Henns GeschmackssacheSternekoch bringt „La kölsche Vita“ auf den Tisch

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Weinlokal Heinz Hermann von Maximilian Lorenz.

Weinlokal Heinzhermann von Maximilian Lorenz.

Im „Heinzhermann“ wird jetzt mediterran gekocht - dabei herauskommen Klassiker mit einem besonderen Dreh.

In Kölner Gastro-Kreisen ist es eine große Sache, wenn bei einem Spitzenrestaurant der Küchenchef „wechselt“. Umso erstaunlicher, dass es im Falle des „Maximilian Lorenz“, wo der hochbegabte Enrico Hirschfeld den Herd Ende 2021 Richtung „Prunier Cologne“ verließ, relativ reibungslos verlief. Auch das Zweitrestaurant „Heinzhermann“ war von der Personal-Rochade betroffen, wird es doch aus derselben Küche bekocht. Hier hat sich in den vergangenen Jahren allerdings einiges getan. Wurden nach Eröffnung noch Gerichte aus aller Herren Länder gekocht, ist heute der Mittelmeerraum hier zuhause, weswegen das Menü auch mit „La kölsche Vita“ überschrieben wird.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Zwar kann man alle Gerichte auch à la carte bestellen, bei den aufgerufenen Preisen wird man aber mehr oder weniger sanft ins Menü geleitet, das mit 59 € für drei Gänge kalkuliert ist – wobei man für einige Edelzutaten wie Hummer oder Austern extra bezahlt. Je nachdem, was man bestellt, sind die 59 € ein günstiges Angebot.

Das Menü beginnt mit einem – wenig mediterranen aber angenehm herzhaften – Kartoffel-Wirsing-Schaumsüppchen als Gruß aus der Küche. Passend mediterran dagegen die hausgemachte Focaccia mit Kirschtomatenstücken - geradezu saftig gelingt sie.

Maximilian Lorenz in seinem Lokal Heinzhermann.

Maximilian Lorenz in seinem Lokal Heinzhermann.

Das man flüssige Speisen beherrscht beweist auch die sämige, frankophile Petersilienwurzel-Schaumsuppe mit Petersilienöl und fein-knusprigen Croutons, der eine sehr gut ausbalancierte Vanillenote einen kreativen Dreh verleiht. Das scheint überhaupt Lorenz‘ Ansatz zu sein: Klassiker zu kochen, aber ihnen oftmals ein überraschendes, aber niemals überforderndes Element an die Seite zustellen.

Klassiker mit speziellem Twist

Beim Vitello Tonnato sind es dem Menü zufolge Zitronenfilets, die ich aber auf meinem Teller vergeblich suche, eine Zitrusnote findet sich aber und die verleiht dem Gericht gehörig Schwung. Ansonsten: viel Sauce, saftiges Fleisch, großzügig Parmesan, Rucola und Aceto Balsamico. In der Qualität bekommt man dieses Traditionsgericht leider selten.

Perfekt gegart ist die confierte Hühnerbrust Supreme (mit Knochen), die Thymian-Polenta gelingt cremig, die Trüffelnote in der schönen Jus ein wenig zu zurückhaltend. Der überraschende Twist? Bissfeste Kohlrabi-Stücken die überraschend scharf gewürzt sind. Beim Steinbutt dann der einzige echte Fehler im Menü: die knusprigen Kartoffelkrapfen sind versalzen. Schade, feiert dieser Old-School-Gang mit Spinat und schöner Beurre Blanc doch gekonnt die Klassik.

Crème Brûlée von der Tonkabohne

Ganz souverän dann wieder die Crème Brûlée von der Tonkabohne mit dünner und fein knackender Karamellschicht, dazu eine Nocke Veilchensorbet. Den lauwarmen Armen Ritter lässt Panettone italienisch werden, dazu gibt es Nutella-Eis und ein in der Säure keckes Kirschragout – eine Kirsch- oder Vanillesauce hätte die Angelegenheit allerdings noch schlotziger werden lassen.

Das „Heinzhermann“ nennt sich auch Weinlokal, viele leere Flaschen an den Wänden belegen diesen Anspruch. Die entsprechende, umfangreiche Karte bietet viel Beeindruckendes, auch gereiftes und kultige Tropfen (unter anderem viel aus Deutschland und großartige Champagner). Zwölf offene Weine sind allerdings ein wenig überschaubar und für ein Restaurant mit vinophilem Schwerpunkt würde es Sinn machen auch ein paar besonders edle Gewächse glasweise auszuschenken.

Der Service ist freundlich, bei vollem Haus kann es mit der Bestellung schon mal etwas dauern, aber alles im Rahmen (außerdem sitzt man schön). Hätte ich einen Wunsch frei, wäre dieser, dass Maximilian Lorenz auch das zweite Wort in seinem „La kölsche Vita“-Konzept mit Leben erfüllt und hier und da mal eine rheinische Reminiszenz einbaut.

Fazit: Mediterrane Bistro-Küche mit klugen Twists. Souverän vom Sterne-Restaurant-Team gekocht, in stilvollem Ambiente. Bewertung: 4 von 6 Punkten.

Weinlokal Heinzhermann, Johannisstraße 64, 50668 Köln, Tel. 0221-988161020, Mo - Fr 12 - 14 & 18 - 22 Uhr (feiertags nur Abend), maximilianlorenz.de/weinlokal-heinzhermann

Henns Auswahl

Steinbutt in Champagnerbutter mit Sonnenblumenkernen, Rahmspinat und Pommes Dauphine.

Steinbutt in Champagnerbutter mit Sonnenblumenkernen, Rahmspinat und Pommes Dauphine.

  • Petersilienwurzel-Vanille-Schaumsuppe 15 €
  • Vitello Tonnato 24 €
  • Steinbutt / Champagnerbutter / Rahmspinat 42 €
  • Hühnerbrust mit Thymian-Polenta 31 €
  • Crème brûlée von der Tonkabohne 13 €
  • Panettone „Armer Ritter“ 14 €
  • Business-Lunch (2 Gänge) 37 €
  • Menü (3 Gänge) 59 €
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