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Henns GeschmackssacheWarum Schildgen im Bergischen nun kulinarisch interessant ist

4 min
Ein junger Mann steht in weißem Koch-Hemd in seinem Restaurant.

Marius Sprenger schwingt seit Februar den Kochlöffel in Schildgen.

Der Spitzenküchen erfahrene Marius Sprenger kocht jetzt im „Hof Schildgen“ in Bergisch Gladbach. Was erwartet den Gast?

Ganz unten auf der Speisekarte steht ein Satz, der mich stutzen lässt: „Für Umbestellungen der Beilagen sowie einen zweiten Teller zum Teilen einer Speise berechnen wir 2,00 €.“ Gastfreundschaft wird anders buchstabiert – allerdings lebt das angenehme Service-Team sie. Grund für meinen Testbesuch im Bergisch Gladbacher Ortsteil Schildgen ist Marius Sprenger, der hier seit Februar den Kochlöffel schwingt. Er kochte bereits in den Teams der Spitzenrestaurants „Zur Post“ (Odenthal), „Ox und Klee“ sowie „Pottkind“ (Köln).

Natürlich ist sein Ansatz hier ein anderer, aber das Menü zeigt, dass man kulinarisch mehr sein will als ein normaler Landgasthof. Austern finden sich darauf, aber auch Brust von der Barbarie-Ente mit Süßkartoffel, oder Tatar vom Rind mit Wasabi, Teriyaki und Limette. Rump- und irisches Flanksteak werden ebenfalls angeboten. Insgesamt sind es fünf Vorspeisen und Zwischengänge, acht Hauptgerichte und zwei Desserts sowie eine Käseauswahl von Wingenfeld – plus ein Menü.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Los geht es überzeugend mit hausgemachter Focaccia samt Salzflocken obenauf, dazu ein wenig Tomatenbutter, ebenfalls selbstgemacht. Auch der kleine Gruß – eine gehäutete Honigtomate mit Zimt-Crème-fraîche – macht Lust auf das Kommende.

Hummerschaumsuppe gilt als Spezialität des Hauses

Als eine Spezialität des Hauses gilt die Hummerschaumsuppe mit Tomate und Estragon, großzügig mit Garnelenstücken versehen. Handwerklich gut gearbeitet, auch wenn ein echter Bretone sich sicher mehr Tiefe und Komplexität wünschen würde. Ein charmanter vegetarischer Gang sind leicht gegrillte Salatherzen, mit Mimolette-Creme, knusprigen Croutons, und Piment d’Espelette. Dann dauert es sehr lange, bis die Hauptgänge serviert werden, obwohl das Restaurant nicht voll belegt ist.

Tellergericht mit Salatviertel und anderen bunten Zutaten

Charmanter vegetarischer Gang: gegrillte Salatherzen mit Mimolette-Creme

Bei der hausgemachten Pasta – ansatzweise al dente – mit Herbsttrüffel fällt eines auf: Es wird nicht mit Trüffelöl nachgeholfen. Wie angenehm, wenn der Edelpilz aromatisch mal unverfälscht wirken darf! Dazu ist über das schlotzige Gericht angenehm viel Parmesan gehobelt worden.

Der knusprige Schweinebauch hat leider zu viel Hitze abbekommen und weist dadurch schwarze Stellen auf. Auch bei den Semmelknödel-Stücken meinte man es ein wenig zu gut mit der Temperatur, die Schwarzwurzeln haben dagegen angenehmen Biss, die Senfjus ist ein wenig zu zurückhaltend gewürzt. Aber das Schweinefleisch kann überzeugen.

Ein Tellergericht mit Knödeln und

Knuspriger Schweinebauch mit überzeugendem Fleisch

Beim großen, vorbildlich glasig gebratenen Stück Kabeljau stimmt der Gargrad, das Graupenrisotto ist gut abgeschmeckt, aber die Beurre Blanc macht einen unharmonischen Eindruck hinsichtlich der Säure.

Bei den Desserts zeigen sich – wie vielerorts – Schwächen. Die Kaffee-Crème-brûlée ist geschmacklich zwar gelungen, in der Süße balanciert und von angemessen cremiger Textur, aber der karamellisierte Crunch gerät zu dünn – und der Preis liegt mit 14 Euro überraschend hoch. Der einzig wirklich misslungene Gang ist dann der zu fettige und trocken ausgebackene Krapfen mit einer deutlich zu bitteren Füllung à la Lemon Curd. Aber: Er war das Ersatz-Dessert, da Grießknödel plötzlich aus waren.

Marius Sprenger zeigt solides Handwerk

Angerichtet ist das alles hübsch, ohne dass es ins Prätentiöse abdriftet, und auf schlicht-modischem Geschirr. Marius Sprenger zeigt alles in allem solides Handwerk und liegt qualitativ über dem Durchschnitt normaler Gasthäuser. Mit ein bisschen mehr Stringenz und Detail-Liebe wäre hier aber noch mehr drin.

Positiv hervorzuheben ist die kleine Weinkarte mit neun offenen Tropfen zwischen 4,90 und 5,90 Euro (0,1l), dabei unter anderem eine süffige Weißweincuvée von Joh. Bap. Schäfer (Nahe) und ein charmanter Weißburgunder von Alexander Laible (Baden). Auch einige Flaschenweine gibt es, vor allem aus Deutschland, Frankreich und Italien. Für Biertrinker kommen Gaffel und Budweiser aus dem Fass. All das genießt man in geschmackvoll grau-weiß renovierten Räumen von Holztischen, und im Sommer auch auf der Terrasse. Für Preisbewusste gibt es jeden Montag und Donnerstag ein 3-Gang-Menü für 39 Euro.

Aufgrund von Nelson Müllers Umzug nach Diepeschrath, dem Wechsel in der Küche des „Vendôme“ und Marius Sprengers Küche in Schildgen muss man konstatieren: In Bergisch Gladbach war 2025 kulinarisch viel in Bewegung!

Fazit: Landgasthof der ambitionierten Art mit guten Ansätzen.3 von 6

Der Hof Schildgen, Altenberger-Dom-Str. 152, 51467 Bergisch-Gladbach, Tel. 02202-2499155, geöffnet Do-Mo 17.30-22, So 12-14.30 Uhr, derhof-schildgen.de

Tellergericht mit Fisch und Spinat

Vorbildlich glasig gebratenen: der Kabeljau


Henns Auswahl

Hummerschaumsuppe / 16 Euro

Salatherzen & Mimolette / 12 Euro

Pasta & Herbsttrüffel / 25 Euro

Knuspriger Schweinebauch & Semmelknödel / 28 Euro

Gebratener Kabeljau & Graupenrisotto / 32 Euro

Kaffee Crème brûlée / 14 Euro