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BildbandDie Stadt vor dem Krieg

Lesezeit 2 Minuten

Bau des „Centralbahnhofs“ neben dem Dom. Die Aufnahme entstand vor 1892.

Köln – Luft. Viel Luft. Schaut man auf die Fotografien, die der Bildband „Köln vor dem Krieg“ versammelt, hat man diesen Eindruck immer wieder: Die Stadt bot an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert manchen Freiraum. Zumal entlang der Ringe. Da muss man sich nur den Friesenplatz jener Tage ansehen, der kaum wiederzuerkennen ist in seiner beschaulichen Ländlichkeit. Ein Zeitreisender aus dem Jahre 2012, der unversehens dorthin ins Jahr 1900 verpflanzt würde, wäre womöglich fürs Erste verloren.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wird Köln fotografiert. Es ist jene Zeit, in der die Kommune ihre alte Größe, gewonnen im Mittelalter, neu entfaltet. Ein Modernisierungsschub erfasst die Stadt, der nicht zuletzt seinen Ausdruck darin findet, dass der Dombau endlich vollendet und der Zentralbahnhof gebaut wird – was beides in schwarz-weißen Aufnahmen dokumentiert ist.

Aber auch viele weitere Zeugnisse der galoppierenden Zeit sind im Bild festgehalten: der öffentliche Nahverkehr auf dem Weg vom Pferde-Omnibus über die Pferde-Bahn auf Schienen bis zur Straßenbahn, die durch die Schildergasse schaukelt. Zudem ist die Rauchentwicklung der Dampfschifffahrt zu besichtigen, die erste Rolltreppe im Kaufhaus Tietz, auch die zweifache Umkreisung der Domtürme durch das Zeppelin-Luftschiff LZ 5 im Jahre 1909 oder der Neubau der Hohenzollernbrücke, welcher die alte „Mausefalle“ ersetzte.

Köln ist die älteste deutsche Großstadt. Was der Krieg, der von Deutschland aus in die Welt getragen wurde, ihr angetan hat, ist bekannt: Das Herz der Stadt wurde zu mehr als 90 Prozent zerstört. So recht anschaulich wird dieser Prozentsatz aber erst, wenn man die Straßen und Fassaden betrachtet, die einst das Stadtbild prägten.

Die hier veröffentlichten Bilder zu den großen Ereignissen und dem alltäglichen Stadtleben, zu Kunst und Karneval, Architektur und Arbeitswelt, Sport und Spaß sind zur Hälfte bislang noch nicht veröffentlicht worden.

Aufgefunden wurden sie in Archiven diesseits und jenseits der Stadtgrenzen. Die Fotografen sind nicht selten unbekannt. Doch tragen einige auch große Namen: Hugo Erfurth, Hannes Maria Flach, August Sander oder Karl-Hugo Schmölz gehören dazu. Es sind aussagestarke Aufnahmen, die die ziellose Glückseligkeit im Stadtwald (um 1914) ebenso zeigen wie den ekstatischen Rausch bei der Vorfahrt Adolf Hitlers am Hauptbahnhof (1936).

Der Band, den die Herausgeber Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer um zeitgenössische Texte ergänzt haben, zeigt eine Stadt mit Licht und Schatten, in Schwarz und Weiß. Er lädt ein zu einem Rundgang durch das unzerstörte Köln – zu einer Stadtgeschichte in 425 faszinierenden Bildern.