Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Homeoffice, Lebensmittelpreise, PersonalWie sieht die Zukunft der Betriebskantine in Köln und Deutschland aus?

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mitarbeiter bereitet in einem Betriebsrestaurant ein Tellergericht mit Königsberger Klopsen zu.

Das Mittagessen in der Betriebskantine gehört für viele Beschäftigte gerade in großen Unternehmen zum Arbeitsalltag.

Nach wie vor essen viele Beschäftigte mittags in der Kantine. Doch es sind weniger als vor Corona. Und die Herausforderungen werden größer.

Mittagspause, Zeit für eine Stärkung. Doch was gibt es zu essen? Früher war diese Frage mit einem Blick auf die Tageskarte der Kantine schnell beantwortet. Doch dort wandert der Blick der Beschäftigten nicht mehr so häufig hin.

Laut einer Forsa-Umfrage zum Ernährungsreport 2024 aßen 2018 noch 19 Prozent der Deutschen mindestens einmal in der Woche in einer Kantine. Nach einem Einbruch während der Corona-Pandemie hat sich diese Zahl wieder erholt. An ihr altes Niveau kommt sie aber nicht heran: In den vergangenen zwei Jahren waren es jeweils 15 Prozent. Bundesweit gab es 2023 laut einer Schätzung des Fachmagazins „GV-Praxis“ bundesweit knapp 8500 Betriebskantinen. Wie viele es genau sind, wird nicht erfasst. Klar ist aber: Sie stehen unter Druck.

„Ob Personal oder Warenkosten: In einer Betriebskantine haben wir mit den klassischen Problemen zu kämpfen, die jeder andere Gastronom auch hat“, sagt Johannes Haacke. Er leitet für den Dienstleister Eurest die Betriebskantine des Versicherungsunternehmens Axa in Köln-Holweide. Für Haacke war die Pandemie „der Sprit, der das Feuer weiter angefacht hat“. Probleme habe es auch zuvor schon gegeben.

Mehr Beschäftigte im Homeoffice, weniger Beschäftigte in der Kantine

Ein Beschleuniger war die Corona-Pandemie auch für das Thema Homeoffice. Und wer zuhause arbeitet, wird wohl kaum für die Mittagspause in die Firma kommen. „Hier in Köln haben wir vor Corona knapp 2500 Essen pro Tag ausgegeben“, sagt Christian Gröblinghoff, der sich für Axa um die Betriebsgastronomie kümmert. „Jetzt haben wir uns bei knapp 1800 Essen eingependelt.“ Auch Dominik Baumann, Sprecher der SV Group, die in Köln unter anderem die Betriebsrestaurants von HRS, Gothaer und Ströer führt, beobachtet eine Stabilisierung der Nachfrage. Durch hohe Waren- und Personalkosten bleibe der wirtschaftliche Druck jedoch hoch.

Zumal die Nachfrage sehr wohl variiert, und zwar zwischen den Wochentagen. Montags und freitags ist der Umsatz laut Baumann spürbar geringer. So ist das auch bei der Axa: „Eigentlich müsste man zu unseren Mitarbeitenden sagen: Wir brauchen euch am Freitag nicht, da kommt kaum jemand. Wir wollen aber gutes Personal haben, und das will natürlich fünf Tage bezahlt werden“, so Gröblinghoff.

Allerdings haben Betriebskantinen beim Thema Personal auch einen „essenziellen Vorteil gegenüber der Individualgastronomie oder der Hotellerie“, wie Haacke betont: „Wir können ganz andere Arbeitszeiten anbieten.“ Abend-, Nacht- oder Wochenendschichten gibt es in der Betriebsgastronomie in der Regel nicht. Freitags hingegen wird trotz weniger Gäste gearbeitet, Gerichte werden vorbereitet. „Wenn wir zum Beispiel eine Brühe machen: Die kocht lange, die können wir am Freitag machen“, erklärt Gröblinghoff.

Miete, Wasser, Strom, Rabatt: Unternehmen subventionieren ihre Kantinen

Generell seien die Themen Planung und Ressourcenmanagement in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. „Früher ist man viel auf Sicht gefahren. Wenn noch fünf Schnitzel gefehlt haben, dann wurden die eben schnell fertig gemacht.“ Das funktioniert mittlerweile nicht mehr. Wie viele Schnitzel gemacht werden, steht schon Tage vorher fest.

Effizienz steht auf der Karte weit oben. Schließlich muss sich eine Betriebskantine auch lohnen. „Ich glaube, dass Firmen schon darüber nachdenken, ob eine Betriebsgastronomie das Richtige ist. Weil es für Unternehmen auch teuer ist“, weiß Gröblinghoff. Viele Betriebe berechnen für ihre Gastronomie keine Miete, kein Wasser und keinen Strom. Auch das Essen selbst wird oft subventioniert. Bei Axa seien das je nach Gericht knapp 50 Prozent, so Gröblinghoff. Und nicht nur Axa, auch andere Unternehmen sind bereit, in ihre Kantine zu investieren. „Sie haben bemerkt, dass ein Betriebsrestaurant ein Begegnungsort ist, wo die Unternehmenskultur gelebt werden kann“, sagt Dominik Baumann.

Andere Lösungen für Betriebskantinen mit weniger als 200 Essen

Zwischen sinkenden Verkaufszahlen und der notwendigen Subventionierung sucht die Betriebsgastronomie nach Wegen, um effizienter zu werden und zukunftsfähig zu bleiben. „Die klassische Kantine erlebt eine Transformation – gefragt sind flexiblere Angebote über den ganzen Tag hinweg, kürzere Stoßzeiten und auch To-go-Lösungen“, beobachtet Baumann.

Ein weiterer Trend: Individualisierung. „Wir haben zum Beispiel eine Bowl, die man sich selbst zusammenstellen lassen kann“, erzählt Gröblunghoff. Das dauert zwar, sei aber genau das, was Beschäftigte haben wollten. Auch Arbeitszeiten werden immer individueller. „Jüngere Menschen arbeiten tendenziell lieber später, essen dann auch später. Dafür brauchen wir Lösungen.“

Betriebskantinen, die weniger als 200 Essen pro Tag ausgeben, werden mittelfristig anders funktionieren, glaubt Gröblinghoff. So gebe es Anbieter, die Speisen in großen Küchen zubereiten und an kleinere Kantinen ausliefern. Bei größeren Betriebskantinen müssten weiter die Prozesse optimiert werden. Das sieht auch Johannes Haacke so: „Die Digitalisierung wird uns dabei helfen, die Effizienz weiter zu steigern.“ Außerdem gehe es vor allem darum, dass die Beschäftigten sich in der Kantine wohlfühlen. „Wenn wir nur das alte Klischee erfüllen, dass die Leute ihr Essen auf den Teller geschlagen bekommen und gut ist, dann ist das Thema Betriebskantine schnell durch.“