Als Tochter belogen, als Ehefrau betrogen

Sandra (Dorothee Fleschen, rechts) ist in den Sprühnebel eines ganz speziellen Parfums geraten (linkes Bild). Wegen der beengten Platzverhältnisse wich das Ensemble in den Garten von Spielleiterin Ilse Monika Höhn aus (r.).
Copyright: Claudia Mund
Dellbrück – „Liebling verdufte!“, rufen fünf rot gekleidete Frauen am Ende des gleichnamigen Stückes im Chor. Lange haben sie für die Einsicht gebraucht, dass sie sämtlich von Frank Tasser, einem erfolgreichen Parfümhersteller, hinters Licht geführt wurden. Als Tochter belogen, als Ehefrau betrogen, als Geliebte nur Gespielin auf Zeit, rotten sie sich zusammen, um dem triebgesteuerten Taugenichts endgültig den Garaus zu machen. Einzig die Ehefrau beharrt auf ihrer Liebe zu „ihrem Frank“, ihre Beweggründe liegen bis zuletzt im Dunkeln.
Ilse Monika Höhn brachte die Komödie in drei Akten von Indra Janorschke und Dario Weberg in theatralisch abgespeckter Form in ihren Garten, der ungewöhnliche aber inspirierende Ort der Lesung ergab sich aus der Not heraus. Im Klapperkasten, dem eigentlichen Domizil des Dellbrücker Theaterclubs, taten sich aufgrund beengter Platzverhältnisse Probleme bei der Umsetzung der Corona-Schutzmaßnahmen auf. Um die Sommeraktivitäten nicht völlig auszusetzen, verlegte die Spielleiterin Bühne und Zuschauerraum in ihr hauseigenes „Plätzchen im Grünen“.
Fünf Stühle und ein mit diversen Parfums bestückter Tisch dienen als Bühnenbild für die lebhafte Lesung der enthusiastischen Darstellerinnen, wer einen Nasen-Mundschutz trägt, ist gerade nicht in die Handlung involviert, befindet sich also eigentlich gar nicht auf der Bühne. Zu zweit startet das Quintett auf die schier endlose Odyssee von Enthüllungen über besagten Frank Tasser. Ehefrau Ottilie (Gabriele Hermann) und Tochter Hermine (Helga Goddyson) haben eben erst von den Zukunftsplänen des Unternehmers erfahren. Familie und Firma will er zugunsten seiner Geliebten in Richtung Karibik verlassen. Als Tassers Sekretärin Eva (Renate Lech) auf die Frauen stößt, stimmt sie nicht in die Schimpftiraden der Tochter über ihren skrupellosen Vater ein, weil – man ahnt es – sie sich für das auserwählte „Zuckersternchen“ ihres Chefs hält.

Sandra (Dorothee Fleschen, rechts) ist in den Sprühnebel eines ganz speziellen Parfums geraten (linkes Bild). Wegen der beengten Platzverhältnisse wich das Ensemble in den Garten von Spielleiterin Ilse Monika Höhn aus (r.).
Copyright: Claudia Mund
Zwei weitere Geliebte, die Schwestern Sandra (Dorothee Fleschen) und Daniela (Regina Hasse), kommen im Verlauf hinzu, jede hält sich bis zum Erscheinen der nächsten für die Favoritin des ominösen Tasser. Der hat im Vorfeld für den finanziellen Ruin seiner Gattin gesorgt, denn sie, die wahre Erfinderin der umsatzstarken Parfumlinie „Poolipoo“, würde im Falle einer Scheidung leer ausgehen. Warum sich Ottilie trotzdem nicht am Mordkomplott an ihrem Mann beteiligen will und was ihre Parfümkreationen damit zu tu haben, kommt durch eine überraschende Wendung im letzten Akt heraus.
„Von der Stimmung her ist es hier richtig schön“, bemerkt Zuschauer Georg Zucker in der Pause nach dem zweiten Akt. Er und seine Frau sind leidenschaftliche Theaterbesucher. Vom besonderen Flair der Outdoor-Lesung zeigen sich auch Michael Saatz und Margret Pelzer angetan. Das Stück selbst findet Georg Zucker gerade richtig für die schwierige Zeit, es sei „leicht“ und man könne immer wieder herzlich lachen, sagt er.
„Wir hoffen, bald wieder in den Klapperkasten zurückkehren zu können“, meint Ilse Monika Höhn etwas wehmütig, doch trotz des unkonventionellen Aufführungsortes überzeugt das alternative Format der Lesung. Die teils frisch gebackenen Leserinnen meistern ihre Parts allein durch den nuancierten Einsatz von Stimme, Mimik und Gestik.
Vor über 25 Jahren gründete Ilse Monika Höhn den Dellbrücker Theaterclub Klapperkasten, ihr theatralisches Handwerkszeug hat sie sich als Kleindarstellerin im Schauspielhaus und bei Seminaren in Stimmbildung und Schauspiel angeeignet. „Das Theater ist meine Mission“, schwärmt sie, „mit der Gründung des Klapperkastens wollte ich etwas Kultur nach Dellbrück bringen“.
Seit 2002 ermöglichte sie jeden Monat mindestens eine Veranstaltung im Klapperkasten auf der Bergisch Gladbacher Str. 1006, bis zur Rückkehr dorthin hat sie weitere Lesungen in ihrem Garten geplant.
Ilse Monika Höhn, Dellbrücker Theaterclub
Georg Zucker, Zuschauer