Kreativ-DIY-Trend AusmalbücherEntspannen mit Block und Buntstift

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Birgit Leinemann hat für den Kölner Stadt-Anzeiger Menschen vor Ehrenfelder Kulisse skizziert.

Birgit Leinemann hat für den Kölner Stadt-Anzeiger Menschen vor Ehrenfelder Kulisse skizziert.

Natürlich konnte kein leidenschaftlicher Spötter in diesem Jahr wortlos an diesem Trend vorbeigehen: Ausmalhefte für Erwachsene? Das klang wie der Gipfel der Regression. Erst öffnete in New York ein Kindergarten für Erwachsene, dann zückten dort wie hier Männer und Frauen in ihrer Freizeit Buntstifte und malten Blümchen aus. In Seelenruhe. Ja. Und genau das ist der Witz. Kein neuer Infantilisierungsschub, sondern schlichte Handarbeit, die beruhigt. Von Psychologen geadelt: Ausmalen befördert uns ins Jetzt,wirkt entspannend und stressbefreiend. Wie abspülen. Oder Erbsenpulen. Ausmalen kann jeder Talentfreie. Wie abspülen oder Erbsenpulen, was es nur noch großartiger macht.

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Noch nie jemanden dabei gesehen? Geht vielen so. Aber Tausende machen es. Auf der Bestseller-Liste der so genannten Kreativ-Ratgeber ganz oben steht das „Achtsamkeits-Malbuch“, das sich allein in Deutschland bislang mehr als 400 000 Mal verkauft hat. Autorin ist Emma Farrons aus Frankreich, dem Mutterland der Ausmalhefte für Große. In den USA legte Johanna Basford mit „secret garden“ ein opulentes Werk vor, das weltweit mehr als anderthalb Millionen Käufer gefunden hat – und „an Qualität bislang unerreicht ist“, gibt Jean-Michel Fischer zu, Geschäftsführer der Edition Michael Fischer. Der deutsche Verlag ist mit 34 Titeln zum Ausmalen hierzulande marktführend. Der Trend werde auch das Jahr 2016 überleben, sagt Fischer. Er sei eine Fortsetzung der Do-it-yourself-Bewegung. Mit dem Unterschied, dass man anders als beim Nähen oder Stricken, nichts können müsse. Auch der Entscheidungsaufwand sei minimal. Nehme ich grün oder blau?

Ausmalhefte für Erwachsene sind kleinteiliger, die Motivauswahl ist unbegrenzt: Ryan Gosling oder Weltstädte, Werke holländischer Meister oder Totenschädel. Möchte man unbedingt etwas kindisch finden, dann die Bücher, die nicht auch, sondern nur für Erwachsene veröffentlicht werden, weil dort ungeniert unterhalb der Gürtellinie gekritzelt wird: Sexstellungen, Intimbereiche, Pin-Ups. Gibt es alles blanko. Auch die besinnlichen Effekte der Party-Ausmalbücher (statt Bierpongspiel) könnte man in Zweifel ziehen. Wer schafft es, im Rausch nicht über den Rand zu malen? Wir wollen Ihnen jedenfalls Gutes tun und haben vier Illustratoren aus der Region gebeten, Ausmalbilder zu zeichnen. Für die ganze Familie, mit etwas Lokalkolorit. Malen Sie aus! Es macht gelassen und, wer weiß, am Ende gegen jede Art von Spott immun.

Die Illustratoren

Alex Jahn

„Wie wäre es mit einer Szene aus dem Museum Ludwig?“ Die Idee kam Alex Jahn spontan und er blieb dabei. Zum Glück. Ein Teil der Sammlung ist in seinem wunderbaren Wimmelbild aufgegangen (Seite3), das uns sakrosankte Kunst nach Belieben kolorieren lässt: Wie wäre es mit Kippenbergers „Sympathischer Kommunistin“ in Mauve? Arbeiten des Kölners waren zuletzt auf seiner Ausstellung bei der Art Cologne 2015 zu sehen. Der Grafiker illustriert für Magazine und Bücher. T-Shirts mit seinen Motiven gibt es auch. www.alexjahn.de

Laura de Baptistis

„Ich mag es am liebsten düster“, sagt Laura de Baptistis – lachend. Seit fünf Jahren sticht die Kölnerin in ihrem Privat-Atelier Symbolbilder mit viel Farbe und tiefschwarzer Kontur. „So hält es länger.“ Die 32-Jährige hat ihr Leben lang gerne gezeichnet und gemalt. Jetzt ist sie im Tattoo-Geschäft und hat sich in Köln einen Namen mit traditionellen Motiven gemacht. Sie habe auch nichts gegen rein Dekoratives, weshalb sie gerne eine abstrakte Vorlage gezeichnet habe. (Seite 6). Verspielt, schnörkelreich, kleinteilig. www.black-acid.de

Birgit Leinemann

Die Detail-Lustigkeit ihrer Arbeiten hat uns direkt gepackt: Birgit Leinemann studierte Visuelle Kommunikation, aber schon der Vater zeigte ihr „wie man Gras und Wasser und Häuser zu zeichnen hat“. Für uns hat sie Menschen vor Ehrenfelder Kulisse skizziert, deren Outfits von großartigen Kleinigkeiten geprägt sind (Seite 4) Dank an den Lehrer! Die 52-Jährige organisiert aktuell mit Kollegen das Illustratorenfestival „Illu16“, das im März in Köln stattfindet. www.birgitleinemann.de

Max Fiedler

Er ist Düsseldorfer – einer , der gerne den Brückenschlag mit Köln versuchen wollte. Zeichnerisch zumindest. Deshalb hat uns Max Fiedler eine fantastische Stadt-Ansicht geliefert, in der Wahrzeichen beider Städte versteckt sind (Seiten 8/9). Viel Spaß beim Suchen! Der 38- Jährige arbeitet als Illustrator, Comiczeichner und Gamedesigner. Derzeit entwickelt er das Mobilegame „Card Crawl“ und gerade ist sein „Kritzelbuch Düsseldorf“ erschienen. www.mexer.pigsell.com

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