Züge, Tickets, JobsDas sollten Pendler zum Aus von Abellio in NRW wissen

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RRX_Zug

Wegen Bauarbeiten für den RRX ist die Strecke zwischen Köln und Düsseldorf in den Sommerferien gesperrt.

Köln/Düsseldorf – Das Aus für das Regionalbahn-Unternehmen Abellio Rail in Nordrhein-Westfalen ist wohl nur noch eine Frage von Tagen. Zwar hat das Tochterunternehmen der Niederländischen Staatsbahnen im Streit um den Ausgleich millionenschwerer Verluste fristgerecht ein neues Angebot vorlegt. Das können die Verkehrsverbünde in NRW nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aber nicht akzeptieren.

Es sieht dem Vernehmen nach vor, dass lediglich rund 17 Prozent der absehbaren Verluste ausgeglichen werden, und liegt damit weiterhin deutlich unter den Forderungen der Verkehrsverbünde. Das Angebot wird derzeit geprüft. Die Entscheidung, ob man mit Abellio weitermacht, soll Mitte der Woche fallen.

Das Verhandlungsgebaren von Abellio ist bei den Aufgabenträgern sauer aufgestoßen: „Vier Stunden, nachdem die Abellio Rail GmbH eine Presseinformation mit der Ankündigung der beabsichtigten Angebotsabgabe an Medien versandt hat, ist tatsächlich ein Angebot bei den Aufgabenträgern eingegangen", heißt es in einer Mitteilung.

„Bereits dieses Vorgehen“ sei gegenüber den Verkehrsverbünden als Vertragspartner beispiellos. „Inwieweit die gegenüber der Öffentlichkeit dargestellten Beträge und Vorschläge sich faktisch im Angebot wiederfinden und ob diese für eine Einigung tauglich sind, wird derzeit sorgsam geprüft. Das Ergebnis wird anschließend den politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt", heißt es weiter.

Um wieviel Geld geht es eigentlich?

Das lässt sich nur schwer abschätzen. Sollte Abellio weitermachen und alle Verkehrsverträge bis zum Ende der Laufzeiten erfüllen, dürften die Verluste rund 400 Millionen Euro betragen. Alles, was Abellio nicht ausgleicht, muss von der öffentlichen Hand übernommen werden.

Welche Folgen hätte das Aus von Abellio für die Pendler in Nordrhein-Westfalen?

Kurzfristig ändert sich nichts. Bis zum 31. Januar 2022 muss Abellio auf allen Linien in jedem Fall weiterfahren. Das haben die Verkehrsverbünde so vereinbart und zudem mit einer zusätzlichen Finanzspritze von acht Millionen Euro abgesichert.

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Und danach?

Ab 1. Februar sollen die Linien dann nahtlos von anderen Bahnunternehmen im Rahmen von Notvergaben übernommen werden. Beworben haben sich die DB Regio, National Express und Vias Rurtalbahn. National Express ist dem Vernehmen nach an beiden Linien des Rhein-Ruhr-Express' zwischen Hamm-Aachen und Kassel-Aachen interessiert. DB Regio NRW will die S-Bahn Rhein-Ruhr übernehmen, die sie bei der letzten Ausschreibung an Abellio verloren hatte. Die Vias Rurtalbahn könnte die S 7 (Wuppertal-Remscheid-Solingen) betreiben. Über die Notvergaben soll zwischen dem 19. und 26. November entschieden werden.

Wie wichtig ist Abellio für den Regionalverkehr in NRW?

Abellio ist mit einem Marktanteil von 17,5 Prozent hinter dem Platzhirschen DB Regio (46,7 Prozent) der zweitgrößte Anbieter in NRW und fährt jährlich mit seien Zügen rund 21 Millionen Kilometer. Vor allem die beiden RRX-Linien und die S-Bahn Rhein-Ruhr sind von großer Bedeutung.

Was wird aus den Abellio-Zügen?

Die Züge sind kein Eigentum von Abellio, sondern gehören den sogenannten Aufgabenträgern, vereinfacht gesagt den Verkehrsverbünden. Sie werden von den Bahnunternehmen, die einspringen, übernommen. Der Rhein-Ruhr-Express beispielsweise hat ein eigenes einheitliches Design, so dass im Grunde nur der Name des Bahnunternehmens ausgetauscht werden muss.

Und das Personal?

Die Aufgabenträger haben ein großes Interesse daran, dass das gesamte Abellio-Personal von den Nachfolgern übernommen wird. Also nicht nur die Lokführer, sondern auch Disponenten und Werkstattverträge. Insgesamt beschäftigt Abellio in NRW etwa1060 Mitarbeitende.

Kann das gelingen?

Im Prinzip schon. Es wird viel davon abhängen, wie viele Abellio-Mitarbeiter sich bereits andere Arbeitgeber gesucht haben und schon auf dem Absprung sind. Lokführer ist ein absoluter Mangelberuf, Fahrpersonal in der gesamten Branche sehr gefragt.

Müssen Pendler auf den Abellio-Linien nach einem möglichen Betreiberwechsel mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen?

Ganz reibungslos wird ein möglicher Übergang nicht zu organisieren sein. Das hat die neue Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) in der vergangenen Woche schon angedeutet. Lokführer anderer Bahnunternehmen können die Abellio-Züge nicht einfach so übernehmen. Sie müssen für jeder einzelne Linie trainiert werden, die sogenannte Streckenkunde erwerben, um deren Besonderheiten zu kennen.

Kann ein Aus von Abellio zu höheren Fahrpreisen führen?

Nein. Die Tarife werden von den Aufgabenträgern einmal pro Jahr verhandelt und festgelegt. Sie gelten unabhängig von der Frage, welches Bahnunternehmen welche Strecken fährt.

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