Zeit für den GartenZurückhaltende Schönheiten

Rosa Blüten von Züchter Händel: H. nobilis „Odette“
Copyright: Josh Westrich Lizenz
Leberblümchen sind etwas für Geduldige. Zumindest, wer sie züchten möchte, braucht viel Ausdauer. Mindestens drei Jahre dauert es, bis ein Sämling blüht, rund 15 Jahre, bis eine neue Sorte in den Verkauf kommt. Denn die Pflanze lässt sich nicht hetzen – „Weltmeister im Langsamwachsen“ nennt Züchter Jürgen Peters sie. Doch Geduld wird belohnt. Denn längst sind Leberblümchen nicht mehr einfach blau: Ihre Blüten spielen von Weiß über Pink bis ins tiefe Violett, manche sind gemasert oder gesprenkelt. Die Blüten können einfach sein, sternförmig, gefüllt, mit Pollenträgern oder ohne. Das Laub hat zwar stets die typische „Leber“-Form, die dem Gewächs schon in der Antike seinen Namen gab, doch tragen viele Sorten auch eine feine Zeichnung auf dem grünen Blatt.
„Lernen Sie von der Natur“, sagt Andreas Händel. Sein Tipp: Gehen Sie in den Laubwald, wo typischerweise Leberblümchen wachsen. „Schauen und überlegen Sie, wo Sie in Ihrem Garten den Pflanzen ähnliche Lebensbedingungen bieten können“. Doch keine Pflanzen der Natur entnehmen, sie sind geschützt! Hepatica brauchen humosen, lockeren und luftigen Boden, idealerweise unter Buchen oder Hasel. Sie lieben Kalk, der dem Boden beigemischt werden kann. Im Winter sollte der Standort hell und nicht zu trocken sein, im Sommer gut beschattet.
„Pflegen Sie die Pflanzen nicht kaputt“, sagt Jürgen Peters. „Lassen Sie Laub liegen. Den Wald fegt ja auch keiner“. Ist die Laubschicht allerdings zu dicht, etwa wenn sie aus großen Platanenblättern besteht, können die Pflänzchen ersticken. Asiatische Sorten und teure Sammlerstücke werden am besten im Topf und im Glashaus kultiviert.
In Laub- und Mischwäldern
In Deutschland kommen Leberblümchen vor allem westlich des Rheins in Laub- und Mischwäldern vor, sie gedeihen in kontinentalem Klima. Aus der am weitesten verbreiteten Wildform, Hepatica nobilis, sind durch Züchtung und Einkreuzung von Leberblümchen aus anderen Regionen unzählige neue Sorten entstanden. Aus Rumänien stammt die zweite bekannte Wildart, das Siebenbürger Leberblümchen, Hepatica transsylvanica, das größere Blüten und Blätter als das H. nobilis trägt. Für Züchter interessant sind jedoch vor allem die asiatischen Arten: Sie haben eher weiße und rosafarbene statt der typischen blauen Blüten, tragen unterschiedlich geformte Staubblätter und Laub mit ungewöhnlicher Färbung. In Japan gibt es seit den 1970er Jahren einen richtigen Hype um Leberblümchen, besonders seltene – und teure – Sorten sind durchaus ein Statussymbol. Diese zarten Gewächse brauchen allerdings ein Gewächshaus, um bei uns überleben zu können.
Züchtung in Handarbeit
In der Biedermeierzeit waren Leberblümchen groß in Mode, dann gerieten sie in Vergessenheit, bis seit den 1990er Jahren Gärtner das Interesse an den eher unauffälligen Pflänzchen wiederbeleben. Jürgen Peters und Andreas Händel, der selbst ernannte „Mister Hepatica“, widmen ihr Leben der Liebe zu diesen Blumen, züchten und vermehren sie in Handarbeit. Andreas Händel, der sein Wissen in einem neuen Buch zusammengetragen hat, war schon als Fünfjähriger von den blauen Frühlingsblumen in den Wäldern seiner Heimat Thüringen fasziniert. Bei seiner Lehre, die er in den 1970er Jahren im Betrieb von Karl Foerster absolvierte, fand er zwar ein Riesensortiment an Stauden, aber kein einziges Leberblümchen. „Na dann versuch mal, die anzubauen, hieß es“, erinnert er sich. Da sie so viel Zeit brauchen, sind sie für wirtschaftlich arbeitende Gärtnereien nicht interessant. Doch gerade das reizte Händel. Viele Sorten sind durch seine Hand entstanden, zu seinen liebsten gehören etwa „Blaue Stunde“, mit straffen Stielen und Laub, das das ganze Jahr schön bleibt, oder „Sternenglanz“ mit einem Krönchen aus dunklen Staubblättern. Händels Ziel: gartenwürdige Pflanzen zu züchten, die ohne große Pflege im Beet gedeihen.
75 Jahre an einem Standort
Wer die richtigen Bedingungen im Garten hat, humosen Boden unter Laubgehölzen, braucht sich nicht viel um die Leberblümchen zu kümmern. Schädlinge interessieren sich wenig für das Pflänzchen. „Es kommt mal vor, dass eine Schnecke über eine Knospe raspelt“, sagt Jürgen Peters. Doch meist blieben sie unbehelligt. Die Wahl des Ortes sollte gut überlegt sein: „Leberblümchen werden nicht gerne umgesetzt, lassen Sie sie bitte zehn bis 15 Jahre an einem Ort stehen“, sagt Peters. Wo sie sich wohlfühlen, breiten sie sich schnell aus und können ein ganzes Menschenleben lang bleiben – 75 Jahren an einem Standort sind keine Seltenheit.
Andreas Händel, Josh Westrich: „Leberblümchen, Edelsteine im Frühlingsgarten“, Edition Art&Nature, 240 S., ca. 62 Euro.
Jürgen Peters: „Hepatica – Arten, Sorten, Kultur“, Schriftenreihe der Gesellschaft der Staudenfreunde, 144 S., 15 Euro.
Gewöhnliche, aus Samen gezogene Leberblümchen gibt es bereits für ein paar Euro pro Stück. Teurer wird es bei den Sorten, die durch Teilung der Pflanzen entstanden sind – Liebhaber zahlen für „Sunmarble Alba“ mit weißen Blüten und marmorierten Blättern 35 Euro. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn deutsche Sammler nur selten mehrere Tausend Euro, wie etwa in Japan nicht ungewöhnlich, ausgeben. Doch Preise wie 120 Euro für das weiß-pinkfarbene „Rötgesbütteler Röschen“ oder 250 für die violette japanische Züchtung „Geschenk“ sind durchaus üblich.