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Bürgerschaftshaus in Köln-Bocklemünd„Wir richten uns nach den Anliegen der Menschen“

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Bernd Giesecke vor einem Graffiti-Projekt im Görlinger Zentrum

Köln-Bocklemünd – Seit 1971 ist das Bürgerschaftshaus Bocklemünd/Mengenich e. V. zentrale Anlaufstelle für sozial-kulturelle Aufgaben im Stadtteil. Zu tun gibt es eine Menge: Überdurchschnittlich viele der mehr als 10 000 Einwohner sind arbeitslos, es gibt viele Alleinerziehende, zahlreiche Senioren, zudem leben dort immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund. Dass das Veedel dennoch ein dörflicher Zusammenhalt prägt, liegt laut Bernd Giesecke, pädagogischer Leiter des Bürgerschaftshauses, an der Offenheit der Menschen. Sie nutzen zahlreich die Angebote sozialer Institutionen und Vereine und sorgen so für ein Miteinander im Alltag.

Herr Giesecke, wie sieht Ihre Arbeit im Veedel konkret aus?

Wir sind Träger der Kindertagesstätte „Die Wilden Füchse“, des Kinder- und Jugendtreffs sowie der Sozialraumkoordination, die Projekte zur Verbesserung der Lebenssituation betreut und fördert. Im Rahmen der Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit bieten wir zahlreiche Kurse für Kinder und Erwachsene, Männer, Frauen und Gruppen an. Das reicht von Freizeitgestaltung bis hin zur Beratung oder der Vermittlung an Fachleute, etwa bei gesundheitlichen Problemen oder Suchterkrankungen. In unserem Café gibt es jeden Morgen ein günstiges Frühstück, im großen Saal außerdem jeden Donnerstag ein preiswertes Mittagessen. Wir haben viele ehrenamtliche Helfer. Zudem sind seit geraumer Zeit Streetworker im Einsatz, die gezielt Jugendliche ansprechen, die den Kontakt zu uns nicht suchen. Natürlich erreicht man nicht jeden, aber wir möchten Interesse zeigen.

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Wie werden die Angebote angenommen?

Sehr gut. Wir richten uns, soweit möglich, nach den Anliegen der Bürger. Das Café ist eine wunderbare Möglichkeit, mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch zu kommen und abzufragen, was sie sich wünschen. So sind zum Beispiel Gymnastik-, Qigong- und Computerkurse entstanden, ebenso diverse Selbsthilfegruppen. Jugendliche konnten sich ganz offiziell im Graffitisprayen üben. Ich spüre das Vertrauen der Leute. Sie kommen mit Themen, die sie beschäftigen, auf uns zu und schätzen unsere Unterstützung.

Welche positiven Veränderungen stellen Sie im Veedel fest?

Der Ausbau der Linie 3 bis zum Schumacherring in Mengenich bringt besonders für die vielen älteren Bewohner Vorteile mit sich. Allerdings musste dafür die Gemeinschaftsgrundschule „Kunterbunt“ weichen – die Kinder werden nun täglich mit Bussen zum neuen Gebäude in Vogelsang gebracht. Toll finde ich das Engagement der Wohnungsbaugenossenschaften. Es wird viel saniert und gepflegt – so weicht der graue Waschbeton hellen oder bunten Fassaden. Bei Veedelsfesten gibt es ebenfalls Unterstützung seitens der Immobilienbetriebe. Wichtig war die Aufwertung des Görlinger Zentrums mit neuem Bodenbelag für die Fußgängerzone sowie der Wärmeisolierung zahlreicher Häuser durch die GAG. Zentraler Punkt für das Bürgerschaftshaus: Wir sind trotz wiederkehrender Finanzierungsfragen vor Ort geblieben. Die Stätte ist ein wichtiger Anlaufpunkt für alle Bocklemünder, weil wir ein breit aufgestelltes Programm haben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Veedels?

Toll wären mehr Angebote im Bereich Musik und Theater. Wir sind ein sozial-kulturelles Zentrum, wobei der Schwerpunkt auf dem Sozialen liegt. Wir würden gern mehr im Bereich Kultur machen. Was fehlt ist die Möglichkeit, sich musikalisch oder auf einer Theaterbühne ausprobieren zu können. Es gab mal eine Projektidee, die aber nicht bewilligt wurde. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Das funktioniert am besten über kulturellen Austausch. Vor dieser Herausforderung steht Bocklemünd ebenso wie die Gesellschaft allgemein.

STECKBRIEF

Das mag ich an Bocklemünd: Die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen. Man grüßt sich, kommt schnell ins Gespräch und wird als Mitarbeiter des Bürgerschaftshauses in die Themen einbezogen, die die Leute hier bewegen. Das ist verbesserungswürdig: Die Wohnraumsituation: Viele Menschen leben in sehr beengten Verhältnissen. Wir hatten vor vielen Jahren den Ansatz des Wohnungstausches zwischen Leuten, die kleinere oder größere Wohnungen gesucht haben. Das war nicht so einfach umzusetzen. Ich würde mir wünschen, dass das Thema noch mal angegangen wird. Lieblingsort in Bocklemünd: Das Vogelwäldchen. Es ist ein Ort der Ruhe und gerade im Sommer wunderbar grün und erholsam.

Zur Person

Bernd Giesecke (62) ist gelernter Erzieher und hat Sozialpädagogik studiert. Im Bürgerschaftshaus Bocklemünd/Mengenich war er zunächst für den Jugendtreff verantwortlich, bevor er 1989 die Stelle des pädagogischen Leiters übernahm.