaschine für den Schinken. Die vermeintlichen Häppchen sind ausgeklügelte Kreationen, nach denen man sich hier zu Lande die Finger leckt.

Die Pinchos schmecken nicht nur köstlich, sondern sehen auch gut aus.
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Weinbar bezeichnet sich als „spanischer Supermarkt“
Wie gut, dass das charmante Carmen & Rosa in der Beethovenstraße im letzten November eine zweite Filiale eröffnet hat. Das gemütliche Lokal am Rathenauplatz bezeichnet sich als „spanischer Supermarkt“, ist aber eigentlich eine Weinbar. Die Außenplätze sind immer belegt, egal zu welcher Tageszeit - Aperitivo ist ein fließendes Konstrukt. Der neue Laden in der Pfälzerstraße ist größer und bietet mehr Außenplätze. Obwohl wir uns in Wurfnähe des lärmenden Verkehrsknotenpunktes Barbarssaplatz befinden, ist es relativ ruhig und mich freut es sehr, dass diese Ecke der Stadt nach und nach gastronomisch erschlossen wird.
Das Carmen und Rosa ist ein Instant-Lieblingsort. Auf der Theke thront die sagenumwobene Pintxos-Vitrine. Entweder man kuratiert seine liebsten Kombinationen oder man nimmt die Abkürzung und wählt eines der zusammen gestellten Brettchen. Mein absoluter Favorit waren die eingelegten Sardellen mit gebrannter Paprika, Aioli und Mojo. Aioli ist eine Knoblauchmayonnaise und Mojo ein würzige Sauce, die es in verschiedenen Schärfegrade gibt und klassisch und rot oder grün serviert wird. Auf das Sardellen-Häppchen wurden beide Versionen getupft. Ein weiteres Highlight waren die Kroketten. Auf einem Pintxo ragte eine kleine, saftige Spinat-Krokette empor, die mit dreierlei Saucen und kleinem Essiggemüse dekoriert war. Auf einem anderen wurde ein frittiertes Ziegenkäsebällchen auf rohem Schinken gebettet. Alles absolut köstlich.

Sitzplätze gibt es drinnen und draußen
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Dazu gab es erfrischende spanische Weißwein, die teilweise exklusiv im Carmen & Rosa ausgeschenkt werden. Der Verdejo Verderol könnte in diesem Sommer mein Liebling werden. Zusätzlich zu den Pintxos gibt es auch eine kleine Tapas-Auswahl. Von Tortilla de Patatas bis zu gebratenen Garnelen, hier werden sämtliche Klassiker aufgeführt. Die Stärke des Carmen & Rosa liegt eindeutig bei den Pintxos und der Tagesempfehlung.
Carmen & Rosa 2, Pfälzer Straße 58, 50677 Köln, Öffnungszeiten: Mo-Do 17-22 Uhr + Fr-Sa 17-23 Uhr, Telefon: 01523/3857813, www.carmenrosa-gourmet.de
Meine Auswahl:
Albondigas en salsa // Hackfleischbällchen in Sauce // 9,90 Euro
Pintxo mit Boquerones // Eingelegte Sardellen mit Aioli, Rucola und Mojo // 3,60 €
Pintxo mit Manchego, Feigensenf und Mojo // 2,90 Euro Pintxo mit Spinatkrokette // 2,90 Euro Pintxo mit Schinken und Ziegenkäse-Krokette // 2,90 Euro Mejillones marinera // Miesmuscheln nach Seemannsart // 9,90 Euro