Über 200 TäuflingeAm Rhein findet das größte Tauffest statt, das Köln je erlebt hat

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Jonte (3.v.l.) wird auf dem Tauffest getauft.

Köln – Jonte (3) hatte erst Bedenken. „Er hatte irgendwie die Vorstellung, dass Taufen von Tauchen kommt. Und da war ihm das mit dem Rhein nicht geheuer“, erzählt seine Mutter Ines Dettmann.

Seit geklärt ist, dass es nur ein klein wenig Wasser auf den Kopf gibt, freut sich der kleine Junge, der im September vier wird, auf sein Fest. „Er hat verstanden, dass da etwas sehr Wichtiges mit ihm passiert.“

Die Taufe, die er mit seinen drei Geschwistern und der ganzen großen Familie am 13. August am Rhein feiert, ist wohl das größte Tauffest, das Köln je erlebt hat: Mit Jonte werden mehr als 200 andere Täuflinge unter dem Motto „Vielfalt feiern“ mit einem riesigen Gottesdienst am Rhein mit Blick auf den Dom getauft.

Danach gibt es ein buntes Taufpicknick mit einem kulturellen Rahmenprogramm. Rund 4000 Taufgäste erwartet die Evangelische Kirche in Köln und der Region zu dieser Premiere. Gab es bislang vereinzelt Gemeinden, die schon mal am Rhein getauft haben, ging das Angebot nun erstmals an alle evangelischen Gemeinden in Köln und der Region: 44 Pfarrgemeinden machen mit und mehr als 40 Pfarrerinnen und Pfarrer werden taufen.

In der Natur das Leben feiern

Die Idee dazu stammt von Miriam Haseleu, die Pfarrerin in der Lutherkirche in Nippes ist und ein solches Tauffest schon einmal in Hamburg an der Elbe erlebt hat. Sie freut sich, dass die Evangelische Kirche im Rheinland den Impuls aufgenommen hat und sich so viele Menschen gemeldet haben. „Gerade in diesen Zeiten ist so ein gemeinsame Zeichen wichtig: Wir wollen mit einem großen Fest in der Natur das Leben feiern.“

Dabei soll ein großer Bogen gespannt werden von jedem einzelnen Täufling zu der großen Gemeinschaft: „Jeder und jede einzelne ist gemeint, bejaht und geliebt. Und zwar genau so wie er oder sie ist. Das ist die Botschaft. Gleichzeitig sind wir eine große Gemeinschaft und tragen Verantwortung in einer gemeinsamen Welt.“

Die meisten Täuflinge sind Kleinkinder, deren Familien die Taufen in der Pandemie verschoben hatten. Aber auch Babys, Jugendliche und Erwachsene lassen sich taufen. Es sind Familien dabei, die in ihren Gemeinden verwurzelt sind, aber auch solche, die bislang mit Kirche wenig Kontakt hatte.

Während des Gottesdienstes werden alle Täuflinge auf den Picknickdecken ihrer Familien einzeln von der Pfarrerin oder dem Pfarrer der eigenen Gemeinde getauft. In Workshops haben die Eltern sich auf die Taufe vorbereitet und jeweils für ihr Kind einen Sonnenschirm mit dem Namen kreativ gestaltet.

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Überall in der Stadt hängt Werbung für das Tauffest.

Der evangelischen Kirche geht es allerdings nicht nur darum, eine neue Form der Tauffeier auszuprobieren. „Wir wollen als Kirche auch ganz bewusst ein Zeichen für Diversität und Buntheit zu setzen. Jeder ist so willkommen und gewollt, wie er ist – egal wie er lebt oder liebt.“

Und das drückt sich nicht nur darin aus, dass mit Sarah Vecera eine Theologin predigt .., die sich selbst als „Frau of Color“ bezeichnet und Autorin des Buches „Wie ist Jesus weiß geworden“ ist. Diversität drückt sich auch in dem kulturellen Rahmenprogramm aus, das vor und nach dem Gottesdienst auf den Rheinwiesen stattfinden wird: Da bittet Frau Höpker zum Gesang, das Kunstorchester Kwaggawerk sorgt ebenso für gute Laune wie die Percussiongruppe „Mama Afrika“, die mit westafrikanischem Tanz, Gesang und Akrobatik aufwartet.

Eine inklusive Theatergruppe, die aus vielen Kulturen zusammengesetzt ist, entwickelt vor den Augen der Zuschauer Wasserwesen. Für die Kinder sorgt die bekannte Kreuzberger Kinderliedermacherin Suli Puschban für Stimmung, die mit dem Kinderlied „Ich hab die Schnauze voll von Rosa“ bekannt wurde. Und Ralph Caspers von der „Sendung mit der Maus“ und „Wissen macht Ah!“ ist auch dabei.

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Ein Schirm zur Taufe von Elyar.

Für Jontes Familie war es aber weniger das prominente Rahmenprogramm, das den Ausschlag gegeben hat. Die drei älteren Geschwister von Jonte sind alle in der Lutherkirche getauft. „Beim vierten Kind haben wir gedacht, dass wir auch mal eine andere Form wählen können“, erzählt Ines Dettmann. Sie findet gut, dass Kirche sich auch Neuem öffnet, um bei den Menschen zu bleiben. Das wollen sie als Familie unterstützten.

Außerdem findet Dettmann die klassische Rückbesinnung auf die Flusstaufen einen schönen Gedanken. Zumal Jonte als „Kölscher Jung“ ja ohnehin zum Rhein eine ganz besondere Beziehung entwickeln wird. „An der sommerlichen frischen Luft gemeinsam mit anderen Menschen Kirche in ungezwungener Weise zu erleben, das hat uns angesprochen.“ Und die ganze erweiterte Familie war dafür offen. Alle werden sie etwas Leckeres für das Picknick beisteuern.

Für die evangelische Kirche ist es nicht immer einfach, differenziert wahrgenommen zu werden. Gerade angesichts vieler negativer Schlagzeilen im katholischen Erzbistum. „Da wird doch immer alles in einen Topf geworfen“, sagt Haseleu.

Gerade darum wolle das Fest auch öffentlich das Statement setzen, dass die Vielfalt und Diversität ein Wesensmerkmal der evangelischen Kirche sei. „Und dass verschiedene Lebens-, Familien- und Beziehungsformen uns bereichern.“

Außerdem wolle man als Kirche nahbar sein: „Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche kommen, muss die Kirche zu den Menschen kommen. Alles verändert sich. Wir auch.“

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