40 Jahre BAPSo war das Jubiläums-Konzert - Song für Song

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Die Band spielte Hit auf Hit in der Lanxess-Arena.

DomGlocken

Als das Geläut verklingt, weiß das Publikum, was die Stunde geschlagen hat: 20.10 Uhr. Zeit für ein bisschen Musik. Und sofort, kaum spielt Wolfgang Niedecken’s BAP den ersten Ton, steht die Arena. Und die Zuhörer werden  im Laufe der nächsten 220 Minuten nicht allzu oft auf den Sitzen entspannen. Ihr 40-jähriges Bestehen feiert die Band auf der Tournee „Lebenslänglich“ mit lauter „liebsten Liedern“   – und die Station in Köln ist da das Epizentrum. Gehen wir den Abend doch mal schnell durch!

Frau ich freu mich

Ein Stimmungsaufheller der bewährten Art. Weiterhin mit dem originalen Wortlaut: „Will nix wesse vun dä Bettwäsch / vun Prinz Charles un Lady Di“. Ist zwar von gestern, aber immer noch lustig.  Der durchdringende Tastensound von Michael Nass bewährt sich hier ein erstes Mal. Die Akustik im Innenraum ist ordentlich, mal mit etwas viel Hall. In den Oberrängen, lesen wir in unseren Mails, sei die Akustik zuweilen sehr der Ton durchwachsen gewesen.

Ne schöne Jrooss

Wolfgang Niedecken bessert auch mal nach.  Dem Song hat er eine neue dritte Strophe verpasst: „Mer werden all op Schritt und Triitt överwacht“. Und zwar mit GPS und Kameras.

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Nix wie bessehr

Erste Ansage vor dem nächsten Hit: „Was geht hier ab, mein lieber Mann! Es scheint sich um Köln zu handeln.“ Ulrich Rode, der nun auch schon nicht mehr ganz so neue Gitarrist in der Nachfolge von Klaus Heuser und Helmut Krumminga mit schönen Solo.

Fortsetzung folgt

Niedecken erinnert sich an den Auftritt mit diesem Song bei „Wetten dass..?“ Nach dem Vortrag sei Thomas Gottschalk zur Band gekommen und habe sich selbst interwiet – „das war sehr schön“. Anne de Wolff, die Multi-Instrumentalistin, greift erstmals zur Posaune.

Für ne Moment

„Meine Visitenkarte“, sagt der Sänger. Das Lied über die Band-Anfänge, die Stadt und die Sprache, „die mer 'n Düsseldorf zwar Rheinisch, doch em Rest der Welt Kölsch nennt.“ Percussionist Rhani Krija lässt beim Stichwort Wasser die Rasseln rauschen.

Jupp

Der wunderbare Song über den Herrn, der von seinen Reisen Richtung Kokosnuss und Packeis fabuliert, ist auch schon 35 Jahre alt. Ulrich Rode gibt ihm ein Akkustik-Intro, das sich nicht nur hören alssen kann, sondern sich geradezu gut anfühlt.

Aff un zo

Noch so ein Gute-Laune-Song, obwohl darin auch viel von miesen Momenten die Rede ist. Es zählt, was am Ende steht: „Aff un zo jeht et uns janit schlääsch.“ Auf der Leinwand prangt dazu die Brücke ohne Anschluss bei Euskirchen, wo einst das Album präsentiert wurde.

Alles relativ

Nach so vielen vertrauten Hits folgt eine fette Ladung vom neuen Album. Es geht los mit Niedeckens „Autobiografie in acht kurzen Strophen“. Die darin gestellte Frage, ob ihm noch einer zuhöre, jetzt, da er auf die 70 zugehe, ist leicht zu beantworten: Ja. In der Arena sind es 15.000.

Vollkasko-Desperado

Ein Neuzugang in Niedeckens Galerie der befremdlichen Zeitgenossen – wie der Müsli-Män, der Wellenreiter oder die aalglatten Männer.  

Absurdistan

Ein Song, der zu drei Vierteln auf Hochdeutsch daherkomme, sagt Niedecken. Denn wenn es besonders ernst werde, wende man sich selbst als „native speaker“  dem Hochdeutschen zu. Interessant. Aber müssten dann nicht sofort  viele ernste BAP-Songs umgeschrieben werden?

Vision von Europa

Ein guter Flüchtlings-Text vom neuen Album. Und Gelegenheit für Niedeckens Mahnung, Afrika nicht zu vergessen. Und er meint damit in Sonderheit sein Hilfsprojekt, in dem es um Kindersoldaten geht.

Diego Paz wohr nüngzehn 

Der schnelle Ritt durch den Falkland-Krieg. Es duellieren sich Tasten und Gitarrensaiten aufs Heftigste. Dann die Band-Vorstellung: Dass Sönke Reich (Jahrgang 1983), der neue Schlagzeuger, jünger ist als der Song „Verdamp lang her“, sorgt weiterhin für Heiterkeit. Werner Kopal am Bass ist nun auch schon 20 Jahre an Bord. Und für Rhani Krija ist nach diesem Kölner Konzert erst einmal Tournee-Ende, weil er Verpflichtungen hat bei Sting und Peter Gabriel. Alles vorher abgesprochen.

Unger Krahnebäume

Die Hommage auf den Fotografen Chargesheimer und eine alte Kölner Straße im langen Schatten des Doms.

