Anuga in KölnGuter veganer Käse – das schafft nur eine Herstellerin auf der Messe

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Giulia Dentice und Käsemacher Carlo Piccoli ihres Unternehmens „dall‘albero“, das sich auf veganen Käse spezialisiert hat. 

Köln – Ohne Fleisch zu leben sei gar nicht so schwer, behaupten immer mehr Verbraucher, die Steaks, Salami oder Bratwurst der Umwelt zuliebe vom Speiseplan gestrichen haben. Schließlich gibt es inzwischen, wie gerade auch auf der Anuga zu erleben, eine Riesenauswahl an Fleischersatz-Produkten, die einen Verzicht immer leichter machen. Die weitaus größere Hürde im Bemühen um eine dem Tierwohl angemessene Ernährung, sagen viele Konsumenten, sei indes der Käse, der in rein pflanzlicher Form geschmacklich bisher nicht ganz überzeugen konnte. Ist die Branche inzwischen ein Stück weiter?

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Mireia Bermejo Bandera mit milchfreiem Käse-Ersatz

Mischt man sich unter die Aussteller in Halle zehn, wo überwiegend Molkereierzeugnisse angeboten werden, schütteln viele Experten bedauernd den Kopf. Die perfekte Alternative zum herkömmlichen Käse, „da werden Sie lange suchen“, meint Patrick Diss, Managing Director des Schweizer Unternehmens Emmi. Man arbeite an der Rezeptur, „aber wir haben es noch sehr schwer“.

„Sie werden ihn nie wirklich kopieren können!"

Ein Repräsentant des belgischen Unternehmens St. Paul sieht das ähnlich. „Wir kommen der Sache näher, aber Sie werden ihn nie wirklich kopieren können“, betont der Mann und weist auf einen Teller mit Käsewürfeln von einem alten Gouda. Auch farblich unterscheiden sich die Stücke vom „echten“ Laib erheblich von den blasseren, milchfreien Verwandten. Man dürfe nicht vergessen, so der Fachmann, dass „jeder Käse für einen bestimmten Zweck hergestellt“ werde. Wer Käse erhitzen wolle, etwa für Nudelgerichte oder Fleischgerichte wie Lasagne oder Cordon Bleu, finde inzwischen gute pflanzliche Ersatzprodukte.

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So beurteilt das auch ein deutscher Kollege. „Wenn er überbacken wird, wird man es nicht merken“, meint Lars Olbertz und attestiert den „Wilmersburger Scheiben“ eines Viersener Unternehmens aus der Frischpack-Gruppe „ein ganz tolles Schmelzverhalten“. Was den Geschmack betreffe, sei er als richtiger Käse-Esser allerdings „befangen“. Einen Käse am Stück zu finden, den auch der verwöhnte Gaumen goutiert, erscheint wie eine „Mission impossible“. Selbst auf dieser mit unzähligen Neuheiten werbenden Weltmesse der Ernährung ist veganer Käse noch ein Nischenprodukt.

Das Problem heißt „Umami"

Während hier cremige Gorgonzola-Stückchen gereicht, dort Parmesan gehobelt und an wieder anderer Stelle die holländische Käse-Neuheit im Bärlauch-Mantel verkostet wird, ist man sich in der Fachwelt einig: Käse mit Käse zu vergleichen, sei unfair. „Versuchen sie mal, einen zwölf Monate gereiften Bergkäse vegan herzustellen“, meint ein Hersteller und winkt amüsiert ab. Skepsis auch bei der niederländischen Firma Treur Kaas. „Ich persönlich habe noch keinen veganen Käse gefunden, den ich mag“, sagt der Mann am Stand und liefert auch die Erklärung: „Umami.“

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Gabor Szommer mit veganem Käse aus Ungarn

Dieser aus dem Japanischen stammende Begriff, der auch „die fünfte Geschmacksrichtung“ (neben süß, salzig, sauer, bitter – Anm. der Red.) genannt werde und etwas meist anhaltend Würziges beschreibe, sei einfach nicht nachzuahmen. Allerdings wiederholen die Hersteller der veganen Käse-Verwandten fast mantra-artig, dass sie das auch gar nicht beabsichtigen.

Die Ricotta-Überraschung aus Italien

Das unterstreicht auch der Ungar Gábor Szomer. Seine Firma Fino Food hat mittlerweile drei Typen entwickelt: eine Mozzarella-Variante, eine Art Gouda aus Mandeln sowie „einen guten Ersatz für Feta“, was man nach der Verkostung durchaus unterschreiben möchte. Dr. Mannah’s, ein Cuxhavener Unternehmen, hat mehrere delikate Weichkäse im Programm und unter anderem ein festeres Produkt auf Blumenkohl-Basis, das man jedoch auf gar keinen Fall mit Käse vergleichen möchte. Diese Erkenntnis wiederholt sich hier und dort, weswegen man sich fast schon mit einem Gefühl der Enttäuschung dem Messeausgang nähert.

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Käsemacher Carlo Piccoli

Doch dann tut sich am Ende tatsächlich eine Überraschung auf: Das römische Unternehmen „Dall’albero“, vor sieben Jahren von der damals erst 22-Jährigen Giulia Dentice begründet, hat von seinen inzwischen „20 verschiedenen Arten“ die sechs neuesten Sorten mit auf die Messe gebracht – allesamt auf Cashew-Basis. „Wir sind die einzigen, die Ricotta können“, sagt Carlo Piccoli, der Käsemacher am Stand und hält eine Kostprobe hin. Incredibile – unglaublich im Geschmack, und noch unglaublicher, dass da keine Milch drin stecken soll. Auch Firmenchefin Dentice betont, dass sie nicht einfach Käse kopieren wolle, „sondern italienische Tradition und unsere Technik auf pflanzliche Produkte anwenden“. Interessanterweise ist hier offenbar unbeabsichtigt eine gelungene Kopie gelungen.

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