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Neuer BDKJ-VorsitzenderVolker Andres aus Köln vertritt 660.000 Kinder und Jugendliche

4 min
Volker Andres, Bundesvorsitzender des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)

Volker Andres, Bundesvorsitzender des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)  

Ohne Jugendverbände stünde die Kirche noch schlechter da, sagt der neue Vorsitzende des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Volker Andres.

An Selbstbewusstsein hat es den katholischen Jugendverbänden noch nie gemangelt. In ihrer Kirche sehen sie sich als Lernorte gelebten Glaubens, als „Werkstätten der Demokratie“ – und natürlich als Zukunftsgaranten. „Ohne Jugendverbände stünde die Kirche in Deutschland, die Kirche in Köln noch schlechter da“, sagt Volker Andres, seit wenigen Wochen neuer Bundesvorsitzender des „Bunds der Deutschen Katholischen Jugend“ (BDKJ). „Es würden noch mehr Menschen austreten und noch mehr junge Katholikinnen und Katholiken die Bindung verlieren.“

Zu den 17 Verbänden im BDKJ gehören die Georgs-Pfadfinder und Pfadfinderinnen (DPSG und PSG), die Sportjugend (DJK), die Kolpingjugend, die Landjugendbewegung oder auch die Sternsinger. Insgesamt 660.000 Kinder und Jugendliche sind so unter dem Dach des BDKJ versammelt. Diese Zahl, sagt Andres, ist seit Jahren stabil. Was schon viel heißen will in Zeiten eines grassierenden Schwunds. So hat allein das Erzbistum Köln in den vergangenen zehn Jahren ein Fünftel (400.000) seiner Mitglieder verloren.

Auch die Sternsinger, hier mit einer Delegation bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte) vor dem Schloss Bellevue in Berlin, sind im katholischen Jugenddachverband BDKJ organisiert.

Auch die Sternsinger, hier mit einer Delegation bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte) vor dem Schloss Bellevue in Berlin, sind im katholischen Jugenddachverband BDKJ organisiert.

Volker Andres, 35 Jahre alt, kommt selbst aus dem Erzbistum. Er ist in Neuss aufgewachsen, hat dort nach eigenen Worten „alles mitgemacht, was man in der kirchlichen Jugendarbeit so mitmachen kann“ – als Teilnehmer an Ferienfreizeiten der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), danach als Lagerleiter sowie als Pfarr-, Regionalleiter und Diözesanleiter. Ab 2014 war er auch in den Gremien der KjG auf Bundesebene aktiv. Ende 2017 wurde er dann zum hauptamtlichen BDKJ-Vorsitzenden im Kölner Diözesanverband gewählt. Als Bundesvorsitzender ist sein Dienstsitz jetzt das „Jugendhaus Düsseldorf“.

Dass man in den Verbänden schon als junger Erwachsener Leitungsverantwortung übernehmen, sich selbst ausprobieren, Fehler machen und daran wachsen dürfe – „das finde ich großartig, und das hat mich für mein Leben geprägt“.

Sparvorgabe von 16 Prozent bis 2030

Volker Andres hat in Bonn und Freiburg Theologie studiert. Mit einem ergänzenden Masterstudiengang in Business Administration liegt er in den letzten Zügen.

Andres tritt sein Amt in einer Phase an, in der sich die katholischen Verbände und Organisationen allesamt auf massiv sinkende Finanzen einstellen müssen. Für den Kölner BDKJ gilt schon jetzt eine Sparvorgabe von 16 Prozent bis 2030. Mit einer Abmilderung aufgrund des von Kardinal Rainer Woelki gesetzten Schwerpunkts „Jugend und Berufung“ rechnet Andres nicht. „Wir haben bislang nichts gehört, dass dadurch bei den Kölner Jugendverbänden weniger gespart werden muss. Das ist für uns – wie in diesem Bistum leider so oft – eine Black Box.“

Handeln aus dem Glauben heraus

Bekanntermaßen sei Woelki „nicht der allergrößte Fan“ verbandlicher Jugendarbeit, sagt Andres – zu politisch, zu aufmüpfig. Auch zu wenig spirituell? Das will Andres nicht auf sich und den Jugendverbänden sitzen lassen. „Wir bringen junge Menschen mit dem Glauben in Berührung. Nicht immer in Form der klassischen Sonntagsmesse, aber zum Beispiel mit Gottesdiensten am Lagerfeuer, mit Gebeten und anderen geistlichen Angeboten. Vor allem aber mit einer eigenen Spiritualität der Verbände.“

Was damit gemeint ist, erklärt Andres so: „All unser Tun kommt aus dem Glauben heraus. Wenn ich mir zwei Wochen für ein Ferienlager nehme, dafür vielleicht sogar Urlaub einreiche, freie Zeit und Energie investiere – dann tue ich dies aus dem Geist der Nächstenliebe. Und wenn ich sehe, wie 50 Kinder lachen und Spaß haben, geht mir das Herz auf.“

Die 72-Stunden-Aktion gehört zu den bekanntesten Projekten des BDKJ.

Die 72-Stunden-Aktion gehört zu den bekanntesten Projekten des BDKJ.

Die Praxis kirchlicher Jugendarbeit verändere sich stark, erklärt Andres. Der Klassiker, die wöchentliche Gruppenstunde, sei rückläufig. Dafür sind projektbezogene Angebote im Kommen. Am bekanntesten ist die bundesweite „72-Stunden-Aktion“ des BDKJ mit einer Fülle von sozialen und gesellschaftspolitischen Projekten, die „die Welt ein Stückchen besser machen“ sollen. „Wir reagieren damit auf veränderte Lebenswelten und Lebensgewohnheiten junger Menschen“, erklärt Andres. „Das ist auch die Stärke unserer Verbände mit dem Grundsatz ‚Jugend leitet Jugend‘. Ständig rücken neue junge Menschen in die Verantwortung, die wissen, was Gleichaltrige anspricht“.

Finanzierung einer Missbrauchsstudie durch die Bischöfe steht aus

Davon profitiert auch die Kirche, findet Andres: „Wir leben Kirche zielgruppengerecht – offen, lebendig, nicht verstaubt und nicht fixiert auf überholte Traditionen.“

In seinem neuen Spitzenamt hat Andres sich viel vorgenommen. Er will unter anderem eine Studie zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bereich der Jugendverbände auf den Weg bringen. Beschlossen ist sie bereits. Andres hofft jetzt auf Geld von der Bischofskonferenz, damit die Finanzierung nicht zulasten der Jugendarbeit geht. Als weitere wichtige Aufgabe neben der Sicherung auskömmlicher Finanzen nennt Andres das Eintreten für Vielfalt, Diversität, Teilhabe. „In den katholischen Jugendverbänden sind wir offen für Menschen jeder Couleur, jeder sexuellen Orientierung – ohne Unterschied.“

Gesamtgesellschaftlich wie innerkirchlich beobachtet Andres aber derzeit die gegenläufige Tendenz. „Rechtspopulisten rümpfen die Nase über die freie Gesellschaft. Und in der Kirche gibt es Kräfte, die mit Macht Grenzen zementieren wollen. Warum sollen queere Menschen oder wiederverheiratete Geschiedene vom kirchlichen Leben weiter in Teilen ausgeschlossen sein? Warum gelten Frauen als – wie ich es mal gelesen habe – Minderlaien, weil sie im Gegensatz zu Männern vorgeblich kein Weiheamt übernehmen können? Im Horizont von Gerechtigkeit und Liebe geht das nicht.“