Dausende vun Liebesleeder

Noch ein Gedicht, das sich auf Köln reimt. Schneller Beat  und sentimentaler Text – dass das zusammengeht, wird hier bewiesen. Dazu melancholisch-kuriose Karnevalsbilder. Manche Menschen wollen nun schunkeln. Niedecken: „Wenn man das von der Bühne aus sieht, denkt man, man ist besoffen.“

Jraaduss

Es folgen vier Liebeslieder im Sitzen.  Zwei davon sind für die Ewigkeit. „Jraaduss“ gehört dazu. Darin die Zeile. „Et woor schöön, et woor joot, ahm Engk e bessje ze koot.“ Schön? Ja, das wird man am Ende von diesem Konzert sagen können. Gut? Auf jeden Fall. Etwas zu kurz? Hmm.

Paar Daach fröher

Das Lied für Ehefrau Tina. Erstaunlich: Auch das können  sehr viele mitsingen. 

Alles em Lot

Auch so eine Nummer, bei der man aufpassen muss, dass sie einem nicht tagelang durchs Hirn wabert.

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Do kanns zaubre

Das andere Liebeslied für die Ewigkeit. Angeblich der beliebteste aller BAP-Songs. Wolfgang Niedecken hat das in der Fernsehshow „Sing meinen Song“ (SMS) erzählt. In Südafrika hat Nena die Nummer gebracht. Und nun? Genau: Gastauftritt. Nena mit glitzernder Stones-Zunge auf dem Shirt. Sie singt hochdeutsch, er kölsch. Eine kuriose Mischung, die das Lied fröhlicher macht als je gehört.

Kristallnaach

Nena ist wieder runter von der Bühne.  Niedecken kündigt an, dass auch Samy Deluxe, der „Kristallnaaach“ bei SMS eindrucksvoll gerappt hatte, irgendwann auf der Tour einen Gastauftritt haben wird. 

Arsch huh

Die logische Fortsetzung im Programm. Die Parole lautet: Handelt, wenn etwas nicht stimmt.  Tut es nicht irgendwann, sondern jetzt.

Verdamp lang her

Der ultimative BAP-Titel. Die DNA der Band. Früh geschrieben, aber geht immer noch. Nena kommt  zurück. Hier passt ihr typisches Armrudern ziemlich gut. Jetzt soll Schluss sein, um 22.30 Uhr. Das Publikum widerspricht singend: „Oh wie ist das schön!“

Halv su wild

Der Sänger tritt auf mit frischem T-Shirt, ungebrochenem Elan und leicht angerauter Stimme.

Alexandra nit nur du

Jede Menge Raum für die Solisten. Dass die Band in sehr guter Verfassung ist, merkt man auch in diesen Momenten. Der  Eindruck setzt sich fest, dass die Arrangements etwas komplexer und  subtiler geworden sind – gerade auch im Percussions-Bereich.

Dä Herrjott meint et joot met mir

Einst habe er gesungen „Wenn et Bedde sich lohne däät“, sagt Niedecken. Nun sei das die Fortsetzung.  Also,  das Beten scheint sich gelohnt zu haben. Alles im Lot – äh, stimmt, den Song hatten wir ja schon. Und wieder soll Schluss sein. Ist aber  auch nicht ernst gemeint.

Amerika

Mit abermals frischem T-Shirt geht es in die nächste Zugaben-Runde. Dass BAP textreu ist, zeigt sich hier erneut: Wie schon in „Jupp“  taucht hier  ein „Neger“ auf, der nicht sprachpolitisch korrigiert wird.

Rita, mir zwei

„Frauenname mit vier Buchstaben“ – so lautet die Ankündigung seit Jahr und Tag. Danach soll wieder was sein? Stimmt. Aber jetzt   bleibt die Band erst einmal auf der Bühne  und versammelt sich zu einem Brainstorming. Diesmal hat Rhani Krija „die Idee“, die bei jedem Konzert ein anderer Musiker haben darf: Die Band bleibt  und spielt den letzten – wirklich den letzten? – Zugabenblock.

Unendlichkeit

Noch ein Sentimentalität „im uferlosen Ozean der Zeit“. Stammt vom neuen Album. Nichts sei für die Ewigkeit, hören wir. Stimmt das? Vermutlich ja. Aber heißt es nicht an anderer Stelle, dass es hinterm Horizont weitergeh? Schauen wir mal. 

Et letzte Leed

Herrliche Schlussnummer in einer Fast-a-capella-Version. Eine Verneigung vor den Bühnenarbeitern – und bereits 1977 geschrieben, als die Band noch durch die weite Welt der Kölner Südstadt tourte.

Heimweh noh Kölle

Was soll denn jetzt noch kommen? Der emotionale Höhepunkt. Hans Süper, 80 Jahre alt, kommt auf die Bühne. Mit seiner Flitsch. Ehe er die Willi-Ostermann-Hymne anstimmt, die gemeinhin vom Band eingespielt wird, erzählt er erst ein wenig aus seinem Leben.  Als er anfing, hätten die Leute auch gestanden – wie jetzt die BAP-Fans in der Arena. Damals hätte er gedacht: Boah, der Durchbruch! Doch dann stellte sich heraus, dass überhaupt keine Stühle im Saal standen. Dann aber Süper und Niedecken mit dem Bekenntnis zu Dom und Köln und allem, was dazugehört: „Ich möch direk op Heimat schwenke, ich möch zo Foß no Kölle jon.“ Die singende Arena. Es ist kurz nach halb zwölf. Mehr geht nicht. Es war gut, es war schön.

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