Plötzlich HandgelenkschmerzenOb das vom neuen Hit „Für immer“ von Vanessa Mai kommt?

Vanessa Mai
Copyright: Max Grönert
- Kolumnist Marcus Bäcker hört sich in seiner Glosse „Neu in den Charts” regelmäßig durch die Hitliste – und findet dabei Entsetzliches wie Schönes.
- Diese Woche beschäftigt er sich – notgedrungen – mit Schlagerqueen Vanessa Mai und der Antillopen Gang.
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Alle paar Wochen kommt es zur folgenden Situation: Ich starre auf die deutschen Single-Charts, durchforste die Neuerscheinungen mit einer Genauigkeit, als hänge davon das Fortbestehen der menschliche Zivilisation ab, denke versonnen über eine Zukunft als Vogelbeobachter in Patagonien nach und suche kurzfristigen Trost beim irrwitzigen Gedanken, dass ja vielleicht in den Album-Charts Besseres auf mich wartet. Die neue LP von Yorkston/Thorne/Khan zum Beispiel. Ja, manchmal neige ich zu verwegenen Tagträumereien.
So war es auch diese Woche. Ich wandte mich hilfesuchend an die aktuellen Album-Charts und entdeckte neu auf Platz 2: „Für immer“ von Vanessa Mai.
Neues Symptom: irre Schmerzen im rechten Handgelenk. Sicher eine Überlastung desselben, zu viel Computertastatur, zu viel Computer-Maus. Nun meinte allerdings ein Kollege, dessen Kreislauf letztens kollabierte, obwohl er sich weder berufsmäßig noch aus irrlichternden privaten Gründen mit den deutschen Charts beschäftigt, auch Schmerzen im Handgelenk könnten psychosomatischer Natur sein. Was soll ich davon halten? Aber um Platz 2 der Album-Charts mache ich dann doch besser mal einen Bogen.
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Viel lustiger geht es ja sowieso auf Platz 1 zu. Ich beschäftige mich wirklich sehr intensiv mit Musik. Wegen meiner Plattensammlung habe ich bereits Rat bei einem Statiker gesucht, weil ich von der Horrorvision geplagt war, die 5200 Tonträger könnten durch die Decke auf das Bett meiner sanft schlummernden Tochter krachen. Man sollte also meinen, ich würde von einer Band, die mal eben von 0 auf 1 durchmarschiert, zumindest am Rande schon einmal etwas gehört haben. Ha, von wegen! Hätte man mir gesagt, dass es sich bei Mono Inc. um ein neuartiges Medikament gegen psychosomatische Schmerzen im rechten Handgelenk handelt, ich hätte das a) geglaubt und wäre b) schnurstracks zur nächsten Apotheke gestiefelt. Die Wahrheit aber ist: Bei Mono Inc. handelt es sich um eine Dark-Rock-Band, die soeben ein Konzeptalbum über – und jetzt wird es richtig dark – die Geschichte einer Hexe veröffentlicht hat. Zack, von 0 auf 1. Es passieren schon putzige Dinge in diesem Land.
Komplette Hexengeschichte
Ein Lied von „The Book of Fire“ habe ich mir tatsächlich angehört: Folkloristisches mit viel Wums und einem Refrain, den man nach dem dritten Krug Met beherzt mitgrölen kann. Die Super-Edel-Deluxe-Happy-Mittelalter-Version des Albums bietet neben der eigentlichen CD auch noch eine DVD und die komplette Hexengeschichte in der Druck- und in der Hörbuchfassung. Ja Gott, es gibt ja auch Menschen, die verbringen Stunden damit, ausgefeilte Servietten-Falttechniken zu erlernen.
Immerhin allerdings: Das neue Album der Antilopen Gang mit dem schönen Titel „Abbruch Abbruch“ schafft es auf Platz 7, und wenn es eine deutsche Hip-Hop-Band gibt, zu deren Texten man „Ja“ sagen kann, ohne sich vorher mit Hilfe übel beleumdeter Substanzen ins intellektuelle Nirwana geschossen zu haben, dann ja wohl diese.