Mike Krüger im InterviewMacht Humor das Leben erst erträglich?

Komiker Mike Kürger
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Köln – Herr Krüger, Sie hatten eine nicht sehr schöne Kindheit: Ihre Mutter starb früh, zu Ihrem Vater hatten Sie ein bestenfalls kühles Verhältnis, im Internat mussten Sie prügelnde Mitschüler und Lehrer ertragen. Man sagt: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Stimmt das?
Ja. Wenn man, wie ich, in der Kindheit viel Gewalt erfährt, kann man entweder selbst gewalttätig werden – oder man versucht, das Ganze mit Humor zu nehmen. Und ich habe schnell festgestellt, dass ich, wenn ich die anderen zum Lachen bringe, wahrscheinlich sogar mehr Freunde habe als der Große, Starke, der alle verprügelt.
Zur Person
PrivatMike Krüger, geboren 1951 in Ulm, lebt in Hamburg.
KarriereKrüger lernte Betonbauer und studierte Architektur. Als sein Lied „Mein Gott, Walther“ 1975 zum Hit wird, gibt er das Studium auf und beginnt eine Musik-, Kino-, und TV-Karriere. Songs wie „Der Nippel“ (1980) sind Erfolge, im Kino ist er in „Die Supernasen“ (1984) mit Thomas Gottschalk zu sehen, im TV in Shows wie „Vier gegen Willi“ (ab 1986, ARD) und „7 Tage, 7 Köpfe“ (ab 1996, RTL).
AktuellSein Buch „Mein Gott, Walther – Das Leben ist oft Plan B“ ist im Piper-Verlag erschienen (mit Till Hohender, 288 S., 19,99 Euro)
Ist Humor auch eine Flucht?
Er ist auf alle Fälle hilfreich. Es gibt ja das Phänomen, dass Menschen auf Beerdigungen anfangen zu lachen. Lachen und Weinen sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Daher kann Lachen auch in ganz traurigen Situationen helfen. Ich persönlich habe das nie als Flucht gesehen. In Typen wie mir ist das einfach drin, das ist irgendwie angeboren. Ich musste mich überhaupt nicht dazu zwingen. Ich bin eben derjenige, der das Gespräch, wenn es zu ernst wird, in eine lustigere Richtung lenkt.
Sie wissen bis heute nicht, woran Ihre Mutter starb – und schreiben über Ihren Vater: „Vielleicht hat er es im Jubel der Fußball-WM 1954 einfach vergessen“. Das ist hart.
Ich wollte zeigen, was das für eine Zeit war. Auf der anderen Seite bin ich halt der Typ, der immer eine komische Wendung finden möchte.
Macht Humor das Leben erst erträglich?
Man kommt besser durchs Leben, wenn man es humorvoll angeht, als wenn man verbittert-ernsthaft alles bis ins Tiefste ergründen möchte. Und noch verzweifelter wird, wenn man keinen Grund findet für sein Unglück. Ich kann nur jedem raten: Humor hilft!
Oft sind ja diejenigen lustig, die nicht dem Ideal entsprechen. Sind die Großen, Schönen, Starken einfach nicht so lustig, weil sie es nie sein mussten?
Rudi Carrell hat immer gesagt: Sag mir einen guten spanischen Komiker! Er fand: Bei Leuten, die in der Sonne leben, sind die Voraussetzungen schlecht, komisch zu sein. Rudi hat gesagt: Die guten Komiker kommen aus England. Da ist das Wetter schlecht und sie sitzen zu Hause, schreiben gute Gags und lernen die auswendig. Denn: Aus dem Ärmel schütteln kann man nur, was man vorher reingetan hat.
Wenn eine Halle voller Menschen lacht, wenn man das will – ist das eine Art Macht?
Man hat schon Macht. Vor allem, wenn man ein Bühnenprogramm hat mit Wort-Gags. Wenn man dann sieht, dass Leute schon Tränen in den Augen haben und weiß: Jetzt kommt erst noch der Gag, mit dem ich ihnen den Rest gebe – das ist ein sehr cooles Gefühl. Und wenn die sich dann wirklich nicht mehr einkriegen, macht das richtig Spaß.
Sie sind seit 45 Jahren mit Ihrer Frau zusammen, sensationell fürs Showgeschäft. Wie wichtig ist Humor für eine lange Beziehung?
Extrem wichtig. Meine Frau hat auch viel Humor. Das hilft schon sehr bei einer langen Ehe.
Wird das mit der Zeit immer wichtiger?
Nein. Ich kann auch nicht bestätigen, dass man in einer langen Ehe immer heftigere Auseinandersetzungen hätte. Vielleicht kann ich da den Jungen die Angst nehmen: Viele Dinge, über die wir uns früher aufgeregt hätten, tropfen heute an uns ab. Man kann, je älter man wird, vieles gelassener angehen als früher, als man noch Stress hatte. Ich war immer unterwegs, hatte Tourneen, Fernsehshows, meine Frau hatte einen Musikverlag und hat nebenbei unsere Tochter erzogen. Heute haben wir Spaß, wenn wir zusammen sind. Also für mich wird es im Alter angenehmer.