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Aus bei Bäckerei KronenbrotKölner Mitarbeiter fühlen sich hintergangen

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Das Firmenlogo am Werk der Bäckerei Kronenbrot in Köln

  1. Erst vergangenen Donnerstag haben die Mitarbeiter von Kronenbrot erfahren, dass die Firma insolvent gegangen ist.
  2. Seit Dienstag sind sie offiziell freigestellt. Am Mittwoch hat die Bäckerei nun die Produktion eingestellt.
  3. Viele der 330 Kölner Mitarbeiter fühlen sich vom Arbeitgeber hintergangen

Köln – Erhobenen Hauptes, „aber mit sehr gemischten Gefühlen“ haben die Kölner Mitarbeiter der Großbäckerei Kronenbrot Mitte der Woche noch einmal ihren Arbeitsplatz an der Schulstraße in Höhenberg betreten. So formulierte es Frank Kirchhof, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender im Kölner Werk, der – wie ein Großteil seiner rund 330 Kollegen – seit mehr als 30 Jahren für das Unternehmen tätig war. Für die meisten dürfte es einer der letzten Wege zur Arbeitsstelle gewesen sein, denn am Dienstag gab es auf dem Gelände einen Informations-Termin mit Mitarbeitern der Agentur für Arbeit.

Erst vergangenen Donnerstag haben die Mitarbeiter von Kronenbrot erfahren, dass die Firma insolvent gegangen ist. Ihre Kündigungen erhalten sie Mitte August, seit Dienstag sind sie offiziell freigestellt, um Anträge auf Arbeitslosengeld ausfüllen zu können. Darauf angesprochen, fühlen sich die Menschen vor Ort vom Arbeitgeber hintergangen. „Viele sind trotz ihrer Ängste immer weiter arbeiten gegangen, alle haben einen Beitrag geleistet und auf Teile der ihnen zustehenden finanziellen Leistungen verzichtet – verbunden mit der Hoffnung, den Arbeitsplatz zu erhalten“, sagt Kirchhof. „Es ist nicht einfach, in die Gesichter der Leute zu blicken und ihnen Mut für die Zukunft zu machen“. Im Bezirk Kalk, in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin stark vom Strukturwandel betroffen, liegt die Arbeitslosenquote auch heute über dem städtischen Durchschnitt. Rund 240 Familien sind Kirchhof zufolge bei Kronenbrot betroffen, ein hoher Anteil der Beschäftigten wohnt in Kalk. „In vielen Fällen waren beide Partner bei Kronenbrot angestellt“, sagt er.

Dass die Traditionsbäckerei ihre gesamte Produktion zum 31. Juli 2019 einstellen würde, war bereits Mitte Juli angekündigt worden, der Betrieb in den drei Werken steht allerdings schon seit dem 26. Juli still. Leere Brotregale in zahlreichen Supermärkten der Region waren bereits in den vergangenen Wochen das wohl das deutlichste Zeichen des Niedergangs der Kronenbrot GmbH mit ihren insgesamt rund 1000 Mitarbeitern. „Seit vielen Jahren ist das Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Produktionsanlagen sind veraltet und halten den Anforderungen moderner Produktionsabläufe nicht mehr stand“, teilte der zuständige Insolvenzverwalter Biner Bähr mit.

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Mitarbeiter vor dem Kronenbrot-Werk

Kronenbrot hatte seit Längerem erhebliche Probleme. Bereits 2016 war ein erster Insolvenzantrag gestellt worden. In dessen Verlauf veräußerte die Inhaberfamilie Mainz das Unternehmen an den Investor „Signal Capital“. Auch im Rahmen des jetzigen Insolvenzverfahrens und der Suche nach Käufern konnten die Probleme des Unternehmens nicht gelöst werden. Bähr: „Es war kein Interessent bereit, die mit einer Übernahme einhergehenden Risiken zu tragen.“

Ein Argument, das Elmar Jost von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in Köln nicht allein gelten lassen will. „Das Unternehmen war nicht komplett insolvent“, sagt er. „Aber die neuen Inhaber haben nach der Übernahme 2017 die Bereiche der Firma mehrere Untergesellschaften aufgeteilt, eine für Fahrzeuge und Logistik, eine für Immobilien und andere.“ Der Insolvenzverwalter habe so keinen Zugriff auf alle Werte des Unternehmens in den verschiedenen GmbHs gehabt, sodass er die beiden Pleitebereiche „Produktion“ und „Verwaltung“ nun abwickeln musste, lautet der Vorwurf der NGG. Weder die Geschäftsführung von Kronenbrot noch Insolvenzverwalter Bähr nahmen auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwoch dazu Stellung.

„Hier muss der Gesetzgeber das Insolvenzrecht ändern, um diese klassische Heuschreckentaktik zu beenden“, fordert dagegen Gewerkschafter Jost. „Über Jahre sind versprochene Investitionen zur Modernisierung von Maschinen und Produktion in allen Werken vernachlässigt worden, von Main und dann von Signal Capital“, ergänzt Betriebsrat Kirchhof. In der Kölner Belegschaft glaubt niemand mehr, dass Signal Capital je die Absicht hatte, Kronenbrot zu erhalten. „Der Schluss liegt nah, dass das mehr als 10.000-Quadratmeter-Grundstück hier bald teuer verkauft werden soll“, sagt Kirchhof.

„Der Verlust von so vielen Arbeitsplätzen ist schmerzhaft“, teilte eine Sprecherin am Mittwoch auf Anfrage die Sicht der Stadt Köln mit. „Bis 2015 bestand seitens der Wirtschaftsförderung Köln ein regelmäßiger, vertrauensvoller Kontakt zur Geschäftsleitung von Kronenbrot.“ Nach dem Wechsel der Geschäftsführung sei der Kontakt aber plötzlich abgebrochen. Der Stadt-Sprecherin zufolge biete die derzeitige Arbeitsmarktkonjunktur aber zumindest für die Fachkräfte auch Anlass zur Hoffnung, zeitnah eine neue Beschäftigung zu finden werden: „Qualifiziertes Personal wird in vielen Bereichen in Köln und der Region gesucht.“