Drama in ChorweilerAnklage gegen Kita-Geiselnehmer

Ende einer Geiselnahme: Nach zehn Stunden stürmen SEK-Beamte die Kita in Köln-Chorweiler, in der Täter den Leiter der Einrichtung festhält. (Archivbild)
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Chorweiler – Der Fall hielt ganz Köln in Atem: Als im April dieses Jahres in der städtischen Kindertagesstätte Osloer Straße in Chorweiler ein Geiselnehmer mit einer Millionenforderung den Kita-Leiter gefangen hielt, kam ein SEK-Kommando zum Einsatz und überwältigte den Täter. Fünf Monate nach dem unblutigen Ende hat die Kölner Staatsanwaltschaft Mehmet D. (47) jetzt wegen Menschenraub, Erpressung und Körperverletzung angeklagt. Nach Einschätzung der Ermittler ist mit einem Prozessbeginn vor der 17. Großen Strafkammer Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Mindestens sechs Sachverständige und mehr als sechzig Zeugen werden dann gehört.
Ein Martyrium für den Kita-Leiter
Mehmet D. hatte am frühen Morgen die Kita unter dem Vorwand betreten, seinen Sohn dort anmelden zu wollen. Ohne Vorwarnung hatte er plötzlich ein Küchenmesser aus der Tasche gezogen und den Kita-Leiter damit bedroht. Dank der besonnenen Reaktion der Erzieherinnen waren alle Kinder schnell in Sicherheit gebracht worden – die Kinder dachten, es sei ein Spiel. Wegen der Osterferien waren zum Glück statt der sonst üblichen 85 Kinder lediglich 17 Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren in der Kita.
Für den Kita-Leiter, der sich bis zuletzt in der Gewalt des Täters befand, begann da jedoch erst das Martyrium. D. fesselte sein Opfer, legte ihm eine Kabelschlinge um den Hals und hielt ihm das Messer an den Hals, mit dem er ihm zuvor schon eine tiefe Stichwunde am Oberschenkel beigebracht hatte.
Stiche für lautere Schreie
Immer wieder hatte er seinem Opfer zudem mit einer Papierschere in den Rücken gestochen, um durch die Schmerzensschreie seinen Forderungen im Telefonat mit der Polizei Nachdruck zu verleihen. Der Leiter war mehr als zehn Stunden in der Gewalt des Geiselnehmers, der ihm immer wieder mit dem Tode drohte, falls seine Forderung nicht erfüllt würde. Im Gegenzug für ein Freilassung forderte Mehmet D. ein Fluchtauto und drei Millionen Euro, angeblich, um seinem nierenkranken Sohn ein Spenderorgan finanzieren zu können. Das berichteten Nachbarn. Tatsache ist, dass Mehmed D. 30.000 Euro Spielschulden hatte.
Das SEK hatte am frühen Abend mehrere Rauchbomben gezündet, eine Blendgranate in den Raum geworfen und den Täter mit einem gezielten Schulterschuss außer Gefecht gesetzt. Geblendet von dem grellen Licht war der Täter kurz orientierungslos und aufgrund der Schulterverletzung handlungsunfähig, so dass er festgenommen werden konnte.
Angeblich kann er sich nicht erinnern
Mehmet D. ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren. Eine 16-jährige Tochter aus erster Ehe lebt bei der Mutter. Bei seiner Vernehmung hatte er behauptet, sich an die Tat nicht erinnern zu können. Später behauptete er, im Auftrag Dritter gehandelt zu haben, die seine Familie bedroht hätten. Nach Einschätzung der Ermittler sind dies jedoch Schutzbehauptungen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Auch gilt Mehmet D. zumindest nach einem vorläufigen Gutachten als strafrechtlich voll verantwortlich, Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit hat der Gutachter nicht gesehen.